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Freitag, 4. Oktober 2013

Verwirklichung als schöpferische Geschichtlichkeit

Die für uns jeweils größtmögliche Wirklichkeitsgemäßheit erreichen wir aber dadurch, daß wir den Schwerpunkt unseres Bewußtseins an den Ort verlegen, in dem IN UNS die ungeteilte Wirklichkeit am ursprünglichsten aktualisiert ist; daß wir dort die Seinsstrukturen und die Erkenntnisbedingungen der ungeteilten Wirklichkeit in der Weise erkennen, wie sie sich uns unmittelbar offenbart, und daß wir durch Vertiefung von der größten uns jeweils möglichen Wirklichkeitsunmittelbarkeit zu immer größerer Unmittelbarkeit vordringen. So wird sukzessive die Verhaftung an das Teilsein immer mehr überwunden; wir schreiten von einer symbolischen Analogie der ungeteilten, met'empirischen Wirklichkeit zur anderen fort, zu immer neuen, die der Weise ihres Seins weniger inadäquat, die immer wahrer sind.

Dies ist der Weg der fortschreitenden Verwirklichung der Seele. Wie gesagt: nicht dieser oder jener, meiner, deiner oder unserer, sondern DER Seele, weil, was von außen her Teile sind, die sich summieren, von innen her Ganzheit ist, die sich verwirklicht.

Je größer die Aktualität der Seele, desto höher ihre Bewußtheit, desto vollkommener die Erfüllung ihrer wesentlichen Zeitlichkeit als geschichtliches Bewußtsein, desto reifer, unmittelbarer und umfassender und klarer aber auch die Erkenntnis der ungeteilten Wirklichkeit - und damit AUCH der äußeren Welt. In Wahrheit kann niemand mehr vom Wesen der Außenwelt erkennen, als er vom Wesen der Innenwelt erkannt hat. Die ungeteilte Wirklichkeit schließt ja die Wirklichkeit des Teilweisen mit ein, welches nur von ihr her, durch sie und in ihr Wirklichkeit hat. Umgekehrt liegt im Teilweisen weder ein Seins- noch ein Erkenntnisprinzip des Ungeteilten - und deshalb auch nicht des Weilweisen selbst.

Matthias Vereno, in "Vom Mythos zum Christos"




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