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Montag, 31. August 2015

Verstoß ins Chaos (1)

Einen lesenswerten Kommentar zur Rechtschreibreform, mit der man vor nunmehr schon 20 Jahren demonstrierte was passiert, wenn sich der Staat und pseudowissenschaftlich verbrämte, geistlose Bürokraten anmaßen, in die Sprache willkürlich und aus Zwecküberlegungen einzugreifen. Heike Schmoll weist dabei völlig richtig auf das hin, was bereits mehrmals an dieser Stelle als Folge des verbrecherischen Genderings aufgezeigt wurde: Sprache und Denken stehen in unmittelbarem Zusammenhang. Eine willkürliche Veränderung des Sprechens, des Schreibens als Medium des Denkens erstickt die wahren Denkvorgänge, die tief unter jeder Grammatik und Orthographie liegen. Grammatik und Orthographie können deshalb niemals "von oben her" bestimmt werden, sondern Korrekturen sind nur dann zulässig, wenn sie als Wahrheit, als noch weitere, bessere Differenzieung nach außen drängen. 

Was Schmid natürlich nicht sagt ist, daß damit Sprache von Wahrheit nicht zu trennen ist. Die Auseinandersetzung um Sprachkorrekturen sind deshalb zutiefst politisch einerseits, metaphysisch anderseits. Zwar aber kann mit einer willkürlich, ideologisch veränderten Sprache die Metaphysik der Menschen beeinflußt und manipuliert werden, aber sie nimmt damit  in dem Maß, als die Sprache von der Wahrheit abweicht, der Sprache die befreiende, weltgestalterische Dimension. Denn jedes ideologische, willkürliche Werkzeug (und auch Vorgehensweisen oder Methoden sind Werkzeuge), vermag nicht eine "andere" Welt zu schaffen, sondern sie nimmt der Welt von ihrer Fülle, drückt sie ins Chthonische zurück - und das ist ein kultureller Rückschritt, ja im Fall der Entfesselung der Rechtschreibung ein Rückfall in die Barbarei, wie die FAZ auch schreibt. 

Vor allem hat sich der Schritt, die Sprache der Verfügbarkeit der Kinder und Jugendlichen zu unterwerfen - "schreiben, wie man spricht, wie es dem eigenen Formgefühl entspringt - als Öffnen der Büchse der Pandora entpuppt. Auch das hat der VdZ schon vor fünfundzwanzig Jahren zum Ausdruck gebracht. Das entscheidende dabei ist der prinzipielle Schritt, das prinzipielle Signal der seelisch-geistigen Bewegung der Kinder, die nicht mehr begreifen, daß man sich nach Sprache ausstrecken muß, daß es sogar durchaus mühsam ist, sie zu erwerben. Sprache muß aber übernommen werden. Sie hat historisch gewachsen und immer weiter ausgeformt, bildet damit den Boden, auf dem selbst jene stehen, die sie willkürlich verändern zu können meinten. 

Sie hat damit nur in der Tradierung, in respektvoller Übernahme und ebensolcher Weitergabe, die notwendige Autorität der Welterhellung und ist erst dadurch Gemeinschaftsstiftung. Wo jeder seine eigene sprache zusammenschustert, zerfällt eine Gemeinschaft in jedem Fall, und die Kommunikabilität dünnt sich erst aus, um sich schließlich ganz zu verlieren. Verweigert die Autorität - das ist in erster Linie die Mutter - diese Weitergabe, oder die volle Weitergabe, stößt man die Kinder ins gemeinschafts- und haltlose Chaos, hält ihnen das Instrument der Weltbewältigung in der Vernunft vor. Denn der Mensch hat NIE Sprache "er-funden". Er hat sie nur "ge-funden". Aber es findet nur, wer danach sucht, und bereit ist, aufzunehmen, was er findet.

Daß die Menschen über diese Zusammenhänge, über die entscheidende, weltbildende Rolle der Sprache wissen, auch wenn dieses Wissen nicht mehr bewußt oder sogar moralistisch verpönt ist, zeigt die alltägliche Erfahrung. In der die Reaktion der Menschen auf solche, die in der Lage sind, sich präzise auszudrücken, der Reaktion auf jene entspricht, die als "Mächtigere", Weltwirklichere erkannt werden.

Die Mär, daß wir heute halt in einer Gesellschaft dramatischer Umbrüche lebten, in der sich die Lebensweise durch Internet und social media radikal zu einer neuen und globalen Kultur umgestalte ist natürlich blanker Unsinn. Kultur setzt wesentlich tiefer und hautnäher an. Die Durchsetzung der Sprache mit Internet-Anglizismen etc. hat keine neue Kultur gebracht, sondern ist das undifferenzierten Gelalle einer zum Lebensgefühlsrausch entarteten Nicht- und Flucht-Kultur, die den eigentlichen Boden der Menschen gar nicht mehr umfaßt und ganz andere, nämlich chaotische, zufällige Paradigmen aktualistischer, nicht  mehr in der Vernunft verankerter Zweckhaftigkeit im Dienste der Ungestörtheit und Hermetik der tiefsten seelischen Schichten hat. Das Sprechen des Seins wird heute als (politically incorrecte) Störung bekämpft. Und da wird die Sprache als lästig empfunden, ihr Wert und ihr Wesen pervertiert.




Morgen Teil 2) Indoktriniert nicht auch die Mutter?






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