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Freitag, 29. Oktober 2010

Erstaunlich

Die T-Form des Kreuzes, das sich rund um die Franziskaner herausgebildet hat, führt man zum einen auf eine lange erhaltene Legende, daß Christus mit drei Nägeln auf eben einem solchen Kreuz hingerichtet worden sei. Das dürfte freilich nicht stimmen.

Henri Thode macht auf die Parallele aufmerksam, daß auch in diesem Punkt eine gewiß nicht zufällige Spur zu den als Ketzer verurteilten Waldensern - aus deren subjektiver Frömmigkeit der Heilige Franz sich in vielerlei Weise herleitet - führt. Denn einer deren Streitpunkte war - genau diese Kreuzform. In diesem Zusammenhang also ein apokalyptisches Symbol, so wie der Heilige Franz als Figur der Apokalypse des Johannes gesehen wurde. Die zur damaligen Zeit - aber auch heute! - nicht zuletzt unter Berufung auf höchst populären Prophezeiungen des Joachim von Fuore eine große Rolle im Glaubensleben der Menschen spielte. Denn Schwärmerbewegungen beziehen ihren letzten Ersten in hohem Maß von der Ernsthaftigkeit der historischen Situation - unter Hinweis auf das Jüngste Gericht wird so die Analogie (in Gott gibt es keine Zeit, der Zeitbegriff muß also anders gesehen werden, wo die Geschichte sich in die unendlich kleine Gegenwart komprimiert - Geschichte ist ja nur eine Aufeinanderfolge eines Ganzen, das in Gott und der Ewigkeit ein einziges Ganzes ist) durch eine höchst konkrete Anschaulichkeit verdrängt: die Not der Lage rechtfertigt dann auch "neue" Wege, rechtfertigt den Ungehorsam, auf den letztlich alle solche Bewegungen aufbauen.

Und hier entscheidet sich der Heilige Franz eben entscheidend. Weil sich damit erst seine Heiligkeit nicht auf "besserer Technik", auf "richtigerer Ansicht" oder gar "besserem Wissen" aufbaut, sondern eben wirklich auf Gnade.

 
*291010*