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Donnerstag, 4. September 2014

Technik als Vollendung zum Tier

Das Interessante an einer Theorie, schreibt Hermann von Keyserling einmal, liegt höchst selten in ihrer inneren Wahrheit. Es liegt in ihrer psychologischen Aussagekraft und Bedeutung. 

In diesem Sinne ist der (amerikanische) Behaviorismus höchst aussagekräftig. Der ja sagt, daß der Mensch nur als höheres Tier zu sehen ist. Das Entscheidende sei bei ihm die Gewohnheit. Von Freiheit und Geist ist da keine Rede mehr, die gibt es nicht, sie sind Täuschungen, Epiphänomene.

Diese Thesen sagen viel über seine Hervorbringer aus, und sagen viel aus über die Amerikaner, die diesen Thesen so überwiegend anhängen. Denn, so Keyserling, wer so denkt verrät, daß  in ihm nichts von Freiheit und Geist vorhanden ist, das ihn auf den irrtum dieser Ansichten hinweisen könnte. Über die er stolpern würde, wenn er sie über ihre Wahrheit befragt. Der Amerikaner findet nichts, das ihn zur Annahme anderer Thesen nötigen würde! Er IST ein Tier. 

Denn der Technizismus der Zivilisation, der Wohlstand generiert, ist keineswegs die genuin menschliche Seite des Menschen. Sie ist im Gegenteil die Vollendung der tierischen! Denn durch die Technik erreicht der Mensch das, was das Tier von Haus aus mitbringt: Die völlige Zusammenstimmung mit den Lebensbedingungen, den Platz in der Welt, der seine Möglichkeiten zur Entfaltung bringt - das hat jedes Tier selbstverständlich.

Das, was aber den Menschen zum Menschen macht, weil es ihn übers Tier hinaushebt, ist die Frage nach dem Sinn. Sind im Behaviorismus nur die Tatsachen das Prägende, so ist es für den Menschen anders: Es ist der Sinn, den er über die Tatsachen stellt. Er ist nicht von Tatsachen geprägt, er ist vom Sinn geprägt. Es ist seine eigene geistige Initiative, die ihn zum Menschen macht, und nicht der Druck der Außenwelt.

Desgleichen gründet darin die "demokratische" Auffassung, daß alle Menschen gleich seien. Sie ist genuin tierisch. Denn wer so denkt, hat sich nie als einzigartiges Individuum mit Freiheit und Geist begabt erlebt. Sondern alle Unterschiede hängen von der Umgebung ab, zu der die Erziehung mitgehört.

Das Frappierende an dieser - so amerikanischen - Haltung ist, daß sie absolut deckungsgleich mit der ... des Kommunismus (der Sowjetunion)* ist. Es sind sich im Kalten Krieg also gar nicht zwei "grundverschiedene" Systemgeister gegenübergestanden. Vielmehr haben sich gleiche Strömungen und Grundansichten anders ausgeprägt, und sich dann zu Antagonisten gemacht.





*Der Behaviorist John Dewey hat übrigens auch die Schulsysteme in der UdSSR und in China mit zu reformieren begonnen. Es ist alles andere als ein Zufall, daß Dewey aus dem Hegelstudium heraus gekommen ist. Denn auch für Hegel hat sich der objektive Geist (der Pantheismus liegt quasi am Fensterbänkchen) in den Systemen der Welt seine Emanation gesucht, woraus zum einen die Priorität des Staates (als quasi Gott selbst seiend) folgt, zum anderen aber die Bedeutung des Faktischen, der "Tatsachen" hervorgeht, wie sie Marx dann so folgerichtig aufgegriffen hat.




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