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Freitag, 28. August 2015

Wie man es gerade braucht (1)

Der Wert von Studien, die Meinungen oder Stimmungen in der Bevölkerung erheben, ist prinzipiell von größer Fragwürdigkeit. Studien über Studien haben ergeben, daß ein und dieselbe Fragestellung innerhalb kürzester Zeit bei derselben Zielgruppe sogar gegensätzliche Aussagen erbringt. 

In der jüngst vom Familienminsterium in Auftrag gegebenen und in der Presse veröffentlichen Studie etwa wird den jungen Menschen in Österreich attestiert, zwar noch zu 29 Prozent einem höchst traditionellen Familienbild nachzuhängen, gleichzeitig wird die Aufweichung der "Rollenstereotypen" von Mann und Frau von recht hoher Zustimmung begleitet. 

Nun soll gar nicht darauf eingegangen werden, daß schon alleine die (fast jährlich stattfindenden) Jugend-Werte-Erhebungen Ergebnisse erbrachte, die diesen Aussagen widersprechen. Denen gemäß nämlich (seit vielen vielen Jahren völlig unverändert) mehr als 90 % der Jugendlichen mehr oder weniger das traditionelle Familienbild als Lebensideal sehen, 50 % sogar mit der Frau in Heim und Herd. Eine jüngst in einer österreichischen Links-Zeitung veröffentlichte Erhebung brachte überhaupt eine Sensation ans Tageslicht: Praktisch sämtliche jungen Frauen wünschen sich einen "leicht überlegenen" Mann, praktisch sämtliche jungen Männer eine "leicht unterlegene" Frau als Wunschpartner.  Auch das also können Studien produzieren, wenn sie es wollen.

Allesamt aber sind das sowieso Befindlichkeiten und Werte, die tatsächlich höchst direkt auf metaphysische Aussagen verweisen, wie sie die Politik seit Jahrzehnten in bemerkenswerter Konstanz brutal ignoriert.

Weshalb sich auch niemand darüber Gedanken macht, warum es vergleichsweise nur so wenigen gelingt, ihre Wünsche zu realisieren. Die Single-Quote unter den 30-40jährigen ist mittlerweile beachtlich und geht gegen 50 %. Ein volkswirtschaftlicher Irrsinn, übrigens, denn er führt neben der Einbuße an Lebensqualität (und daß das die Menschen auch so erleben, zeigt alleine der Boom der Partnerbörsen), neben der Überwälzung zwischenmenschlicher Selbstverständlichkeiten auf öffentliche Einrichtungen, eine Ineffizienz der Infrastruktur mit sich, die sich kein Staat leisten kann. Von den Scheidungsquoten gar nicht zu reden, die ebenfalls schon nur aus volkswirtschaftlichen Gründen für einen Staat eine Katastrophe darstellen, denn auch die Scheidung, das Zerbrechen von Lebenswürfen, raubt einer großen Bevölkerungsschichte Lebenskraft, Wohlfahrts- und Schaffenspotential. (Das wird durch soziale Ersatzengagements für Klimawandel-NGOs und Walrettungsfahrten zum Nordpol nicht besser, im Gegenteil: effizienter und dauerhafter kann man menschliches Potential gar nicht vernichten.)

Solche Gegebenheiten sind es aber, die die Kraft eines Volkes schon alleine dafür aufbrauchen, sich irgendwie wenigstens in ihrer höchstpersönlichen Situation zurechtzufinden - anstatt ein Lebenswerk aufbauen zu können. Berufe, Identitäten werden schon deshalb zu Jobs, zu temporären Geldversorgungstätigkeiten. Wie sich auf diesem Weg je eine berufliche Tätigkeit zu seiner höchsten Kompetenz, dem Übergehen zu einer Kunst, erheben soll, bleibt damit gleichfalls ein Rätsel. Berufliche Engagements, die mehr sind als bloße technizistische Ablaufbewältigungen, werden schon deshalb immer seltener - wir können gar nicht mehr mehr als exakt abgezirkelte Fließbandzureichungen. Und zwar auch in den sogenannten "geistigen" Berufen, man sehe doch alleine die Entwicklung des Rechts an.

Das einzige, was diese (und ähnliche) Studien produzieren sind deshalb Beweise, daß Manipulation und Täuschung durch die Politik und die Propaganda funktioniert. Daß sich Politik - Gnade der Demokratie, die ja nur je 4 Jahre bestehen muß, dann beginnt ohnehin das Spiel von neuem - auch durch Ignoranz der wirklichen Wirklichkeiten, durch Sturmlauf gegen das Sein, irgendwie am Leben halten kann. Zumindest eine gewisse Zeit. Zumindete solange es gelingt, die Menschen mehr und mehr von ihrer substantiellen Wahrnehmung in Pseudologiken abzudrängen, bis ihr Denken so wirklichkeitsleer wird, daß die Welt überhaupt nicht mehr denkbar scheint, also kann man sie gleich als irrational klassifizieren und Politik durch umgebogene große Gefühle bestimmen lassen.*

Denn Meinungen sind meist kaum mehr als Aussagen über das, was jemand meint, als Sicht der Welt sagen zu sollen. Aufbauend auf einem Wissen, das immer ein Glaube an das ist, was als "gewußt", also als gesicherte Aussage über die Welt, angenommen wird. Schon das läßt erahnen, wie leicht solche Meinungen beeinflußbar sind, wie sehr momentbezogen deren Erhebung ist, und wie wenig sie über einen Gegenstand überhaupt aussagen können.

Denn die Herangehensweise an die Ehe und Familie ist keine der Meinung. Sie ist eine der Philosophie, genauer: der Ontologie. Denn Ehe und Familie sind keineswegs kulturellen Beliebigkeiten unterworfen, auch wenn das praktisch so behandelt wird. Aber so zu tun, als sei Familie und Ehe beliebig gestaltbar, zeigt bereits eine philosophische Vorentscheidung, zeigt die Zustimmung zu einer Metaphysik, die sehr wohl Gegenstand von Denkbemühungen sein muß und kann. Sie als beliebig der Zeit unterworfen anzusehen ruht nämlich bereits auf einem materialistischen und relativistischen Weltbild auf. Da nützt es wenig, wenn Freiheit dann hineingeredet wird, indem die Familienministerin Karmasin* großmundig verkündet, sie wolle niemandes Lebensgestaltung vorgeben, es brauche jeder die Freiheit, das Lebensbild zu verwirklichen, von dem er überzeugt sei. Das sind nicht nur leere Wort, es sind sogar Lügen.



Morgen Teil 2) Auslieferung ans Chaos - Die Apokalypse als Lebenswirklichkeit




*Gestatte der Leser ein Wort zu Sophie Karmasin, an der nämlich tatsächlich etwas für Politiker heutigen Zuschnitts Typisches auftritt (das auch über die Grünen oder manche Bürgerbewegungen schon vor geraumer Zeit hier gesagt wurde). Der sich ja nicht mehr als Stand begreift, sondern seinen "Job" erledigt, bis er genug davon hat, oder abgewählt wird. Entsprechend hoch ist die Quote an Quer- und Neueinsteigern geworden. Sie zeigen allesamt ein Charakteristikum: Sie treten ein Amt an, das sie im günstigsten Fall nur so lange bekleiden, bis sie wenigstens etwas Kompetenz in dem entprechenden Sachgebiet errungen haben. 

Es wird schon zur üblichen Praxis, daß wir es mit Politikern in Ämtern zu tun haben, die zwar gleich mit voller Kraft - überhaupt, weil immer mehr "Kraft zur Erneuerung" zum Kriterium wird - mit dem "Wirken" loslegen, aber dies in einer Unbedarftheit und Ahnungslosigkeit tun, die jede Grenze des Gemeingefährlichen überschreitet. Man muß - nicht nur bei Karmasin - den Eindruck gewinnen, daß es oft Jahre und zahllose Fehlentscheidungen sowie irreparable Zertrümmerungen braucht, bis ein Amtsträger allmählich die Dimensionen seines Wirkens zu reflektieren und zu begreifen beginnt. Ganz offensichtlich entsprechen die Mechanismen, die zur Wahl führen, nicht jenen Kriterien, die bei Erlangen des Amtes gebraucht würden. 

Bis zu einem gewissen Grad ist ein Lernen in einem Amt natürlich notwendig und tolerabel, weshalb jeder Politiker bei Amtsantritt gut beraten wäre, möglichst vorsichtig ans Werk zu gehen. Wir haben es aber offenkundig zunehmend mit "Lehrlingen" zu tun, die nicht im Übungskasten, sondern bei voller Registratur "üben". Und die Politik offensichtlich auch als Übungsplatz betrachten! Das zeigt sich nicht zuletzt darin, daß immer mehr Politiker NACH ihrer (immer kürzeren) Politkarriere "in der Wirtschaft" erst so richtig einen Aufgabenbereich finden.





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