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Sonntag, 27. Oktober 2013

Zum Wesen des Geldes (1)

Interessante Einblicke in das Wesen des Geldes erhält man, wenn man die Geldreform unter Karl dem Großen an der Wende vom 8. zum 9. Jhd. betrachtet, wie sie Henri Pirenne - unter diesem Blickwinkel - überzeugend darstellt. Durch das Wegbrechen des Mittelmeeres als Wirtschaftsraum war kaum noch Gold (in Münzenform) im Umlauf. Nur über die Ostsee und Skandinavien kam noch etwas Geld ins Land.

Der internationale(re) Handel brach weg, der Stand der Kaufleute, und speziell der der Großhändler verschwand. Von ihm ist nirgendwo mehr die Rede. Die Wirtschaft ging auf einen Naturalientausch zurück, der überall auf eigene Art geregelt wurde. Damit aber brach auch das Steuerwesen weg - es gab sie nicht mehr, nur noch in Form von Fronarbeit, oder als Naturalienabgabe. Vor allem die Zölle waren es ja gewesen, die die Königshäuser finanziell ausgestattet hatten. Unter Karl gab es erstmals keinen Königsschatz mehr.

Wie waren diese Goldmünzen zuvor entstanden? Fast jede größere Stadt hat sie geprägt. Woraus? Aus Dingen, die die Leute zum Einschmelzen brachten - Klöster, Kirchen etwa zahlten oft mit umgeschmolzenen Kultgeräten, die oft bewußt als Geldreserve aufbewahrt worden waren. Goldfunde und -abbau natürlich nicht zu vergessen.

Warum war Geld (Münze) notwendig geworden? Wegen der Eintauschfähigkeit im Mittelmeeraum bzw. international. Damit konnte auch in Bagdad gekauft werden, was zu erwerben wiederum in Europa gleichfalls Geld brauchte. Ware wurde also gegen Gold getauscht - und so kam Gold als Zahlungsmittel auch in Europa in Umlauf und Gebrauch. Bis Karl.

Karl hat das Goldgeld abgeschafft. Es war ja ohnehin kaum welches noch in Umlauf. Und hat die Währung auf das viel leichter zu beschaffende Silber umgestellt. Ausgehend vom Silber, wurde es in Gewichtseinheiten unterteilt zu Münzen umgeprägt. (Das englische "Pound Sterling" - Pfund - hat diese Erinnerung bis zum heutigen Tag bewahrt.) 

Man brauchte ja keine so großen Werte mehr, es gab ja seit den arabischen Eroberungsfeldzügen keinen Großhandel mehr. Zuvor war es auch üblich gewesen, daß sich mehrere Kaufleute zusammentaten, um größere Warenmengen zu kaufen und zu handeln - mit geliehenem Geld. Oder ... Sklaven. Heidnische Friesen oder Sachsen waren besonders beliebt, denn wenigstens den Handel mit Getauften hatte die Kirche erfolgreich bekämpft. Die Städte hatten ihre patrizische Bürgerschaft verloren, also gab es auch keine Absatzmärkte mehr.

Wie kam die Kirche zu dem Geld, zu Gütern? Vor allem durch Schenkungen, auch seitens der Kaufleute. Das fiel nun gleichfalls weg. Auch die Kirche also hatte (in Westeuropa zumindest) kein Geld mehr. Es gab keine Kapitalisten mehr, die Steuererträge pachteten (und damit dem König Geld ablieferten), keine Bürger die den Armen stifteten, keine Geldverleiher, die Geld verliehen. Das sogenannte "Zinsverbot", das die Kirche für ihre Diener ausgesprochen hatte, wird vom Staat übernommen. Aber das ist nicht primär Zeichen hoher Moral, sondern bezeugt nur den völligen Niedergang des Großhandels. Wen sollte es berühren? Als es sich bei Wiedererstarken der Wirtschaft hemmend ausgewirkt hatte, wurde es ohnehin wieder fallengelassen.

Das Explodieren der Zahl kleiner Marktflecken und Märkte, die, wenn sie nicht auch Münzen prägen, ohne königliche Erlaubnis abgehalten werden können, ist kein Zeichen florierenden Handels, sondern eher Notbehelf einer auf Naturalientausch und Handel in kleinstem Umfang ausgerichteten Wirtschaft, wo Nähe für Produzenten wie Verbraucher noch bedeutender wurde. Es gibt an Fertigwaren fast nur solche der bäuerlichen Wirtschaft, wie Töpfe, Schmiedearbeiten, Bauernleinen, was eben der örtliche Bedarf war. Die Zunahme von Märkten besagt also hier Verfall, nicht Prosperität.  Schon gar bei den vielen Normanneneinfällen in Gallien, die auch das Wirtschaftsleben schwer treffen. Und viele haben kleine Münzschlagestätten, so viel eben der örtliche Bedarf war.

Denn königliches Geld, ja allgemeines Geld überhaupt war kaum im Umlauf. Die oft unausweichliche Notwendigkeit zum kaum aber möglichen Handel wird zur beklagten Last.

Nur wenige überregionale, vielfach fahrende Händler kommen gleichfalls dorthin, und weil darunter viele Juden sind, verlegt man sie ... auf den Sonntag, um ihnen den Besuch zu erleichtern. Auch. Nicht nur deshalb. Die Verbindung von Kirchenfesten mit Märkten, beides Anlaß zur gesellschaftlichen Versammlung, zum Austausch, ist damals generell und häufig. Von dort stammt die Bezeichnung "Messe" für "Markt". Richtige internationale Märkte, richtige Messen, gibt es nur noch eine einzige im 9. Jhd. - in St. Denis. Einzig der Königs- bzw. Kaiserhof unterhält ein überregionales Versorgungsnetz, zum Teil durch privilegierte Kaufleute unterhalten.



Morgen Teil 2) Nur die Juden haben Geld






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