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Samstag, 16. Oktober 2010

Das Auge sieht sich selbst nicht

Zeugnis [von der Natur der Poesie, in ihrer Nähe zur Mystik; Anm.] ist doppelsinnig, schreibt Henri Bremond. Man kann hierunter all die Bekenntnisse verstehen, die uns die Dichter bereitwillig über ihre eigene poetische Aktivität machen, so wie sie sich in ihrer Erinnerung darstellt. Das ist der Fall, wenn Goethe uns mitteilt, daß er sich keinerlei Beweisthema gestellt habe, als er sich anschickte, den Faust zu schreiben. Solche Zeugnisse sind für die Wissenschaft interessant, woher sie auch kommen mögen. 

Wenn man aber unter Zeugnis die eigentlich philosophischen Meinungen dieses oder jenes Dichters über die Natur der Poesie selbst versteht, so sind diese Meinungen genau so viel wert, als der spekulative Verstand des betreffenden Dichters. Häufig recht wenig. Ich ziehe es vor, zu wissen, was Bergson über die Poesie an sich denkt, als was Villon sich darüber für eine Meinung gemacht hat.

 
*161010*