Aber wir müssen es insofern zu verstehen suchen, als wir DIE KIRCHE erst begreifen können, wenn wir sie unter diesen Auspizien zu sehen versuchen. Als SOCIETAS PERFECTA ist sie nämlich KEINES dieser zeitlichen Abfolge-Reiche, sondern eine Dynamik des Heiligen Geistes, die ihr Material AUS dem Irdischen umfaßt, durchdringt und zur Gestalt bringt, die wir dann WELT heißen dürfen.
Materia - Mater. Der 1. Jänner ist deshalb der Gottesmutter Maria geweiht, die dieses bedingungslose JA der Erbsündelosen in die Welt ERSTMALS seit Eva WIEDER gebracht hat.
Analog der Ersten Schöpfung einige tausend Jahre zuvor, nur noch weiter gehoben: Durch die geschichtlich gewordene göttliche Erlösungstat.
Insofern ist also die Welt tatsächlich eine Menschenschöpfung. In diesem Satz der Aufklärung (bzw. eines Descartes und der auf ihn dann gegründeten positivistischen, materialistischen Naturwissenschaft) steckt also ein Funke Wahrheit. Aber es ist eine verkürzte Wahrheit, eine von der Gottfried Benn "Treppenschneiderei" sagen würde. Denn ihr fehlt das Entscheidende, das kein "Hinzukommendes" ist, als würde man dann das Ganze aus der Summe einer Addition nehmen können.
Wenn von Menschenschöpfung Welt die Rede sein kann dann aber nur, wenn man diesen Menschen als vom Geiste Gottes durchwirkt sehen kann. Sie stammt somit einerseits aus Gottes Ordnung, aber hat anderseits kein "irdisches Bild" als Vorbild. Sondern sucht ihre Dynamik, die eine Dynamik der Beziehung ist, so wie Gott in seiner Dreifaltigkeit eben eine solche personale Dynamik ist (die zugleich die ontologische Grammatik allen Seienden vorgibt: Alles was "isset" hat also diese dreifaltige Dynamik, allerdings in Analogie, also in jener Ähnlichkeit, wie sie jedes Werk hat, das seinen Schöpfer "wiedergibt".
Insofern hat die Menschenschöpfung Welt kein "von Gott vorgegebenes Konkretes." Sondern ist das analog der göttlichen Idee (mit seiner Kraft, also seiner Gnade errichtet bzw. nur damit zu errichten) geschaffene Weltbild ein nicht "so" von Gott "Gewolltes", sondern das Dahinter ist von Gott gewollt, aber die konkrete Gestalt ist der materia entnommen und aus ihr geformt - und insofern Menschending.
Ob wir nun Frankreich oder Irland, ob wir nun eine Familie oder einen Betrieb gründen wollen, ob wir nun Tauben züchten oder Pferde dressieren oder Tische bauen - das ist Gott auf eine Weise "gleichgültig". Das ist lediglich "Spielmaterial", und erfreut ihn nur, als DARIN sein Lob erklingt: WEIL in dem von uns Gemachten Seine Größe und Gnade und Geistigkeit blitzt und blinkt und jubelt und tanzt und singt. Gott will nur den Tanz sehen, den Gesang hören, und insofern segnet er alles, was der Gesegnet-sein-Wollende auch tut.
Der große Fehler, der im 12. Jahrhundert in diesem unseligen Investitur-Entscheid der Päpste grundgelegt worden ist, ist daß seither Kirche und Welt GETRENNT gesehen werden, mehr und mehr und unausbleiblich Staat, Regierung, Volk und Kirche als zwei Welten gesehen wurden, die beide FÜR SICH BESTEHEN sollen, und das sogar KÖNNTEN.
Das hat zum säkularen Staat geführt, wie wir ihn spätestens seit der Aufklärung haben, wie er sich aber seit Kaiser Friedrich II. mehr und mehr vorbereitet und dann in der Renaissance endgültig an "Kraft" gewonnen hat. Friedrichs Ringen mit dem Papst muß man ja genau so verstehen: Der Staufer hat noch einmal versucht, die beiden Reiche zusammenzuführen. Aber weil sich der Papst geweigert und gesperrt hat, man muß es so sagen, hat er sich immer mehr in eine heidnisch-rationalistische Richtung entwickelt. In der das Göttliche vom Kaisertum, das Himmlische vom Weltentum ausgegangen ist. Sodaß die Welt erstmals zum Paradies werden "konnte" - die Utopie war geboren.
Und ein Reichsverständnis, das sich (weil der Papst Schutz suchte, und dazu ein irdisches Bündnis brauchte) unter ganz eigentümlichen Bedingungen dann in Frankreich entwickelt hat. Aber dieses Frankreich, das sich als Gottes Reich verstand, ist ebenso wie das wiederum eigenen Entwicklungsgesetzen folgende Pendant, die Orthodoxe Kirche, eine andere Geschichte. In der aber dieselben Dynamiken wirken, und die ebenfalls auf diese unselige Trennung zurückgehen, die sich im Investiturstreit manifestiert hat.
Friedrich II. jedoch hat die Konsequenzen daraus erstmals entworfen, und sogar mit dem Gedanken gespielt, den nunmehr einzig möglichen Schluß zu verwirklichen zu suchen. Durch ein "von oben her Durchdringen des Weltlichen von der Kaiserlichen Göttlichkeit" aus sich selbst heraus, das also gar keinen Papst mehr benötigte.
Ein die christliche Aussage "leicht" umbiegender Inkarnationsgedanke, den er im Orient noch zu finden meinte. Wo der Kalif noch (auch hier übrigens: auf Volksvorstellungen und im Volk zu findenden natürlichen Neigungen fußend) noch das Absolute des Göttlichen hatte, eine reale Inkarnation Gottes war, also ein zweiter Jesus, sozusagen. Aber Friedrich war dann doch zu sehr Europäer, und er hat es dann nicht nur nicht unternommen, sondern eine Angst vor dem Kaiserlichen (weltlich Fürstlichen) aufgebaut, die die Kirche mehr und mehr zum Feind des Menschlichen gemacht hat.
Der Manichäismus des Protestantismus lag somit "auf dem Fensterbänkchen", und Johan Hus und dann Martin Luther (und alle seine Geistesbrüder in England, Frankreich, der Schweiz) haben es ihm nachgemacht. Welt war hier, Moral kam positivistisch dazu, als reine Angelegenheit des Willens. Zumalen die Welt ohnehin gefallen und damit wertlos war. Sie sehen, werter Leser, wie weitreichend die Dinge sich entfaltet haben.
In denen sich die Kirche dann zu einer wahren Unseligkeit entwickelt hat. Weil sie selbst ein irdisches Reich aufzurichten versucht hat, in der Herrschaft der Päpste als Weltliche Herrscher. Die Kirche wurde in der Kirche (sozusagen) zum "Reich das von dieser Welt stammt", eine Nachformung des weltlichen Reiches der Kaiser - anstatt umgekehrt, die Kaiserreiche und Fürstentümer zu Emanationen des Göttlichen Geistes wurden.
Alle geistigen VOR-Ideen und -Dynamiken der Kirche - Hierarchie, Gehorsam, Sakramentenordnung usw. usf. - wie sie die göttliche Ordnung ausmachen, in der die Ideen zwar unbedingt VORbilder und VORgebautheiten sind, in der sie aber nach dem irdischen Material streben (über die Engel), und dieses brauchen wie wollen. Ohne aber diese Irdischkeit ZWINGEN zu wollen, also von ihrem Spiel abhalten zu wollen.
Wo immer die Kirche also ein irdisches Reich gebaut hat und zu bauen versucht, muß sie sich an sich selbst und ihrer Gnadenaufgabe verfehlen. Nicht, daß der Papst, die Bischöfe und Priester plötzlich zu verschwinden haben, oder die Kirchenbauten und Pfarrorganisationen aufzulösen wären, wie Luther es mißverstanden hat (und darin so zufällig seine schlechte Gewissenslage austoben konnte). Aber diese reale kirchliche Ordnung ist ja bereits (und auch das ist so sträflich vergessen) die Durchdringung einer Ordnung, die noch aus den Resten des Römischen Reiches stammen, also eine irdische Ordnung waren.
Aber nicht in Stein gemeißelte Ewigkeiten! Sondern immer in der Natur des Menschen vorgegebenen Fingerzeig Gottes, der seine Dynamik realisiert sehen möchte, aber die Art und Weise, WIE sie realisiert dann aussieht, UNS MENSCHEN überläßt. Ja, der sich an dieser UNSERER GESTALTUNGSKRAFT erfreut, so richtig freut, weil sie seine eigene Schöpferkraft so wunderbar widerspiegelt.
Und das muß auch die Kirche sein. Sein, was sie ist. Und nicht, was ihre Repräsentanten als Menschen an Ideen "von außen" in sie hineintragen. Umgekehrt muß es ein, umgekehrt muß es verlaufen. Insofern haben die Priester an einem einzigen Amt teil: Dem des ordnenden Christus.
Und alles gewissermaßen Amtliche faßt sich ja in einem Priestertum zusammen, in dem Christi, und der Mensch kann DARAN TEILHABEN, nur dann und insoweit kann er auch Priester oder Heiliger Vater sein, der dann die ganze Gnaden- und Urteilskraft Christi innehat, SOWEIT er sie von dort nimmt, als Teilhabe; und die ist zu einem gewissen Teil DURCH DAS SAKRAMENT SELBST IRDISCH, und UNÜBERWINDLICH IRDISCH, weil INKARNIERTE, Welt gewordene und Welt bleibende GNADE.
Aber die Welt ist nicht unwichtig dazu, sie ist nicht "gefallenes Nichts", wie es Luther und alle Protestanten sahen und sehen. Sondern sehr wohl sucht die Gnade des Göttlichen DEN KAISER, DEN KÖNIG, den FÜRSTEN, den Vater, den Firmenchef, den Obmann des Vereins für geradegeschrumpelte Zehenbirnen.
Was sie nicht will und was sie nicht sucht ist, eine eigene Organisation aufzubauen, die für sich zu stehen vermag, weil sie sich nicht vom Irdischen abhängig (!) begreift. Nicht abhängig im Sinne der Gnade, aber abhängig im Sinne des Geistigen, das die Materia wesensnotwendig braucht, um Welt zu werden. Um damit zu inkarnieren.
Deshalb mußte Jesus einem Volk zugehören, dem Volk das Gott sich als erstes erwählt hatte, weil er ganz Mensch sein mußte. Als mußte er Jude, Zimmermann und Sohn und Synagogenbesucher und Reichsbürger sein. Denn das macht das Menschsein aus.
Aber das Reich Gottes ist nicht VON dieser Welt. Sondern es ist IN diese Welt gekommen, und es schwebt über den Wassern, und es sucht Materia, die JA zu ihm sagt. Um dann, in der Zeugung, die Idee und Materia in einem ehelichen Akt vollziehen, zur Welt zu werden. Die dann Gottes Lob ist, die dann von Morgen bis Abend jubelt und tanzt und spielt und erklingt, wie Maria endlich wieder erklang. Als Mutter der Welt, die im Namen der Menschen, die Guten Willens sind, singt
Gloria in Excelsis Deo!