Dann, wenn wir verzweifelt nach Ideen suchen, gerade dann, schreibt Bremond, ist uns die Idee so nahe wie nie zuvor. Denn das, was eine Inspiration ausmacht, ist nicht, Einfälle zu haben.
Vielmehr ist es die Überfülle an Ideen, an der wir leiden. Wir erfahren in solchen Phasen die Qualen einer Fruchtbarkeit, die nicht ans Tageslicht kommen kann. Unsere tiefe Not selbst zeigt es an; wirklich arm, würden wir unser Elend gar nicht erkennen. "Dieser heiter lächelnde Mann da auf der Straße, er weiß nicht, daß er nichts denkt." "Niemals mehr auf der Suche und bei der Sache, als wenn wir uns über unsere Erstarrung beklagen."
Und dann ist er da, der Blitz, der leuchtende Ordnungsgedanke - und man müßte sofort reagieren, sofort danach handeln ... Aber wieviel wird solcherart vergeudet. "Die Tagebücher der Schriftsteller," schreibt Bremond, "sind voll von solchen profanen mystischen Erlebnissen, die ungenützt bleiben."
Weil die echten Mystiker weiser sind, wissen nur sie um die Köstlichkeit dieser Momente, in denen sich die Milch der Weltennahrung, der Schau Gottes ergießt - und bewahren sie auf ganz andere Weise, als es der stets gehetzte Dichter tut.
***
Die Inspiration läßt uns gleich arm oder reich zurück, wie sie uns vorfand. "Wir wissen um nichts mehr, aber wir haben das Gefühl, zu verstehen, zu besitzen, zu berühren, was wir bis dahin kaum kannten." Die Inspiration ist mehr als eine bloße Idee, sie ist die Wirklichkeit, die uns diese Idee zeigte und entzog.
Bremond illustriert, was er meint: Unter dem Fenster zieht ein Regiment Soldaten vorbei, mit Tschindarassa und im Gleichschritt. Im selben Augenblick wird in mir alles wach, was an Patriotismus vorhanden ist: Ich kenne die symbolische Bedeutung der Fahne, alle Ideen von Vaterland und Heimat werden wach. Und diese Gedanken, die sonst einfach da sind, sie werden nun befeuert, und bringen mich in Wallung. Wenn es nötig wäre, würde ich ihnen folgen, wohin sie wollten - es entsteht etwas wie Kampfstimmung.
Eine plötzliche Umwandlung, von der er sicher ist, daß meine Vernunft an ihr keinerlei Anteil hat.
Stände ich im übrigen solchen Eindrücken gefühllos gegenüber, so würde keine Dialektik der Welt bewirken, daß ich begeistert würde. Gewiß würde ich die Notwendigkeit der Begeisterung begreifen, ihre Funktion. Aber ich wäre nicht begeistert. Was ist geschehen? Meine tote Erkenntnis von früher wurde inspiriert. Es ist etwas in Erscheinung getreten, das nicht in der bloßen Idee bestand, oder sich auf der Ebene ihrer Natur bewegte. Sondern das in der Art bestand, dem Modus, wie sie sich bilden, und dem Eindruck, den sie auf meinen Geist machen.
Aus einer bloßen Idee, die sich in nichts in ihrem nominellen Gehalt geändert hat, ist eine Kraft, ein lebendiges Wesen geworden, das mich bedrängt, packt, besitzt. Dieses Ereignis läßt und etwas realisieren (s. u. a. Newman), das sich längst in unserer Verfügung befand. Je reicher wir also sind - desto reicher werden wir, in dieser Realisation.
Die größte Inspiration wird mich aber zu keinem Helden machen, wenn es mir am Mut gebricht! Die Inspiration verwandelt mich für einen Augenblick, aber sie gibt uns weder das Genie noch die Tugend. Sie - das ist allerdings viel - löst lediglich aus, reizt zur Tat. Diese Tat, der folgende Ablauf aber darf nicht mit der eigentlichen Inspiration verwechselt werden. Der Funke ist Aussaat, müßige Entspannung, aber nicht Blüte.
Die Inspiration ist deshalb keine Prämie für die Faulen, die nur darauf waren, bewegt zu werden. Sie bereichert nur den Reichen (Bremond). Sie ist auch keine Technik, die dem Uninspirierten dieselben Wege eröffnet, wie dem Inspirierten - sie bleibt immer Gnade und ist dem Außenstehenden nie methodisch zugängig. Hier geben die Mystik und die Poesie psychologisch analoge Vorgänge zu beobachten.
Aus einer bloßen Idee, die sich in nichts in ihrem nominellen Gehalt geändert hat, ist eine Kraft, ein lebendiges Wesen geworden, das mich bedrängt, packt, besitzt. Dieses Ereignis läßt und etwas realisieren (s. u. a. Newman), das sich längst in unserer Verfügung befand. Je reicher wir also sind - desto reicher werden wir, in dieser Realisation.
Die größte Inspiration wird mich aber zu keinem Helden machen, wenn es mir am Mut gebricht! Die Inspiration verwandelt mich für einen Augenblick, aber sie gibt uns weder das Genie noch die Tugend. Sie - das ist allerdings viel - löst lediglich aus, reizt zur Tat. Diese Tat, der folgende Ablauf aber darf nicht mit der eigentlichen Inspiration verwechselt werden. Der Funke ist Aussaat, müßige Entspannung, aber nicht Blüte.
Die Inspiration ist deshalb keine Prämie für die Faulen, die nur darauf waren, bewegt zu werden. Sie bereichert nur den Reichen (Bremond). Sie ist auch keine Technik, die dem Uninspirierten dieselben Wege eröffnet, wie dem Inspirierten - sie bleibt immer Gnade und ist dem Außenstehenden nie methodisch zugängig. Hier geben die Mystik und die Poesie psychologisch analoge Vorgänge zu beobachten.
*131010*