Der Übergang von den Merowingern zu den Karolingern ist keineswegs die einfache Fortsetzung einer Staatsgeschichte, schreibt Henri Pirenne, auch wenn beide Staatsgebilde sich "Fränkisches Reich" nannten.
Die Merowinger waren wie Rom, ein Laienstaat, ihr König ein "rex francorum". Die Karolinger aber verdanken ihr Mandat der Kirche, sie waren deshalb "Dei gratia rex Francorum" - Könige von Gottes Gnade. Auch ihr Reichsgebiet hat sich dramatisch geändert. Nun sind gleich viele Germanen wie Romanen "Franken", während die merowingische Herrschaft ein quasi romanisches Volk hatte, und die Antike weiterführte. Erst hier ihnen endet die Antike, beginnt das Mittelalter.
Die Hausmeier, die Verwalter der Merowinger, sind nur scheinbar die Erben eines im 7. bis 8. Jahrhundert unter dem Ansturm wie Anlaß der Araber zu Dekadenz und Chaos heruntergekommenen Reichs. Sie gründen es in Wahrheit neu, verdrängen die Merowinger. Der Königs- und dann Kaiserbegriff, unter den Karl der Große fällt, unterscheidet sich grundlegend von dem eines römischen Kaisers - jener war Imperator. Karl und die von ihm begründete Kaisertradition ist hingegen auf ihrer Eigenschaft als Oberhaupt der Ecclesia, der Kirche, als Haupt der Christenheit als Vollbild der menschlichen Gesellschaft auf Erden, begründet. Eine Entwicklung, die ihre Entstehung - dem Einbruch des Islam in die Welt des Mittelmeeres verdankt, der das römische Reich, die antike Welt zerstört.
Nun bekommt auch die Salbung eine völlig neue Qualität, und schließt an die alttestamentliche Königssalbung an. Wo sich im König Priester- und Herrschergewalt ("Zwei Schwerter") vereinen. Die Königssalbung ist von der Priesterweihe nur wenig zu unterscheiden.* Ein Verständnis also als "Amt", nicht mythischer Abstammung eines fleischlichen Menschen. Freilich mit neuen Spannungsfeldern, die sich dann im Investiturstreit definitiv entladen, aber bis in die Gegenwart virulent bleiben in der Frage: Was ist der König? Was ist die Kirche? Welche Stellung hat die Kirche zur weltlichen Macht?
Denn mit den Karolingern sind die Könige/Kaiser der Kirche unterstellt. Ihr verdanken sie ihre Legitimität. Mit der Renaissance freilich lebt der alte Herrscherbegriff wieder auf, und spitzt sich im Absolutismus zu. Noch Ludwig II. (der Bayernkönig) wird sich im 19. Jahrhundert auf dieses alte Herrscherverständnis berufen.
Denn mit den Karolingern sind die Könige/Kaiser der Kirche unterstellt. Ihr verdanken sie ihre Legitimität. Mit der Renaissance freilich lebt der alte Herrscherbegriff wieder auf, und spitzt sich im Absolutismus zu. Noch Ludwig II. (der Bayernkönig) wird sich im 19. Jahrhundert auf dieses alte Herrscherverständnis berufen.
*Man betrachte nur den Fall der Anglikanischen Kirche - deren Oberhaupt der König ist. Auch der Protestantismus in Deutschland wird später aus vielen Quellen dieser Richtung gespeist. Denn eigentlich lebt in Luther diese Einheit des Amtes - im Landesherren, in der staatlichen Obrigkeit - wieder auf, die der Papst Gregor VII. auseinandergerissen hat. Während bei Luther die Kirche als Institution überhaupt verschwindet.
*301013*