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Dienstag, 4. Mai 2021

Vielleicht hat der Leser eine Antwort (2)

 Teil 2) Woher aber kommt das Geld?


Aber das ist noch nicht alles, werte Leserschaft. Es hat sich noch etwas anderes gezeigt, und das ist nun wirklich spannend, und der VdZ kann sich auch keinen so wirklichen Reim daraus machen. In derselben Zeitung vom 13. April dieses Jahres ist nämlich etwas über das Sparverhalten der ungarischen Familien zu lesen. Ausgehend von der Nachricht, daß der ungarische Staat eine nächste Anleihe begeben wird, die in Ungarn "Superanleihe MAP+" heißt. Und nun bei einem Gesamtvolumen von 5.500 Milliarden Forint (rund 15,6 Milliarden Euro) anlangt. 

QR Defizit Ungarn

Diese Anleihe muß man als Teil einer Strategie sehen, die Orban seit Jahren verfolgt. In den mittlerweile zehn Jahren seiner Amtszeit hat sich die Verschuldung des ungarischen Staatshaushaltes immer mehr ins Inland verlegt. Insgesamt, so die Budapester Zeitung, betragen die staatlichen Anleihen, die vorwiegend Familien halten, bereits 9.300 Milliarden Forint (rund 26,5 Milliarden Euro). Seit 2010 hat sich die Verschuldung des ungarischen Staates bei seinen eigenen Bürgern (also: Familien) von 3 Prozent auf stolze 25 Prozent seiner Gesamtverschuldung erhöht. Und das, so die Zeitung, habe in der Corona-Krise wesentlich dazu beigetragen, daß der ungarische Staat so stabil gewesen sei.** Immerhin sind alleine 2020 die gezeichneten Superanleihen um 1.000 Milliarden Forint (rund 2,8 Milliarden Euro) gestiegen. 

Und wenn wir schon bei Zahlen sind: Im ersten Quartal 2021 hat der ungarische Staat (ohne Kommunen) ein Haushaltsdefizit von 1,144 Millliarden Forint (800 Millionen Euro) eingefahren.

QR Inflation Ungarn

Nun nehmen wir noch ein paar Eckdaten her.

Die hohe Inflation etwa, die auch in diesen letzten Jahren nie unter 3,5 Prozent fiel (und bei den Berichten nach wenig Gutes zu erwarten ist: es gibt Prognosen, die einen kräftigen Inflationsschub erwarten), was schon wenig ist, denn vor zehn Jahren waren schon mal 10 Prozent und mehr an der Tagesordnung. Jährlich!  Wobei, moment mal, was fällt denn da auf? Richtig! Die NEUWAGEN. Denn deren Preise sind (ja wie kann es denn das geben!? Wer zahlt denn diese höheren Preise? Woher kommt die Nachfrage?) um satte 10 PROZENT gestiegen. Na wummsti.²

Weiter bei Eckdaten. Da ist zum Beispiel dieses zähe Ringen um einen landesweiten Mindestlohn. Diskutiert werden rund 700 Euro. (In der Corona-Panik 2020 hat man übrigens den Spitalsärzten 1300 Euro zugestanden. Mindestlohn.) Dann die hohen Immobilienpreise, was auch hießt: hohe Mieten. Dann die Altersrenten, die im Durchschnitt (sic!) bei unter 300 Euro liegen. Dann die Arbeitslosigkeit, die in Ungarn regional unterschiedlich zwischen 10 und 25 Prozent schwankt (in Corona-Zeiten sicher höher.)³ Dann die spezielle Situation, in der von den (bereits weniger als) 10 Millionen Einwohnern nahezu die Hälfte auf die eine oder andere Form von Staatsgeldern lebt.

Irgendwie schüttelt der VdZ da den Kopf. Das kommt wie von selber. Und die Frage entschwebt den grauesten Zellen, wie sich das alles ausgeht!? Da stimmt doch etwas nicht? Oder ist es das schon in der Monarchie kolportierte "große Ungarische Mysterium"?*** 

Der VdZ stellt sich jedenfalls die simple Frage, woher die Familien (denn die sind es, die diese Superanleihen zeichnen) das Geld haben, um neben Hausbau, SUV-Sommerreifen, Gitterbett, Gartenrutsche und Kinderbekleidung auch noch Staatsanleihen zu zeichnen. 

Nein, nicht "woher HABEN", die Frage ist falsch gestellt. "Woher BEKOMMEN" die ungarischen Familien das Geld, so müßte die Frage lauten. 

Der sich (und wir führen hier einfach ein paar Tangenten zusammen, die an das oben Gesagte angelegt werden könnten) in rasantem Tempo ... bei seinen Frauen verschuldet.

Auf die möglicherweise aber der Leser eine Antwort geben kann?


*Wie sämtliche "freiheitlich-patriotische" Parteien in Österreich und Deutschland hat sich auch die Jobbik in den letzten Jahren so vollständig zerlegt, daß die Partei erstens kaum im öffentlichen Diskurs vorkommt, und sich zweitens eine Neu- oder Umgründung als Bündelung der "wirklich patriotischen Kräfte" im Raum steht.

**Der Leser übersieht dabei nur schwer den leicht propagandistischen Einschlag der Redaktion. Das meinen sich ja "rechte" Medien gerne herausnehmen zu können, denn immerhin müssen sie in einer bitterbösen Welt voller Feinde und Lügen bestehen. Da schadet die eigene nicht so sehr, sie ist außerdem nur klein.

²Damit sich der Leser ein rechtes Bild machen kann: In absoluten Preisen gesehen sind sämtliche Importwaren in Ungarn (und dazu gehören PKW) rund fünf Prozent höher als in Österreich.

³Wobei es vor der Corona-Krise bereits zu einem spürbaren Mangel an Fachkräften kam. Die wandern nämlich in Massen nach Österreich und Deutschland ab. 2019 gab es alleine in Wien eine offizielle Zuwanderung von 5.000 Ungarn. In einem Jahr. Die zehn- und hunderttausenden Pendler, die montags und freitags sowie täglich morgens wie abends die Autobahnen füllen, nicht eingerechnet. Nebeneffekt: Auf den Parkplätzen der großen Wiener Einkaufszentren kann man beobachten, daß bedeutend mehr als die Hälfte der Kunden aus Ungarn (und der Slowakei) stammen. Und es ist ein seltenes Ereignis, in einem Geschäft im Parndorfer Einkaufstempel NICHT von einer ungarischen (freilich, die Slowakinnen holen auf) Verkäuferin bedient zu werden. Die im netten Geplaudere dann von ihrem Traum erzählt, in Österreich zu bleiben. Und ein Neusiedler Restaurant hat einen Preis für den ausgeschrieben, der im Burgenland eine Restaurantkraft findet, die NICHT aus Ungarn ist.

***Schon in der Monarchie hat man über den Geist, in dem der Ungarn die Weltprobleme löst, wie folgt gerätselt: Der Ungar überläßt einem vor einer Drehtür mit dem charmantesten Lächeln und unter dem Weinen der Pusztageige den Vortritt - und ist doch vor einem draußen. 


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