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Samstag, 27. September 2014

Sture Ausführungsagenten (2)

Teil 2) Aus einer Fußnote entwickelter Diskurs: Die Revolution der Mittelschichte



*Wobei interessant ist, daß es Fehlerlosigkeit auch dann nicht gibt. Sämtliche ISO-Systeme gehen deshalb "normiert" von einer Reklamationsquote von 1-2 % aus. Ab da steigen die direkten Qualitätskosten progressiv, werden schließlich wirtschaftlich sinnlos, ohne dennoch je 100 %ige Fehlerlosigkeit erreichen zu können. Es gibt KEIN technisches Prozedere, das selbst bei größtmöglicher Optimierung mehr als etwa 99 % Sicherheit gewährleisten kann, selbst wenn man den Faktor Mensch völlig ausschaltet. Denn kein Ding, weder ein Naturding noch ein von Menschen gemachtes Ding, ist jemals zu 100% auch sein selektiver Zweck. Selbst bei anorganischen Dingen, selbst bei den sogenannten "Elementen" - reinen Abstraktionen - ist real immer alles nur "ungefähr" das, wozu es als es selbst definiert wird. 

Weil die Welt als extrem komplexes, letztlich geheimnisvolles Mosaik eines Zueinander immer in Bewegung, nie mathematisch-abstrakt gleich ist. Selbst die besten QS-Systeme können also immer nur dieses "Ungefähr" anzielen. Fehlt nun der Faktor Mensch, der einzig diese Eventualitäten ausgleichen kann, wird ein Fehler zum kalkulierten Fall, und damit zu einem neuen ethischen Problem. 

Gleichzeitig, übrigens, erhöht sich dadurch der Druck auf die mittleren (!) Führungsebenen, weil der somit eintretende Reklamationsfall nur noch von ihnen in einem wahren Spagat "geglättet" werden kann. Begleitet von einer seltsam steigenden Bereitschaft der Kunden, technische Ablaufprobleme als einer Art "schicksalshaften Grund" anzuerkennen. Während sich die obersten Führungsebenen genau darauf bezogen exkulpieren. Wenn etwas nicht funktioniert hat, dann kann ja nur die mittlere Führungsebene, die die Abläufe im Detail zu gestalten wie zu überwachen hat, verantwortlich sein. Und sei es, daß sie es nicht geschafft haben, die obersten Ebenen von etwas zu "überzeugen". 

Die nächste Aporie. Denn Überzeugung hat mit Autorität zu tun, die mittlere Ebenen nach oben aber gar nicht haben. Deshalb ist auch die Position des Qualitäts-Sicherheits-Managers (der VdZ greift auf eigene Erfahrung zurück) organisationstechnisch ein unlösbares Problem, weil ihm die Linienkompetenz genau für das fehlt, wofür er verantwortlich gemacht wird. Umgekehrt kann aber die oberste Leitung ihre Autorität gar nicht abgeben, das Unternehmen also vom Qualitätsmanagement leiten lassen. Sodaß der Fall eintritt, daß die einzige Chance des Mittelmanagements ist, "Hilfe von außen" einzusetzen, durch formale Bindung des Unternehmens (als oberste Entscheidung) an die Priorität solcher Prozesse, die wiederum von außen zertifiziert werden.

Im selben Atemzug bewirkt diese alles durchdringende Haltung eine scheinbare Dreiteilung der Beschäftigten, die aber nur eine Zweiteilung ist: Es degradiert die untersten Schichten zu rein Ausführenden ohne Spielraum zur Willkür, und am anderen Ende eine oberste Schichte, die den Kontakt zur Realität verloren hat, und auf ihre Weise ebenfalls nur noch Abläufe vollzieht, die sich eben aus der mathematischen Logik ergeben, in Wahrheit also der untersten Schichte völlig gleich, bis auf die Möglichkeit zur Willkür. Diese Logik hinwiederum ist der eigentliche Zielpunkt der mittleren Ebene. Sie hat keine andere Chance, sich zu behaupten, dazu braucht es noch gar keinen Aufstiegswillen. Und DAS ist der Grund, weshalb diese mittleren Schichten sich so auf "Ausbildungen" und vor allem Zertifikate konzentrieren, und die reale Bedeutung der - IHRER - Wissenschaften so betonen. (Es ist nicht schwer, daraus auch Ableitungen etwa zum Klimawahn zu finden: Bedrohungsszenarien sind ein probates Mittel, um für sich Autoritätsdruck zu erzielen.) Denn es ist die Mittelschicht - Unternehmer wie Intellektuelle wie Beamte - immer gewesen, die die intellektuelle Bildungsschichte eines Volkes revolutioniert hat.

Was die Amerikaner mit diesen Systemen umgesetzt und in die Welt getragen haben, ist also völlig in einer Linie mit dem Charakter des Landes selbst, und findet sich bis in die letzten Winkel des Alltags wieder. In dem sie sämtliche Ebenen des Menschlichen einebenen, Gestalt auflösen, und den Menschen zur Funktion definieren, dominiert von einer intellektuellen Mittelschichte. Hier zeigt sich die Wurzel des Amerikanismus - als revolutionäre Gleichschaltung, als Sozialismus, mit dem entsprechenden Fehlverständnis von Demokratie, das der Mittelschichte entsprungen ist. Denn jede Revolution ist historisch nachweisbar von dieser Mittelschichte aufbereitet, eingeleitet und getragen. 




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