Teil 2) Auslieferung ans Chaos - Die Apokalypse als Lebenswirklichkeit
Gestatte der Leser aber nun ein Wort zu dem so oft anzutreffenden Wort der "Stereotypen". Mit dem nämlich sehr gezielt verleumdet wird, auf der einen Seite, mit dem auf der anderen eine Verkleinbürgerlichisierung der Ehe und Familie gerechtfertigt wird, anderseits. Beides ist falsch. Denn es ist zwar richtig, daß das "Richtige" - das Hereinwehen der ideas in Gott, aus Gott, aus seinem ordo - nicht einfach in einem Bild erstarrt vergegenständlicht werden darf. Anderseits aber ist die Wirklichkeit von Mann und Frau, aus der dann auch die Familie hervorgeht, in die umgekehrt sie eingebettet ist, als "Haus", als "Dach", die die Beziehung der Teilglieder definiert, in ihrem Wesen sehr wohl definiert, unterliegt also nicht dem historisch Relativen.
So wie jede Gegenwart, ist also auch die Realität von Ehe und Familie (aber auch der Geschlechter in ihrem Zueinander) nur aus diesem Wesensverständnis heraus begreifbar. Sie sucht sich also in einer Zeit zwar ein gewisses je nur relatives Kleid, aber dieses Kleid umhüllt, sozusagen, immer dasselbe Grundgerüst der Eigenschaftlichkeiten.
Mann, Frau, Ehe, Familie sind also keine "Stereotypen", deren Gestaltung einer aktuellen Meinung unterläge. Sie wären es bestenfalls, wenn die Frau heute noch Reifröcke suchte, und der Mann den Vatermörder trüge. Das waren jeweils historisch relative Ausdrücke. Aber die Grundwahrheit und -wirklichkeit dahinter ist auch heute völlig unverändert - dieselbe. Diese ist kein Stereotyp, sie ist ein Wesensgesetz der Menschen und der Kultur, das keine historische Gegenwart jemals auch nur ein wenig verändern könnte.
Verändert werden kann bestenfalls die Wahrnehmbarkeit dieser Wesenswirklichkeiten. Die "Meinung" darüber. Die damit aber zur Aussage über das eigene Verhältnis zum Sein gerinnt.
Die Politik, und schon gar eine
"Familienpolitik", kann nicht von einem historisch-relativen
Meinungsbild ausgehen. Sie muß von einer klaren Anthropologie ausgehen.
Die Frage nach der Wahrheit nicht irrelevant oder Ergebnis aktueller
"Meinungen". Denn sie ist entscheidend für das Gellingen von
Lebensentwürfen. Und im Falle der Familie lebenswichtig für einen Staat.
Denn wenn die Familie nicht gelingt, nimmt die gesamte Schaffenskraft
eines Staates Schaden. Das beginnt vor allem bei der Identitätsbildung,
und geht bis hin zu praktischen Fragen der Generationenfürsorge und
Regenerationsfähigkeit von Leistungskraft.
Es
wird zwar zu allen möglichen "wilden" Formen und Lösungsversuchen des
Zusammenlebens der Geschlechter kommen, diesen Wildwuchs haben wir ja
bereits heute. Aber es wird zu keinen gelungeneren Leben kommen.
Vielmehr wirft ein Staat, der die prinzipielle Ordnung der Familien und
ihre Stellung in der Gesellschaft den Beliebigkeiten und Versuchen der
Menschen überläßt, seien Bürger grundsätzlich in ein Chaos. Und
verbraucht seine gesamte Lebenskraft schon darin, daß sich die Menschen
ihren Platz und "das Richtige" mühsam und meist schon über ihre gesamte
Lebensspanne erstreiten müssen.
Dinge,
die eine gesunde Staatsordnung schon dem Menschen zum Ende der Pubertät
zu treuen Händen übergibt, sodaß er mit gesichertem Boden in die
eigentliche Lebensgestaltung hinaustreten kann, werden stattdessen zum
lebenslangen, kräfte- und substanzraubenden Kampf aus "try and error",
mit der Schwierigkeit, daß sich keine Lebensentscheidung wirklich
wiederholen läßt, weil aus jedem Fehler auch Folgen entstehen, die die
nächste Stufe der Entscheidung bereits schwer belastet.
Mit
Umfragen wie der erwähnten holt sich eine Politik lediglich die
Legitimation, durch ideologische Zielsetzungen eine Politik der
Zersetzung weiterzuführen. Sie liefert ihre Zukunft dem Chaos aus, und
raubt einem Volk seine Lebenskraft.
*Wie sie Apokalypsen sind, die eine
ganz simple Realität des Menschseins selbst darstellen. Weil sie ja in
Wahrheit eine
ontologische Grundverfaßtheit des Menschen anzeigen: das Wissen um ein
Ende der Welt, das wiederum hier aus dem der je eigenen Erfahrung
entsprungenen Wissen um ihre menschenbedingte Gefährdung und
Endlichkeit, dort aber aus der Erfahrung, daß die Welt ihr Sein einem
personalen Du verdankt, dem gegenüber das eigene Leben ein Verhalten
ist, entstammt. Weil aber der Mensch IMMER dem aktuellen Anruf gegenüber
in Nachzug ist, ist er immer in einem Sündeverhältnis diesem Sein
gegenüber - der Mensch ist also immer in einer Situation drohender
Strafe.
Die
Frage die es zu lösen gilt ist also lediglich, wie er sich dieser
Strafbewußtheit, dieser objektiven Schuld dem Sein gegenüber verhält.
Eine Zeit wie die unsere, in der ein sich zum Autonomismus amputierter
Mensch wiederfindet, die deshalb ein so schwer gestörtes und in diesem
Autonomismus gar nicht lösbares Verhältnis zu Schuld und Geschuldetheit
hat, muß also zwangsläufig eine Apokalypse fürchten.
Und
sucht dabei hauptsächlich zwei Auswege aus dieser sehr realen,
ontologisch begründeten Verzweiflung, die sich in Grundströmungen
wiederfinden, die sich teilweise gegenseitig unterfassen: Der eine hat
mit dem Irrationalismus zu tun, der oben erwähnt wurde. Gott und Welt
haben nichts miteinander zu tun. Hier steht neben ideologischen
Heilskonstrukten genauso der Islam am Ende dieses Weges als
"Leuchtmarke", wie es die zahllosen esoterischen Gebäude sind, samt
deren Abgüsse in Strömungen des Neuheidentums.
Eine
andere Strömung darin ist die Wendung zum Subjektivismus, der
"Selbstbestimmung der Heiligkeit", um es salopp zu formulieren. Hier
sind vor allem die zahllosen protestantischen Bewegungen (die längst
auch die katholische Kirche erfaßt haben, ausgehend von der praktischen
Liturgiereform 1970ff bis zu den Erneuerungsbewegungen, und nun - nach
dem ersten Ankünder, Johannes Paul II., nun endgültig im Papst selbst)
zu nennen, denn der Protestantismus IST seinem Wesen nach diese
Invertierung, diese Reflexivität.
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