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Montag, 11. September 2017

Ein vergessenes, dabei so aktuelles Motiv der USA (2)


Teil 2)




Bis dorthin, bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hielt sich die Angst vor den Katholiken in den USA seitens der protestantischen, anglo-sächsischen Bevölkerung ja noch in Grenzen. Sie war noch stark anti-europäisch (anti-monarchisch) ausgerichtet, und eher ein Mythos. Neue und nun entscheidende Nahrung erhielt dieser Anti-Katholizismus durch zwei Umstände: Da waren nun 5 Millionen Katholiken in den neu angeschlossenen Gebieten. Und da war die ab den 1850er Jahren einsetzende Welle von Zuwanderern aus Irland und Deutschland, auch sie vorwiegend katholisch.* Bis zu Anfang des 20. Jahrhunderts machten die Deutschen sogar ein Viertel der amerikanischen Bevölkerung aus, daß vorwiegend im Mittelwesten siedelte.  

Es kam zu regelrechten Pogromen, zu Kirchenverbrennungen und Verfolgungen, bis zum Verbot katholischer Erziehung an Schulen. Dort wurden sogar protestantische Bibeln vorgeschrieben, man sah es als wichtige Aufgabe, diese Menschen zu "bekehren". Man fürchtete und wußte aber, daß die Katholiken nicht so einfach in eine universalistische amerikanische Identität einzugliedern waren. Sie waren stark in sich gefestigte Identitätsgemeinschaften, deren religiöses Fundament in der universalen Einheit und Rückgebundenheit der Kirche in ein Prinzip (auch des Gehorsams in Fragen der Sitte und Moral) - "Rom" bzw. "Papst" - gegründet lag und die in ihrer ethnischen Geschlossenheit starke, unabhängige Bastionen der Lebensweise formten.

Das Amerika, das sich herausbildete, war mehr und mehr ein Amerika der ethnisch-religiösen Identitäten. Jenes Amerika begann sich formen, das dann in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts diese sagenhafte Erfolgsgeschichte zu schreiben begann. Das aber eines nicht war: ein zentralistisch zu regierender Staat.

Ebenfalls zu Ende des 19. Jahrhunderts setzte eine starke Zuwanderung von Juden ein. Anders als zuvor, über England, waren es diesmal aber Juden aus armen europäischen Gebieten, aus dem "Städtel", aus den armen Gegenden im Westen Rußlands, im Osten Polens, aus der Ukraine. Zwischen ihnen und den (mehrheitlich wohlhabenden) sephardischen Juden der Ostküste (die meist aus England stammten) bestand aber eine tiefe Kluft. Ab dieser Zeit aber spaltete sich Amerika in drei ethnisch-religiöse Gruppen, die sich in einem Ringen um Einfluß gegenüberstanden: Den Juden, den Protestanten (vor allem jenen der Ostküste), und den Katholiken. Und eine Gruppe zeigte dabei eindeutige Tendenz, die Übermacht zu gewinnen: die Katholiken. Denn sie hatten hohe Fertilität. Während die der Juden und vor allem der Protestanten bereits deutlich zurückgegangen waren. Die Katholiken waren also dabei, kraft der "demographischen Waffe" das Land zu dominieren.

Dies sollte erstmals im Krieg 1914/18, vor allem aber im und noch mehr nach dem 2. Weltkrieg eine entscheidende Rolle spielen. Wo sich die USA Ländern als Feinde gegenübersah, die die Herkunftsländer eines großen Teiles seiner eigenen Bevölkerung waren. Deutschland, Italien, Österreich-Ungarn. Auch wenn das bei Iren und Schotten nicht auf diese Weise zutraf, so wurden sie in denselben Topf geschmissen. Auch sie waren Katholiken, auch sie hatten hohe Fertilität. Nun begannen jene zentralistisch geplanten Maßnahmen, die als "social engineering" zu einem Instrument des "ethnic cleansing" wurden. Diese starken ethnisch-religiösen Gruppen wurden nun ganz gezielt aufgebrochen, bis seit den späten 1960er Jahren endgültig ein anderer kultureller Wind wehte. Wir werden speziell darüber aber noch zu anderer Zeit weiter berichten, zum Teil ist es ja hier schon geschehen. Beginnend mit der "sexual liberation" als Aushöhlung der Kultur, über Empfängnisverhütung und Abtreibung (als ethnische Waffe, die heute vor allem gegen US-Schwarze läuft) sind es Strategien, eine zu mächtig werdende Bevölkerungsgruppe in Schach zu halten und als Identitätsgrundlage zu sprengen.
Hier soll uns einmal nur genügen darüber zu berichten, wie dieser heute so mächtige - dabei mit Schalmeientönen daherkommende, von der Kirche leider weitgehend völlig unerkannte, ja leichtsinnig ignorierte - Anti-Katholizismus die USA beherrschte und immer noch beherrscht. Die amerikanische Innenpolitik, der amerikanische Imperialismus des 20. Jahrhunderts war und ist (!) nämlich zu erheblichen Teilen ein Feldzug gegen den Katholizismus.

Die US-Innenpolitik hat deshalb seit Jahrzehnten ein Merkmal: Sie muß damit rechnen, daß die 25 Prozent Katholiken der USA das Zünglein an jeder Wahlwaage sind. Also werden ihnen im Wahlkampf immer große Versprechungen gemacht, ja es wird ihnen regelmäßig ein Theater vorgespielt, bei dem sich leider meist deklarierte Katholiken ins Schaufenster stellen lassen. Und die Wähler täuschen. Denn eingehalten? Eingehalten wurden diese Versprechen noch nie. Denn der Katholizismus wird nach wie vor, ja heute mehr denn je, als Hindernis für die amerikanische Freiheit gesehen.

Der Bericht darüber soll aber auch zeigen, wie grotesk es ist, angesichts heutiger Entwicklungen (v. a. Migration, Islamisierung) zu meinen, es wäre strategisch erwünscht, "westliche Werte" mit einem ökumenistisch verbrämten "Christentum" gleichzusetzen, in dem Katholiken und Protestanten unterschiedslos an einem Strang ziehen. Nichts tun die Protestanten nämlich weniger! Vielmehr wird diese Unterschiedslosigkeit, die verkauft wird, zum sublimen Instrument des Kampfes gegen die Katholische Kirche, die sich auf schreckliche Weise dazu mißbrauchen läßt, den degenerierten Zustand des Westens als "christliche Kultur" zu vertreten, ja diesen Zustand, der die eigentliche Ursache für die Substanzschwäche des Westens ist, sogar selber weiter zu verbreiten.









*Bismarck sah es als eines der wichtigsten Ziele seiner Politik an, diese Auswanderungswelle zu stoppen. Und es gelang bis Ende des 19. Jahrhunderts - über ein neues Deutschland-Gefühl (das dem der Amerikaner also äußerst ähnlich ist: pseudologisch; ideologisiert; universalistisch und technizistisch) - tatsächlich. So leitete er jenes Deutschland ein, das fortan (und letztlich bis heute) in einem atemberaubenden Tempo eine Wirtschaftsmacht DURCH ARBEIT und Technik aufbaute. Sodaß das "Deutsche Reich" bis zum 1. Weltkrieg hin die bald mächtigste Wirtschaftsmacht der Erde wurde, das England längst hinter sich gelassen hatte und nun mit den USA im Duell um Rang 1 stand. Folgerichtig standen beide Länder vor ähnlichen Fragen. Denn mit der Expansion der Wirtschaftsmacht stand sehr bald das Problem globaler militärischer Macht im Raum. Die Außenpolitik des absehbar absteigenden Englands war also seither ein gezieltes Hineinziehen der USA in die Konflikte am europäischen Kontinent (wozu es die Kriege 1914/18 sowie 1938/45 nur in die äußerste Eskalation treiben mußte), was sich mit den Interessen des amerikanischen Kapitalismus deckte. Der Ausgang dieser Bemühungen ist bekannt.






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