Angeblich
 ist es einer der Lieblingsfilme des jetzigen Papstes. Aber nicht das 
war der Grund, warum  der VdZ zugriff, als er ihn jüngst bei einem 
Antiquar günstig "La dolce Vita" von Federico Fellini 
(1960) als DVD erstand. Und ihn des Abends gleich wieder einmal ansah,  
diesmal in aller Ruhe, samt Notizen, zu denen er sich bald gedrängt sah.
 Denn wie es immer ist, fielen ihm diesmal, im Licht derzeitiger 
Fokussierungen, Grundzüge auf, die er auf diese Weise noch nicht 
"gesehen" hatte, die ihm aber erstmals den Schlüssel zu diesem 
Meisterwerk (und das sagt er nun aus voller Überzeugung) in die Hand 
gaben. 
"La
 dolce vita" zeigt nämlich die  devastierenden Folgen des Einbruchs der 
Nachkriegswelt in die europäische Kultur, die sich durch die beiden 
ruinösen Weltkriege selbst zerstört hatte. Die sich nun manifestierende 
Welt ist aber eine amerikanische Welt, und wäre sie nur das: Sie ist 
eben gar keine Welt mehr. Die Amerikaner suchen Europa aus genau diesem 
Grund auf. Sie suchen etwas, das sie hier aber nicht mehr finden, denn 
diese Welt hat sich den amerikanischen Kulturverwüstungen (allen voran 
in der Kunst erkennbar - Jazz, bildende Kunst) mangels Selbstvertrauen 
resignativ ergeben. Dieser Amerikanismus aber zieht seinen Richtlinien 
nur noch aus subjektiven Befindlichkeiten, Gefühlen, Stimmungen, und 
damit - Begierden.
Die Opfer der freien Liebe
Die Opfer der freien Liebe
Allem
 voran und ganz konkret aber war es somit das absurde Ideal der "freien 
Liebe", die die Menschen der alten Welt ins Mark traf. Fellini muß das 
so gesehen und erkannt haben. Er zeigt, wie ihnen damit jede Basis des 
Lebens unter den Fingern zerrinnt. Sie vermögen es nicht mehr, stabile 
Lebensentwürfe aufzurichten, und im Wechselspiel mit der Reaktion der 
Männer darauf kann keine Welt mehr bestehen.
Die
 Hauptopfer dabei, aber zugleich ihre Träger, sind die Frauen. Die 
nunmehr völlig haltlos, ja zu Huren werden. Und  doch nur eines wollen: 
Eine Ehe. Aber sie schaffen es nicht mehr, in diesem Zustand einen Mann 
zu binden. Mehr als kurzfristige Löschung von Begierden, unter vielerlei
 Illusionswelten, ist nicht mehr möglich.
Daraufhin
 geben die Männer endgültig auf, resignieren, und reißen alle  Schranken
 nieder, was dann bis zu Rohheit und Gefährlichkeit geht. Sie  wissen 
nicht um das Gift, das sie mit der amerikanischen Lebensweise zu  sich 
genommen haben und weiter zu sich nehmen. Kultur ist dann nur noch 
Dekor, Spielzeug einer  kurios gewordenen Welt. Alles endet im 
Mißbrauch. Sodaß das Echte, das  Wirkliche, das Tiefe und Transzendente,
 das immer wieder und wieder  hochkommt, nur noch schüchtern wie sofort 
niedergetretene Grasspitzen  durch den Asphalt bricht. Dabei geht es 
allen Europäern, den einfachen  Italienern selbst, schon ebenfalls nur 
noch ums Geld, um genau diese fatale  Lebensführung erreichen zu können,
 während ihre wahre Umwelt völlig  desolat wurde. In der das Wirkliche 
selbst - die Natur, Gewitter, Sturm - zur Poesie wird, die wenigstens 
noch in Tonbandaufnahmen wirken soll.
Immer wieder kommt dieses Motiv, dieses Anrennen der wirklichen Wirklichkeit, die aber nicht mehr durchdringt. Die Natur hat keine Botschaft mehr, sie ist entweder lästig, oder wird überhaupt ignoriert. Selbst im überschwemmten Keller läßt sich Liebe machen, man muß nur genug ausblenden. Und bezahlen. Mit Kultur hat Liebe nichts mehr zu tun. Wo sie in die Nähe der Kultur kommt, weil etwa Ehe "droht", wird sie sogar brutal aus dem Weg geräumt. Auch über Ehe wird zwar viel, aber nur belanglos geredet, sie ist bestenfalls ein pikantes Spiel.
Vorahnung des 2. Vatikanums
Immer wieder kommt dieses Motiv, dieses Anrennen der wirklichen Wirklichkeit, die aber nicht mehr durchdringt. Die Natur hat keine Botschaft mehr, sie ist entweder lästig, oder wird überhaupt ignoriert. Selbst im überschwemmten Keller läßt sich Liebe machen, man muß nur genug ausblenden. Und bezahlen. Mit Kultur hat Liebe nichts mehr zu tun. Wo sie in die Nähe der Kultur kommt, weil etwa Ehe "droht", wird sie sogar brutal aus dem Weg geräumt. Auch über Ehe wird zwar viel, aber nur belanglos geredet, sie ist bestenfalls ein pikantes Spiel.
Vorahnung des 2. Vatikanums
Es
 wirkt wie eine kleine Nebenbemerkung, es nimmt nur wenige Sequenzen 
ein, und doch zeigt es eine Linie. Denn Fellini richtet sogar eine 
Anklage an die Kirche, den Vatikan. Der sich um diese reale Lebenswelt 
kaum noch zu kümmern scheint. Wenn er etwa "mit einem Telephonat" die 
Echtheit einer Marienerscheinung konstatiert, die angeblich zwei Kinder 
haben und denen daraufhin das einfache Volk, das von so vielem echtem 
Leid geplagt ist, das so viel Hoffnung auf eine von außen kommende Macht
 hat, die alles gut machen kann, sofort folgt. Als interessiertre sich 
die Kirche selber nicht mehr für die Realität der Menschen, des 
Transzendentalen.
Selbst wenn es nur unbedeutend scheint, man könnte es glatt übersehen, wie so vieles in dem Film, zeigt sich das auch in der kurzen Szene in der Kirche, wo der Pfarrer keine Einwände hat, weil auch er sich "weltoffen" beweist, wenn der Protagonist auf der Orgel der altehrwürdigen Kirche Jazz anspielt. Als hätte Fellini die Verwüstungen der Liturgie, die zehn Jahre später eintrat, vorausgesehen. Warum? Weil sich die Kirche angebidert hat, weil die Kirche die Menschen im Stich gelassen hat, sich für sie gar nicht interessiert, dieses Interesse nur noch vorspielt und jede Gegenwehr aufgegeben hat. Zehn Jahre später sollte das auf tragische Weise definitiv werden. Mit dem 2. Vatikanum hat die Kirche kapituliert der Welt das zu geben, was sie so dringend bräuchte. Sie ist im amerikanischen Lärm aufgegangen. Wer die sogenannten "geistigen Erneuerungen" kennt, die groteskerweise von so vielen als Zukunft gesehen werden, auch heute, sieht es in voller Gestalt.
Selbst wenn es nur unbedeutend scheint, man könnte es glatt übersehen, wie so vieles in dem Film, zeigt sich das auch in der kurzen Szene in der Kirche, wo der Pfarrer keine Einwände hat, weil auch er sich "weltoffen" beweist, wenn der Protagonist auf der Orgel der altehrwürdigen Kirche Jazz anspielt. Als hätte Fellini die Verwüstungen der Liturgie, die zehn Jahre später eintrat, vorausgesehen. Warum? Weil sich die Kirche angebidert hat, weil die Kirche die Menschen im Stich gelassen hat, sich für sie gar nicht interessiert, dieses Interesse nur noch vorspielt und jede Gegenwehr aufgegeben hat. Zehn Jahre später sollte das auf tragische Weise definitiv werden. Mit dem 2. Vatikanum hat die Kirche kapituliert der Welt das zu geben, was sie so dringend bräuchte. Sie ist im amerikanischen Lärm aufgegangen. Wer die sogenannten "geistigen Erneuerungen" kennt, die groteskerweise von so vielen als Zukunft gesehen werden, auch heute, sieht es in voller Gestalt.
Wie
 leicht kann man diese Facette übersehen, und nicht nur diese. Der Film 
ist voll von scheinbaren Kleinigkeiten, ja er ist eine rasche Abfolge 
von Dingen, die man für sich übersehen könnte. Gerade die 
Geschwindigkeit, in der sich dieses Panorama abwickelt ist es ja, die 
verhindert, daß noch Geist und Ordnung und Orientierung möglich werden. 
Dazu aber muß das Vielfältige in Eines geführt werden, und dazu braucht 
es Ruhe, Zurückgezogenheit. Besinung, um die Geräusche der Wirklichkeit 
hinter allem Lärm der Gegenwart noch zu hören. Aber diese fliehen die 
Proponenten regelrecht, sie scheintn sogar Angst davor zu haben, vor 
diesem Ruf aus einer anderen Welt. Großartig die ganz kurze Szene, in 
der Mastroiani (dieser Gesichtsausdruck alleine wäre jeden Oscar wert) 
in der Kirche zurückschreckt, als Bach erklingt. Dieser eine kurze 
Gesichtsausdruck, diese eine Körperspannung aus Angst, Flucht und 
Betroffenheit, die Mastroiani hier zeigt, erzählt sogar den ganzen Film.
 Morgen Teil 2) Wahrheit und Prophetie der Kunst
- Fellini war ein Traditionalist weil er wahrhaftig war
 *040717* 
 
