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Mittwoch, 7. Dezember 2022

Die Ausweglosigkeit der Frau (2)

Doch eines Tages geschieht etwas Ungeplantes. Der Kampf gegen die Strafe aus der Erbsünde beginnt, und er kennt nur einen Ausgang - Doch eines Tages verspätet sich der "Freier vom Tag". Sie weiß auch nicht, ober er überhaupt noch kommt, und da wird ihr ihre Existenz bewußt, denn sie ist von dessen Geld abhängig, muß deshalb für ihn bereit bleiben. 

Erst weiß Jeanne, die Protagonistin (und meist ist nur sie im Bild, und man sieht sie ungewöhlnich gerne, ein wunderbares Filmgesicht, also mit einer Eigenschaft, die keine Eigenschaftsbeschreibung jemals erfassen kann, das man sehen und erkennen muß, und aus) nicht, was los ist. Also beginnt sie nachzudenken, und in der Zeit tut sie alle smögliche, das sie sonst nicht tut, um die Zeit zu nützen.

Eine Zeit, die ihr "zufällt" gewissermaßen, der sie nun erstmals direkt gegenübersteht, weil sie ihr Leben sonst nicht enthält, wie sie sich aneignen könnte, aber das schafft sie nicht. 

Sie weiß sie nicht mit Eigenem zu füllen und damit zu ihrer Zeit zu machen. Sie findet nur weitere "Tätigkeit, die die Frau so macht", wie putzen (und sie ist sehr ordentlich und reinlich, wie eine Frau eben "ist".) In der Zeit kommt auch ein Paket ihrer Schwester aus Kanada, das zu ihrem großen Erstaunen eine Art Nachthemd, rosenrot und fraulich, enthält. Wie die Frau es eben trägt. 

In dem Moment läutet es an der Tür. Es ist der Freier. Und weil sie dasGeld ja zum Leben braucht, macht sie, was sie immer tut - sie stellt sich ihm zur Verfügung. Als der kräftige (und gar nicht häßliche) Mann aber über ihr einschläft, vielleicht hat er zu viel getrunken, versucht sie sich zu befreien. Und während sie gegen den massigen Körper zu entwinden sucht, mit dem sie offenbar noch über ihren Unterleib verbunden ist, überkommt sie ein heftiger Orgasmus.
Diesen erlebt sie als die größte Demütigung überhaupt. Selbst dort, wo es heißot, daß "Erfüllung" läge, ist sie vom Mann bestimmbar, nicht einmal dieser Moment gehört ihr. DEr Penis ist das Schwert, das ihr Gewalt zufügt. Selbst dieser Moment ist einer der Gewalt.
Dies alles löst in ihr eine Erkenntnis aus, die ihre Existenz offenbar erschüttert. Sie erkennt, wie sehr ihr Leben, ja ihre ganze Natur, vom Mann abhängig ist. Wie sehr alles an ihr, ihre ganze Lebenserfüllung auf den Mann ausgerichtet ist. Was nun geschieht, muß man deshalb als ultimativen Kampf gegen ihre eigenen Natur auffassen. Sie macht sich denn doch frei, steht auf, geht zur Spiegelkommode, ergreift eine Schere (die über eine lange Stationenfolge von kleinsten, jeweils logischen Handlungen dorthin gelangt ist), und ersticht ihn mit der Schere.

Der Film endet in einer fünf, sieben-, achminütigen Einstellung, in der man nur Jeanne sieht, die am Tisch sieht und nachdenkt. Im Licht sieht man wie jeden Tag zu diesen Stunden das Spiel der Leuchtreklame der Nachbarhäuser, hört die Sirenen, die Geräusche vom Stiegenhaus, den Lärm der Stadt. 

Der Film "Jeanne Dielman, 23, Quai du Commerce, 1080 Brüssel" gibt bemerkenswert genau die Anfang bis Mitte der 1970er Jahre einsetzende Stimmung wieder. Als die Frauen begonnen haben, sich ein Leben außerhalb der Ordnung des Lebens selbst zu ersehnen, weil sie ihre eigene Natur als unerträglich zu sehen begonnen haben.

Was diese alternative Lebensordnung sein soll? Das weiß niemand. Denn dieses Ausbrechen aus der Realität, das im Chaos endet und nur Chaos bringt, wird von keiner Alternative aufgefangen, in die die Fraue flüchten könnte. So bleibt es bei einer Rebellion gegen etwas, das nur als "die Natur der Frau" bezeichnet werden könnte. 
Wenn dem menschlichen Leben aber - egal ob Mann, ob Frau - die Transzendenz fehlt, wenn er alles Glück von dieser Erde selbst erwartet, erweist sich die Welt tatsächlich als Gefängnis. 
Der Ausweg daraus ist aber nicht, eine "andere Welt in dieser Welt" zu wollen, eine Utopie, der eine Flucht, ei totaler Regelbruch vorausgeht. Diese schöne neue Welt in der Welt gibt es nämlich nicht, und das zu erkennen ist keine Resignation als Ausfluß der Tragik, mit der man halt zu leben hat! Der einzige Ausweg, in dem man Neues, tatsächlihc Naues in die Welt HERINHOLEN kann, ist das Leben auf Transzendenz einzurichten, das heißt VON GOTT ZU ERWARTEN. 
Und das bedeutet, das Paradoxon zu wagen: Das Leben durch das hingebende Sterben hereinzulassen. Das immer ein Geschenk ist, und von keinem Menshen und keiner Gesellschafts- oder Geschlechterordnung der Welt selbst augepreßt werden kann. Dann wird es erst wirlich tragisch. Weil die Flucht vor dieser Hingabe, der Ausweg aus dem Gehorsam, wenn man so will, ein noch größeres, unbarmherzigeres, gnadenloseres Gefänsnis, ja die Hölle auf Erden ist. 
Was deshalb von den Feministen der 1970er Jahre (im Nachklang an die Revluitonen der 68er), die genau diesen welt-immanenten Weg reklamiert, behauptet und gefordert haben (und schrecklich gescheiter sind, ihren Spuren folgt nur Chaos, Elend und millionenfaches, nein- weltumspannendes Leid) und eine Kriegserklärung an die Natur der Frau war, war nur eine eigentümliche Ästhetisierunng, eine Form von Suhlen im Selbstmitleid, das aber zu keinem Ausweg aus dem Unglück geführt hat. Sondern es viel  tiefer, ausweg- und hoffnungsloser gemacht hat. 
Aber noch einen Aspekt muß man anführen. Die Rebellion, die Jeanne hier pars pro toto für die ganze Reihe der Generationen von Frauen in unserer Kultur erlebt, ist eine Rebellion gegen die Frau NACH DER ERBSÜNDE. 
Das heißt, es ist eine Rebellion gegen die Strafe Gottes, die für sie noch dazu alternativlos bleibt - es gibt kein leben außerhalb dieser Verfaßtheit! Sie ist dem Manne untertan, er herrscht über sie, und sie ist doch an ihn gebunden, und da führt kein Weg heraus. Es sei denn, sie tötet ihn. 
Aber die Welt der Frau ist für diese Welt scheinbar bedeutungslos, ergossen in scheinbar belanglose Details um Rezepte oder die Farbe von Knöpfen fürs Jacket. Ihr ganzes Leben ist mit Dingen ausgefüllt, die nur Bedeutung durch den Mann haben. Dem sie die Gewohnheiten und Alltäglichkeiten biet4et, in denen er rekreiert und - durch sie - seine einfachsten Bedürfnisse befriedigt bekommt. Auf daß er wieder in die Welt gehen kann. 
Eine Welt, in der sie aber nicht stattfindet. Eine "Welt der Frau", in der nicht eimal der vordere Teil der Zeitung für sie von Belang ist, nur die Inserate.
Nachsatz: Ich kann mir vorstellen, daß es aus rechtlichen Gründen nicht möglich ist, den Film anders ins Netz zu stellen, als daß jemand jede Minute in einem eingeblendetn Kelinbild kommentiert, wie es hier der Fall ist. Bitte, werter Leser, ignorieren Sie das, das geht so halbwegs, denn was der Typ daherquatscht ist mamchmal unerträglich und dumm.



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Erstellung 05. Dezember 2022 - Ein Beitrag zur