der wie eine Versuchung in die Hosenbeine der
Interpretation gekrochen kommt. Wäre da nicht ...
Nun haben wir also gestern jene Seite des Films "Ein Herz kehrt heim" besprochen, die ihn mehr "für sich stehend" sieht. Aber das ist noch nicht alles, will man ein Ding sehen. Dazu gehört auch beim Kunstwerk der Ort, an dem es steht. Dazu gehört also die Gesamtsituation Deutschlands in jenen Jahren. Das oben schon zitierte Deutschland des Wirtschaftswunders.
QR Doku Nazis und Geld |
Wir bringen diese Bemerkung nicht zufällig. Denn wenn wir uns nun einer anderen Ebene des Films zuwenden, sehen wir auch etwas anderes darin. Wir sehen in diesem Konflikt des Künstlertums mit der bürgerlichen Existenz eines Ingenieurs, des Sohnes eines erfolgreichen (internationalen) Metallindustriellen (der Film bringt immer wieder sogar Einschübe von rauchenden Schlöten, und Arbeitern, die durch die Werkstore strömen) doch etwas anders.
Denn Moment ... da war doch der Dirigent, der internationale Star, der nach Amerika ausgewandert und nun, nach dem Krieg, wieder nach Deutschland kam. Wo ihm natürlich die Presse zu Füßen lag weil zu Kreuze kroch - es wird im Film thematisiert, daß die Presse natürlich diesem Star alle Rosen streut, da braucht er gar nix mehr zu leisten. Da sind aber in dieser Zeit so manche nach Amerika ausgewandert, gerade in der Kunstbranche, die heute global fest in der Hand anglo-amerikanischer Agenturen ist. Die in diesen Jahren alle Möglichkeiten hatten, sich zu entfalten.
Und da ist noch etwas, das auch den VdZ etwas unbefriedigt zurückließ, als er die Aufarbeitung des Konflikts des Künstlers (Maximilian Schell als Stiefsohn des Fabrikanten) sah. Etwas, das mit dem Wesen des künstlerischen Strebens und Empfindens zu tun hat. Das man nie einfach abstellen kann, ohne daß nicht furchtbare Konflikte und seelische Spannungen übrigbleiben. Die bei jedem verhinderten Künstler eine gewisse Neigung zu Entladungen (sagen wir es so) erzeugt. Und zwar bis er den Löffel abgibt, sozusagen.
In "Ein Herz kehrt heim" ist das völlig weggeblendet. Im Gegenteil ist der Entschluß des Sohnes, der das letztlich auch am kalten, "schlechten" Charakter des nach der Ablehnung der Verantwortung für die nun geschwängerte Freundin (wobei: davon wußte der Mann nichts) "heim-"kehrenden Weltkünstlers zerschellte Künstlertum wegwirft, um sich als Ingenieur dem stiefväterlichen Industriebetrieb zu widmen, auch ein gewisser Wegweiser für die deutsche Jugend. Sich nämlich nicht solchen Flausen und Hirngespinsten wie der Kunst zuzuwenden - außer aus Gründen des Hobbys, außer für private Spaßveranstaltungen - sondern seine Kraft ... dem Produzieren, dem Gewerbe, der Industrie, also dem Wirtschaftswunder zuzuwenden. Die Kunst, die Kunst überläßt man dafür den anderen. Den Fortgegangenen und nunmehrigen Heimkehrern.
Noch etwas fällt auf: Der Dirigent bringt die Komposition des besten Freundes (Reinecke spielt ihn) zur Aufführung. Die - unter DIESEM Dirigat, diesem NAMEN - natürlich von den Zeitungen zum riesigen Erfolg hochgeschrieben wird. Die aber interessanterweise (also nicht zufällig, das ist auf jeden Fall anzunehmen!) in längeren Sequenzen zu hören kommt, und siehe da: Von amerikanischen Tonelementen (eine Bewunderin des Komponisten spricht sogar von einem neuen "Gershwin") nur so strotzt. Kunst ja, aber nur, wenn sie den Amis gefällt, sozusagen. Kunst ja, aber nur, wenn sie den amerikanischen Geschmäckern entspricht.
Die deutschen Söhne stellen sich besser also an den Zeichentisch und an die Werkbank, schaffen bis es quietscht, konsumieren fest, und produzieren so das Wirtschaftswunder. Die sollen arbeiten, die sollen erfinden, die sollen produzieren. Während die Kunst und schon gar die Deutungsmacht in den Medien den Amerikanern und jenen, die die USA aufgenommen haben, als den neuen Eliten gehört. Könnte man nicht "Ein Herz kehrt heim" auch so sehen? Haben also die Macher und Mitwirkenden des Films eine ganz heimliche, dabei gar nicht so versteckte Sorge zum Ausdruck gebracht. Die sich prompt erfüllt hat?
Lassen wir es dabei bewenden. Und führen diese Wendung eines lieben, herzerwärmenden Heimatfilms der deutschen Nachkriegsjahre zu einem knallharten und tiefgründigen Kritikstück, die je länger man hinsieht umso deutlicher als eigentliche Schaffensgrammatik zum Vorschein kommt, nicht mehr weiter aus. Wir wollen uns ja den Sonntag nicht verderben.