E. Michael Jones faßt den Kapitalismus einmal zusammen mit: "State sponsored usury." Also als "vom Staat finanzierter Wucher." Der Leitsatz, der seit dem späten Mittelalter unausgesprochen, verschwiegen bis heimlich, aber immer selbstverständlicher Platz griff, wird an anderem Ort auch mit "Privatisierung der Gewinne - Öffentlichkeitshaftung für Verluste", also als Umlage von Verlusten auf den gemeinen Steuerzahler beschrieben.
Dieser Grundsatz herrscht bis zum heutigen Tag. Selbst in der Corona-Krise bleiben die Klagen vieler vieler Klein- und Mittelstandsunternehmer weitgehend ungehört. Denn es sind lauter Einzelfälle, lauter Komplikationen, die aus irgendwelchen Umständen eine Zuerkennung von Ausgleichszahlungen (die vom Staat direkt verursachte Schäden wenigstens soweit gutmachen sollen, als die Existenzgefahr der Mittelständler verringert wird) leider unmöglich machen.
Risiko - Gott. Gott spielen. Risiko der Spekulation - Wahrscheinlichkeit von Ereignissen - Einschreiten des Staates. Unternehmen zu groß - weil sie zuvor schon viele Male gerettet wurden. Oder weil dem Wucher, diesem uns fast zur Sitte gewordenen Art, mit demjenigen umzugehen, der "Bedarf hat", nie Einhalt geboten wurde. Im Gegenteil gilt es heute als Grundsatz normaler Geschäftsgebarung, was im Grunde eine Todsünde ist. Weil es das Wesen des Sozialen - das ein auf Wechselseitigkeit beruhendes Einander-brauchen ist, das aber nie gleichzeitig dasselbe Begehren, dieselbe Notwendigkeit hat - pervertiert.
Und demjenigen, der die staatliche Macht hinter sich weiß, einen unlauteren Vorteil verschafft, DEN DIESER SKRUPELLOS AUSNÜTZT. Denn das gehört zum Vorteil ja dazu, daß er ausgenützt wird. Und das ist seinem Wesen nach deshalb und dann skrupellos, weil es anstatt das dringendere Bedürfen, die größere Not, noch verschärft, indem es zum Beispiel beim Ernteausfall die Getreidepreise erhöht. Das wiederum löst das Soziale deshalb auf, weil es eine Kluft in die Gemeinschaft zwischen jene, die das Benötigte besitzen, und jenen, die es bedürfen, schafft.
Auch der VdZ hat in der Handelsakademie, die er vor mittlerweile einundvierzig Jahren abgeschlossen hat (Jungele, wie die Zeit vergeht!), wie ein Prinzip unserer Gesellschaft eingetrichtert bekommen, daß es bei allem und überall auf den Faktor "Bedarf" ankäme. Der sei der Garant für Erfolg, den gelte es zu schaffen, wenn er nicht vorhanden sei, den gelte es zu finden, wo ihn keiner vermute. Am Bedarf hängt einfach alles, und er ist jener Faktor, der alles treibt, bewässert und belebt. Fehlt er, fehlt er akut, dann würde Wirtschaften sinnlos werden.
Werter Leser, wir alle haben das so mit der Muttermilch eingesogen, daß es wohl auch unter uns keinen gibt, der diesem Satz widersprechen würde. Aber er ist falsch. Er ist dort falsch, wo er zu jenem Hebel wird, der auch in nahezu sämtlichen Volkswirtschaftstheorien* der letzten zweihundert Jahre die entscheidende Rolle spielt. Angeblich. Wahr ist das freilich aber nicht.
Aber was hat das mit der hier als vierminütigen Aufzeichnung vorgestellten Wortmeldung von Petr Bystron im Berliner Bundestag zu tun? Was Bystron hier auflistet, wird in einen größeren Horizont gestellt. Der AfD-Repräsentant weist nämlich darauf hin, daß die dreihundert Milliarden, die - wie Grüne und Linke nun fordern - als "verspätete Nachkriegs-Reparationszahlung" an Griechenland fließen soll, nicht einfach nur exakt den Schulden entsprechend, die Athen Deutschland gegenüber hat. Sondern dieser Betrag ist auch identisch mit jenem, der vor ein paar Jahren als Staatsrettung an Griechenland geflossen ist. Nur - bei den Bürgern ist nur ein verschwindend kleiner Teil davon angekommen. Denen wurde vielmehr ein beinhartes Sparprogramm auf den Soccus gestopft, an dem sie seither schwer schleppen. Wie auch immer man dazu stehen mag, denn immerhin hat der Staat nicht nur für die Beitrittsverträge über seine Lage gelogen, sondern nachher mit dem nun fließenden EU-Ausgleichs-Geld ein frohes arbeitsschonendes Wohlstandsleben gefeiert.
Tatsache ist, daß dieses Geld in Wahrheit jene Banken gerettet hat, die in Berlin, Frankfurt und Paris sitzen. Und sich schlicht und ergreifend verspekuliert haben. Wobei - sie haben sich gar nicht VERspekuliert. Ihre Spekulationen sind sogar aufgegangen. Denn sie haben nicht nur genau gewußt, daß die Griechen diese Kredite gar nie bedienen werden können. Sondern sie hatten auch genug Einflußbewußtsein, daß im Insolvenzfall andere europäische Steuerzahler dafür aufkommen werden. Durch Staatshilfen, denn die deutsche Politik - von Realitäten und Wirtschaft keine Ahnung, wie die allermeisten heute - wird die Hacken zusammenknallen und, eingeschüchtert von Zahlen, Tabellen und Diagrammen von Experten, gemeint haben, den Nachfrageausfall für die deutsche Wirtschaft nicht anders verkraften zu können, denn durch das sogenannte Bailout der Banken, also DEREN Rettung.
Die dafür gerne geschwiegen haben, als die Politik als "Griechenlandretter" auftrat, und damit dem Oberprofessor vom Aeropag, Kastrapopulos oder wie der kommunistische Kurzzeit-Finanzminister und Langzeit-Welterklärer hieß (bevor hier die Telephone heißlaufen: Yanis Varoufakis, wir wissen es schon, anders war es aber lustiger, und erinnern nicht gar so sehr diese herrlichen Lammspieße in Joghurtsauce an Reis). Der jedoch lange genug am Ruder war, um die Fäden für den Deal zu ziehen, der die Kassen der Banken mit jenen EU-Steuergeldern füllte, die den Griechen dann zu einem kleinen Teil erlassen, zu einem großen aber durch neue Kredite geliehen wurden. Welche Kredite die Griechen heute noch weniger als damals zurückzahlen können, wie auch.