Die 17jährige Baroness Mary Vetsera |
Ein kleines Geheimnis der Geschichte ist gelüftet. Der Tod des einzigen Sohnes des Kaisers Franz Josef I., Kronprinz Rudolf , am 28. Jänner 1889 im Jagdschloß Mayerling (heute ein Nonnenkloster, das u. a. den geistigen Auftrag hat, für die Seele des Prinzen zu beten), war ja von manchen als politisches, ja vom Ausland in Auftrag gegebenes Attentat verklärt worden, um die angeblichen Pläne des verzärtelten (als Vater meint der VdZ: mütterlich verzogenen) Thronerben zum Umbau (und der Rettung) der Monarchie zu vereiteln. Die einen Sturz seines Vaters unumgänglich sein ließen.
Geschichten, die nicht zuletzt die letzte Kaiserin, Zita, Gemahlin des seligen Kaiser Karl I., aufrechterhalten hatte, die davon sprach, sie hätte gar Beweise, daß Rudolf eine französisch-freimaurerische Verschwörung zum Sturz von Kaiser Franz Josef, der er erst zugestimmt, schließlich doch aufdecken habe wollen, weshalb man ihn und die zufällig anwesende Baronesse beseitigt habe.
Sein Selbstmord, sowie der der neben ihm gleichfalls entleibt gefundenen Mary Vetsera, seine Geliebte, waren aber (mehr oder weniger) genau das: Selbstmord. Das beweisen die nun völlig überraschend in einem Bankdepot in Wien aufgefundenen Abschiedsbriefe dieses Mädchens. Es gab zwar schon die Mär, daß solche Briefe existierten, doch waren sie nicht auffindbar, weshalb man sie im günstigsten Fall für von der Familie Vetsera selbst vernichtet hielt.
Bild: Die Presse |
Das hat man ihr nicht ganz erfüllt - sie wurde im nahen Heiligenkreuz bestattet. Nach abenteuerlichen Grabraubgeschichten (und der Verweigerung von DNA-Proben durch die Familie) ist heute nicht gesichert, ob in dem entsprechend bezeichneten Grab auch tatsächlich das Mädchen liegt, oder eine gleichaltrige Frauensperson, die auch in denselben Geschäften ihre Kleider gekauft hatte, wie die Baroness.
Kronprinz Rudolf mit Gattin, der Prinzessin Stefanie von Belgien |
Rudolf aber liegt in der habsburgischen Kapuzinergruft in Wien.
Man geht davon aus, daß der 31jährige Kronprinz, der (neben seinen Affairen) für seine manisch - depressiven Stimmungsschwankungen bekannt war, in denen er immerhin seiner Mutter, der Kaiserin Elisabeth, der bildschönen "Sissy" recht glich, erst das noch nicht einmal 18 Jahre alte Mädchen, und dann sich erschoß. Ähnliche Pläne hatte er wenige Tage zuvor sogar schon mit einer anderen Geliebten gewälzt, doch hatte Mizzi Kaspar, die diskret und zurückgezogen ihr weiteres Leben verbrachte, sich widersetzt, aber die Polizei über seine Selbstmordpläne informiert.
Die Schußeintrittswunde links an der Schläfe von Mary, mit dem Austritt hinter dem rechten Ohr, macht es höchst unwahrscheinlich, daß die Rechtshänderin Mary sie sich selbst so beibegracht haben kann. Genau wird man es nie wissen. Allfälllige Zeugen hatten entweder ihr Leben lang geschwiegen, oder widersprüchliche Angaben gemacht. Dennoch war die politische Signalwirkung des Selbstmordes des Thronfolgers verheerend. Entsprechend bemüht waren die Vertuschungsversuche. Geglaubt hat sie freilich niemand. Die Volkslegende hat schon das Richtige erzählt.
Ein kirchliches Begräbnis war dem Prinzen (bzw. der kaiserlichen Familie) zumindest aber deshalb zugestanden worden, weil die Ärzte (die auch die Tötung der Baroness durch den Prinzen angenommen hatten) "geistige Verwirrung" attestiert hatten. Was man irgendwie ja wohl fast jedem Selbstmörder zugestehen kann. Damit war zumindest offiziell und aus Staatsraison - jedes Herrscherhaus bezieht seine Legitimation ja aus Gott, und NUR aus Gott - Selbstmord wie Mord wegen eingeschränkter Willensfähigkeit kein bewußt-sündhafter Akt. Ein solcher würde ja ein ganzes Volk in Ungnade ziehen.
Tja ... wie sollte man die Ereignisse 1918, und ihre Folgen für Österreich, aber eigentlich interpretieren? Das macht durchaus die Bedenklichkeit einer auf Verklärung ausgerichteten Monarchie-Nostalgie deutlich, die wirkliche Seinszusammenhänge - und damit Freiheit für die nachfolgenden Generationen - durchaus verschleiern kann. Auch Adel ist in seinen Personen nicht sakrosankt! Nur der Adel an sich muß in seinem Wert im ordo Gottes gesehen werden. Für Einzelpersonen, für die mit ihnen zusammenhängenden Familien aber ist er verlierbar. Das war nie anders. Bis er zum politischen Totschlaginstrument wurde. Und genau dem fiel er dann zum Opfer, hat ihn bis heute desavouiert, und in jene widerliche Kleinbürgerlegende von Kastraten gerissen, aus der er sich nie mehr erholen wird.
Die Tatwaffe hat sich übrigens bis zuletzt im Privatbesitz von Otto von Habsburg befunden. Der sie aber nie herausgegeben hat.
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