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Montag, 25. Oktober 2010

Legenden

Die Presse bringt einige nackte Fakten, die Legenden, die sich um Einsparungsmaßnahmen des Staates gerankt haben, zu entkräften. Und dabei kommen einige bemerkenswerte Tatsachen zur Sprache, die hier auszugsweise wiedergegeben werden sollen:

„Der Staat wird kaputt gespart“. [...] die Republik heuer hundertvierundvierzig Milliarden Euro unter die Leute bringen wird. Das ist nicht nur so viel wie nie zuvor in der Geschichte des Landes, sondern auch um neun Prozent oder zwölf Milliarden Euro mehr als im Jahr 2007. Das wiederum war das letzte Jahr der Hochkonjunktur. [...]

„Budgetkürzungen töten die Unis“. [...] Allein heuer fließen rund 2,8 Milliarden Euro in die Unis. Gegenüber 2004 ist das ein Plus von fünfundvierzig Prozent. Nicht schlecht – die übrigen Ausgaben des Staates sind im selben Zeitraum nicht einmal halb so schnell gewachsen. Gemessen an der Wirtschaftsleistung liegt Österreich mit seinen Bildungsausgaben zwar noch immer im unteren Mittelfeld. Zudem müsste man wohl auch einwenden, dass es reichlich absurd ist, wenn dem Staat andere Bereiche noch wichtiger sind als die Bildung. Etwa die Finanzierung der defizitären ÖBB oder der Landwirtschaft.
 
Vergleicht man aber die Ausgaben pro Student, findet sich Österreich plötzlich im Spitzenfeld der industrialisierten Welt wieder. [...] Demzufolge investierten Österreichs Steuerzahler laut OECD im Jahr 2007 rund zweiundsiebzigtausend Dollar (kaufkraftbereinigt), um einen Studenten von der Inskription bis zur Sponsion zu bringen. Das wiederum ist ein inflationsbereinigtes Plus von siebenundzwanzig Prozent gegenüber 1995. Kaum ein anderes OECD-Land erhöhte seine Hochschulausgaben so stark wie Österreich.
 
Ungeachtet dessen finden Österreichs Studenten an den Unis teilweise beschämende Bedingungen vor. Was also haben die seit 2004 autonomen Universitäten mit den zusätzlichen Geldern angestellt? Ein beträchtlicher Teil wird noch immer in die ungezügelte Vielfalt gesteckt. Die staatlichen Hochschulen schafften es bis dato nicht, ihre Angebote zu koordinieren. Weniger Geld für Unis (woran derzeit niemand denkt) hieße also noch nicht zwangsläufig weniger Qualität.

„Gespart wird auf dem Rücken der Ärmsten“. {...] Tatsächlich entnehmen zwei von drei Wahlberechtigten in diesem Land mehr Geld aus dem Sozialsystem, als sie in dieses einzahlen. Laut Wifo bezieht das untere Einkommensdrittel vierundachtzig Prozent seines verfügbaren Einkommens vom Staat.
 
Erwirtschaftet werden diese Gelder von jenem Drittel der über 16-Jährigen, die in der Marktwirtschaft noch Mehrwert schaffen. Und damit jene Gelder bereitstellen, die der Staat zur Linderung des sozialen Leids ausgeben kann. In Summe werden in Österreich achtundzwanzig Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung unter dem Begriff „Soziales“ umverteilt. Das sind knapp fünfundsiebzig Milliarden Euro (oder neuntausendzweihundert Euro pro Einwohner). Geschlagen wird Österreich in dieser Hinsicht nur noch vom hohen Norden.

 
*251010*