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Mittwoch, 12. Juli 2017

Die konkreten Folgen der Sünde (4)

Sünde ist immer eine Entscheidung

Die Sünde ist immer eine Form von Ungehorsam und des Willens, daraus resultieren auch alle Folgen. Deshalb wendet sich sowohl die göttliche Ordnung als auch die Abkehr davon immer an den Willen, besonders tragisch durch die vererbte (aber überwindbare!) Schwäche dieses Willens. Sünde ist immer eine WAHL, nicht einfach eine automatische folge, der man hilflos ausgeliefert ist. (Denn im letzten ist kein Mensch, ja nichts was es gibt, ganz von der göttlichen Vernunft, also dem Sein, dem logos selbst, abgetrennt. Es würde sonst ins Nichts fallen. Das gilt übrigens auch für den Teufel selbst, den vom Engel nur der verfestigte Wille GEGEN das Sein unterscheidet. Denn im Engel, im Geist gibt es keine Zeit, herrscht ewige Aktualität. Damit ist eine Entscheidung ein für allemal und unwiderruflich.) Was wir wählen ist aber davon abhängig, was wir denken!

JEDE Sünde hat nun ihrer Art nach auch spezifische Folgen. Ursache und Wirkung stehen immer in spezifischem Zusammenhang. Welt ist nun aber eine Geflecht aus unterschiedlichsten Einzeldingen, die allesamt auf ihre jeweilige Art aufeinander wirken. Eines aber bleibt immer gleich: Jede Sünde ist ein Mißbrauch Gottes, ein Verstoß gegen seine Liebe, die immer auf die Erhaltung des Menschen udn des Seienden (der Welt) ausgerichtet ist. Deshalb hat jede Sünde einen Aspekt des Unendlichen. Nicht aber die konkrete, aktuale Sünde. Sie ist immer spezifisch. Dennoch oder deshalb nimmt jede Sünde etwas von der "gesamten" Glückseligkeit des Menschen. Auch und vor allem, weil sie die Erkenntnis trübt, und die höchste Glückseligkeit des Menschen aber darin besteht, Gott, die Wahrheit also, zu sehen.  Jede Sünde ist aber nicht nur ein Verstoß gegen die Natur, sondern ein Verstoß gegen die Natur der Vernunft, und deshalb macht jede Sünde unglücklich(er).

Deshalb sieht Thomas v. Aquin auch nur zwei Wege zur menschlichen Glückseligkeit: Das Leben in vollkommener Kontemplation, oder das Leben in vollkommener Tugend. Denn der Sinn dieses Lebens besteht darin, wie es der alte Pichler-Katechismus (den der VdZ noch in der Schule vor sich liegen hatte) formuliert: die ewige Glückseligkeit zu erreichen. Einmal, unwiderruflich das einzige mal, sonst würde sich Gott ja selbst widersprechen.

Die Tugend manifestiert sich in vier Fähigkeiten: Den Verstand, den Willen, sowie die zwei Arten des Appetits, also der neigungshaften Zuwendung zu Dingen, Objekten - die der Schwäche zum Guten, und die der Begierde, der Leidenschaft.

Die Verwundungen durch die Sünde

Jede dieser Fähigkeiten hat ihre Art der Verwundung. Die des Verstandes besteht in einer Ignoranz gegenüber dem Guten. Der Verstand ist durch die Erbsünde schon geschwächt, weil er seine Anorientierung an Gottes Wissen verweigert und damit verfleischlicht hat. Der Wille ist geschwächt in seiner Anhalteneigung zum Guten, damit zur Wahrheit (alle menschlichen Fähigkeiten sind ja eng miteinander verflochten, der Leser vergessenicht, daß wir hier immer gewissermaßen mit Hilfbegriffen als Veranschaulichungen arbeiten, wo wir notgedrungen im Nacheinander entfalten, was aber ineinander ist, was aber nicht mehr vorstellbar ist, dazu müßten wir "schauen".) Jede Sünde verstärkt also die Tendenz generell, sich zum Bösen zu wenden, zur Nichtung.  Das nennt man eben: Bosheit. Je mehr jemand sündigt, desto mehr bindet er sich ans Böse. 

Die nächste Verwundung ist die des Appetits, der sich der Überwindung von Schwierigkeiten widmet. Es ist die Wunde der Schwachheit. Damit wird er Mensch feige und angstvoll. Er verliert die Neigung, etwas zu tun, das zwar richtig, aber schwierig ist. Wir können zwar wissen, was richtig ist, was zu tun wäre, aber wir verlieren den Antrieb, es zu tun. Der so Geschwächte tut das Falsche, die Sünde, ohne sie anzugehen. Vergebung, Beichte nimmt dann zwar die Sünde weg, vergibt sie, aber sie nimmt die Folgen dieser Sünden nicht weg. Wer also solcherart geschwächt ist, wird es immer mehr, TROTZ der Beichte. 

Die vierte Wunde ist die der Begierde, der Leidenschaft. Die Begierde reißt jeden Appetit aus seiner Natur, indem sie ihn maßlos macht. Sie entfremdet den Appeitt von der Vernunft. Damit stärkt sie die Abwendung von der Vernunft mit jedem mal, in dem diese Sünde begangen wird, weil sie dessen Appetitkraft stärkt. Sie bestimmt somit immer mehr auch die Stimmungslage des Menschen, also seine Geneigtheiten zu handeln.  Hier spielt nicht nur die Stärke, sondern auch die Häufigkeit eine große Rolle.

Letztendlich ist die Folge, auf die jede Sünde zuäuft, die des Todes. Das zeigt sich übrigens auch darin, daß manche Sünden eben beobachtbar nachvollziehbar direkt zum Tod führen, sowohl bei uns, wie auch bei den Adressaten unserer Handlungen.  

Sünde führt damit mehr oder weniger zum Verlust des Verstandes. Das ist in kleinen Dingen erkennbar, durch irrationale Einzelreaktionen, aber natürlich auch im großen Ganzen, wo die Sünde buchstäblich zur Geistesverwirrung und -krankheit führt. Sie macht auf Dauer gesehen den Menschen unfähig, die Realiltät einzuschätzen bzw. mit ihr umzugehen. 

Sünde macht uns unfähig, das Gute, das Richtige zu tun. Wo immer der Mensch gegen die Ordnung einer Sache verstößt, schwächt er seine Fähigkeit, diese Ordnung überhaupt noch zu sehen und zu befolgen. Der Sünder verliert die innere Kraft, die Ordnung der Welt - die Wahrheit - auch innerlich aufrechtzuhalten, also die Bilder, Ideen der Welt und Dinge in ihrem richtigen Verhältnis zu bewahren. Seine Welt wird zerrüttet. 

Die Strafe ist notwendig

Aber natürlich darf der Aspekt der Strafe nicht übersehen werden - als willentliche (Gott) Wiedereingliederungsanwegung in die Ordnung des Seins. Jede Sünde ruft also auch nach Strafe. Diese äußert sich meist durch das, was man als "Gewissenswurm" bezeichnen könnte, der die Orientierung des Menschen immer mehr schwächt, je länger und je mächtiger er wirkt. Das ist nicht einfach ein subjektives Geschehen, sondern objektive Folge des Widerspruchs zur ewigen Ordnung des Seins. Nur Menschen mit klarem Gewissen können klar und gut handeln. 

Doch gibt es auch die direkte Folge, daß andere Menschen auf den Sünder "strafhaft" wirken. Denn jede Sünde hat eine sozhiale Dimension. Sie reißt aus der Gemeinschaft der Menschen, als in Gottes Ideenwerk geboren und damit geordnet. Damit ist jede Sünde auch eine Sünde gegen den Mitmenschen. Und das schlägt nicht selten direkt durch. Die Sünde zerrüttet eben auch das soziale Leben! Und zwar an sich. Denn soziales Leben kann nur auf der Grundlage objektiver Ordnung - dem logos also - gedeihen. Die Sünde JEDES Menschen bricht mit dieser Ordnung, und damit mit der Basis udn Quelle (sic!) der Gemeinschaft aller Menschen. Unter Sündern gibt es nur Kumpanei, keine Gemeinschaft. Die oft so lächerlich oberflächlich kritisierte Tendenz einer Gemeinschaft, Sünder auszustoßen, fernzuhalten, wegzusperren, zu meiden, ist also sehr natürlich und zeigt einen völlig richtigen Grundtatbestand an.


 Morgen Teil 5)




*050717*