Zu einer interessanten Aussage kommt eine Studie über die Gebiete der ehemaligen DDR, dem heutigen "Ostdeutschland". Die Welt bringt ihre Ergebnisse, die darauf hinauslaufen, daß es einen recht deutlichen Zusammenhang zwischen der Dichte der Überwachung durch den Staatssicherheitsdienst (Stasi) und der Vitalität eines Gebietes geben dürfte. Sie wirken bis heute nach. Zumindest ist das eine plausible Erklärung, denn die statistischen Zusammenhänge sind relativ leicht konstruierbar, und könnten als Beleg einer solchen Aussage interpretiert werden.
Waren in der gesamten DDR zunehmend und zuletzt gar bis zu 1 % der Bevölkerung (einer von hundert!) direkt (als Angestellte) oder indirekt (Informelle Mitarbeiter) im Dienste der Überwachung des Nächsten tätig, so ist auffällig, daß jene Gebiete, in denen es damals zu besonders dichter Bespitzelung gekommen war, auch heute die notleidendsten sind. Durch Abwanderung und mittlerweile muß man ja schon sagen: Entvölkerung, niedrige Geburtenrate, oder durch ungewöhnlich niedrige Selbständigenrate. Auch die Erfindungen (gemessen an Patenten) liegen deutlich unter dem Durchschnitt.
Das Vertrauen der Menschen zueinander und in die umgebende Wirklichkeit ist in diesen Gebieten ausgehöhlt, und das wirkt sich zumindest unterbewußt offenbar selbst 25 Jahre nach der "Wende" als Mangel an freier Lebensäußerung aus.
Interessant dabei ist aber noch etwas anderes: Denn das Wissen der Menschen, ja deren Hoffen in einen Gott, der alles weiß, der aber die Wahrheit ist und die Macht für eine ausgleichende Gerechtigkeit hat, ist zu allen Zeiten für die Menschen befreiend gewesen. Offenbar bestehen die o. a. Zusammenhänge also nicht einfach in der Tatsache des Wissens, daß jemand "alles" weiß, sondern darin, daß diese Instanz die Wahrheit IST oder nicht. Nur davon nämlich hängt der Freiheitsgrad ab. Unfrei ist nur der, der gegen die Wahrheit verstößt, in die alles Irdische eingebettet ist, auf das sich alles Irdische bezieht. (Im persönlichen Gewissensleben und Urteilen läßt sich diese Gleichsetzung von Wahrheit, Freiheit und Allgemeinheit übrigens erkennen: der Rang einer Gewißheit hängt von ihrer Stellung als Allgemeines ab.
Aber es kann keine irdische Institution diese Wahrheit selbst SEIN. Selbst die Katholische Kirche tut dies nur, wo und soweit sie sich auf diesen Gott selbst beruft, und ihre identitäre Wahrheit ausschließlich auf die Sakramentalität bezieht. Die Aufgabe und Stellung der Kirche ist deshalb nicht, ein irdisch-gelungenes Leben zu bewerkstelligen, sondern diese Anbindung an die Wahrheit selbst für jeden Einzelnen herzustellen, zu fördern und zu schützen. Das ist ihr größter Befreiungsauftrag, das ist ihr Auftrag als Instrument in der Welt. Ohne Freiheit des Einzelnen ist ihr Auftrag nicht denkbar. Das gilt selbst dann, wenn der Einzelne seine Freiheit freiwillig aufgeben, jemandem anderen übertragen möchte. Auch im Ordensleben etwa kann es deshalb zwar zur freiwilligen Einschränkung der äußeren Lebensbetätigungen kommen, und das ist ja ihr Sinn sogar, aber nur, um dadurch die eigene, individuelle Freiheit (von irdischen Gebundenheiten) in ihr Maximum zu führen. Das bedeutet aber gleichzeitig, das individuelle Versagen des Einzelnen jederzeit zu riskieren und sogar: zu ermöglichen. Erst dann ist es ja Freiheit. Ohne freilich, daß eine Gemeinschaft (auf jeder Stufe) es dann auch akzeptieren muß. Freiheit hebelt also etwa nicht Strafe aus, sogar ganz im Gegenteil: Freiheit ohne Strafe und Sühne beim Verstoß ist gar nicht vorhanden. Wer einen Übeltäter nicht bestraft, ignoriert seine Freiheit als Akt gegen die Wahrheit.
Einen ganz anderen Anspruch stellt eine Diktatur, ja daran erkennt man sie. Sie zielt nämlich auf die innere Freiheit des Einzelnen. Indem sie sich anmaßt, von außen her diese Freiheit auch verordnend gestalten, vervollkommnen zu können, um so einen neuen, erlösten Menschen zu MACHEN - in seinem Inneren. Deshalb die Gewissens- und Gedankenpolizei. Eine Diktatur kann mit der Möglichkeit, zu versagen, zu opponieren, nicht leben; es wäre ein Selbstwiderspruch ihres Anspruchs. Deshalb bestraft eine Diktatur eigentlich gar nicht die Straftat, sondern die moralische Disposition dazu.
Während ein Staat von Freien die innere Disposition unangetastet läßt, aber auf die äußere Tat achtet, wenn sie real und sichtbar das Gemeinwesen schädigt. Erst dort ist das persönliche Leben auch von öffentlich-rechtlichem Interesse, und dort setzt das Recht eines Staates an.
Besonders heikel wird die Frage freilich dort, wo geistige Bedingungen existieren, die eine Zersetzung des Gemeinwesens intendieren. Bestehen solche Spaltungen eines Gemeinwesens auf Dauer, sind sie nicht isolierbar (man denke an die Ausweisung der Protestanten bzw. Katholiken aus ihren Ländern im 17. Jhd.) oder durch geistige Klärungsprozesse, die die Einzheit eines Gemeinwesens wieder herstellen, überwindbar, kann das nur in der Auflösung des Gemeinwesens enden. Weil die differierenden Zielsetzungen - eine davon muß ja gegen die Wahrheit sein, beide können nicht wahr sein - des realen Lebens zu einer Paralyse des Staates führen. Die Frage einer Diktatur ist also keineswegs einfach mit "Ablehnung in jedem Fall"* zu beantworten, und auch nicht von der einer Diktatur immanenten Logik aus zu lösen, weil von der Wahrheitsfrage nicht zu trennen.
*Das hat nicht zuletzt der "Arabische Frühling" gelehrt, der in der Beseitigung der jeweiligen Diktaturen, die ein gewisses Zusammenleben (mit Abstrichen auf allen Seiten) ermöglicht hatten, zum Auseinanderbrechen zahlreicher Staaten und einem aus dem Staatsverfall resultierenden Machtvakuum folgenden Chaos geführt hat, in dem die einzelnen Gesellschaftsgruppen nun um ihren Platz offen kämpfen müssen.
Das Vertrauen der Menschen zueinander und in die umgebende Wirklichkeit ist in diesen Gebieten ausgehöhlt, und das wirkt sich zumindest unterbewußt offenbar selbst 25 Jahre nach der "Wende" als Mangel an freier Lebensäußerung aus.
Interessant dabei ist aber noch etwas anderes: Denn das Wissen der Menschen, ja deren Hoffen in einen Gott, der alles weiß, der aber die Wahrheit ist und die Macht für eine ausgleichende Gerechtigkeit hat, ist zu allen Zeiten für die Menschen befreiend gewesen. Offenbar bestehen die o. a. Zusammenhänge also nicht einfach in der Tatsache des Wissens, daß jemand "alles" weiß, sondern darin, daß diese Instanz die Wahrheit IST oder nicht. Nur davon nämlich hängt der Freiheitsgrad ab. Unfrei ist nur der, der gegen die Wahrheit verstößt, in die alles Irdische eingebettet ist, auf das sich alles Irdische bezieht. (Im persönlichen Gewissensleben und Urteilen läßt sich diese Gleichsetzung von Wahrheit, Freiheit und Allgemeinheit übrigens erkennen: der Rang einer Gewißheit hängt von ihrer Stellung als Allgemeines ab.
Aber es kann keine irdische Institution diese Wahrheit selbst SEIN. Selbst die Katholische Kirche tut dies nur, wo und soweit sie sich auf diesen Gott selbst beruft, und ihre identitäre Wahrheit ausschließlich auf die Sakramentalität bezieht. Die Aufgabe und Stellung der Kirche ist deshalb nicht, ein irdisch-gelungenes Leben zu bewerkstelligen, sondern diese Anbindung an die Wahrheit selbst für jeden Einzelnen herzustellen, zu fördern und zu schützen. Das ist ihr größter Befreiungsauftrag, das ist ihr Auftrag als Instrument in der Welt. Ohne Freiheit des Einzelnen ist ihr Auftrag nicht denkbar. Das gilt selbst dann, wenn der Einzelne seine Freiheit freiwillig aufgeben, jemandem anderen übertragen möchte. Auch im Ordensleben etwa kann es deshalb zwar zur freiwilligen Einschränkung der äußeren Lebensbetätigungen kommen, und das ist ja ihr Sinn sogar, aber nur, um dadurch die eigene, individuelle Freiheit (von irdischen Gebundenheiten) in ihr Maximum zu führen. Das bedeutet aber gleichzeitig, das individuelle Versagen des Einzelnen jederzeit zu riskieren und sogar: zu ermöglichen. Erst dann ist es ja Freiheit. Ohne freilich, daß eine Gemeinschaft (auf jeder Stufe) es dann auch akzeptieren muß. Freiheit hebelt also etwa nicht Strafe aus, sogar ganz im Gegenteil: Freiheit ohne Strafe und Sühne beim Verstoß ist gar nicht vorhanden. Wer einen Übeltäter nicht bestraft, ignoriert seine Freiheit als Akt gegen die Wahrheit.
Einen ganz anderen Anspruch stellt eine Diktatur, ja daran erkennt man sie. Sie zielt nämlich auf die innere Freiheit des Einzelnen. Indem sie sich anmaßt, von außen her diese Freiheit auch verordnend gestalten, vervollkommnen zu können, um so einen neuen, erlösten Menschen zu MACHEN - in seinem Inneren. Deshalb die Gewissens- und Gedankenpolizei. Eine Diktatur kann mit der Möglichkeit, zu versagen, zu opponieren, nicht leben; es wäre ein Selbstwiderspruch ihres Anspruchs. Deshalb bestraft eine Diktatur eigentlich gar nicht die Straftat, sondern die moralische Disposition dazu.
Während ein Staat von Freien die innere Disposition unangetastet läßt, aber auf die äußere Tat achtet, wenn sie real und sichtbar das Gemeinwesen schädigt. Erst dort ist das persönliche Leben auch von öffentlich-rechtlichem Interesse, und dort setzt das Recht eines Staates an.
Besonders heikel wird die Frage freilich dort, wo geistige Bedingungen existieren, die eine Zersetzung des Gemeinwesens intendieren. Bestehen solche Spaltungen eines Gemeinwesens auf Dauer, sind sie nicht isolierbar (man denke an die Ausweisung der Protestanten bzw. Katholiken aus ihren Ländern im 17. Jhd.) oder durch geistige Klärungsprozesse, die die Einzheit eines Gemeinwesens wieder herstellen, überwindbar, kann das nur in der Auflösung des Gemeinwesens enden. Weil die differierenden Zielsetzungen - eine davon muß ja gegen die Wahrheit sein, beide können nicht wahr sein - des realen Lebens zu einer Paralyse des Staates führen. Die Frage einer Diktatur ist also keineswegs einfach mit "Ablehnung in jedem Fall"* zu beantworten, und auch nicht von der einer Diktatur immanenten Logik aus zu lösen, weil von der Wahrheitsfrage nicht zu trennen.
*Das hat nicht zuletzt der "Arabische Frühling" gelehrt, der in der Beseitigung der jeweiligen Diktaturen, die ein gewisses Zusammenleben (mit Abstrichen auf allen Seiten) ermöglicht hatten, zum Auseinanderbrechen zahlreicher Staaten und einem aus dem Staatsverfall resultierenden Machtvakuum folgenden Chaos geführt hat, in dem die einzelnen Gesellschaftsgruppen nun um ihren Platz offen kämpfen müssen.
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