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Freitag, 22. Februar 2013

Aufklärung tut not

Aufklärung kann heute nicht mehr heißen,Befreiung der Vernunft aus ihren Täuschungen, sondern Befreiung von der Täuschung, welche die Vernunft selbst ist. 

Und Vernunft als solche wäre dann Täuschung, wenn sie nur vorgeben könnte, aus sich auf ein Ganzes von Einsicht orientiert zu sein und dann auch durch sich aus dem Inbegriff von Täuschung befreit sein zu können."

(Dieter Henrich)


Es gibt sie nicht, die weltimmanente "objektive" Vernunft. Sie ist aus dem Ganzen eines Menschen, aus seiner Subjektivität, aus dem Antwortsein auf die Begegnung mit der Welt, nicht herauszulösen. Und sie ist damit nicht von der Grundhaltung eines Menschen zu trennen. Es gibt also keine Vernunft außerhalb der Wahrheit, die personal ist. Entscheidung zur Vernunft kann als nur eine personale Entscheidung sein. Nicht das ist gefährlich, sondern gefährlich ist zu meinen, es gäbe eine nicht-personale Wahrheit einer technischen, maschinellen Objektivität, die vom Personalen zu trennen sein könnte, die keine personale Qualität hat. Es gäbe Information, die nicht eingeordnet wäre in eine Gesamtsicht und -haltung zu Welt und Wirklichkeit. Die nicht auf philosophischen und noch zuvor religiösen Vorentscheidungen beruhte. Solche Informationsverarbeitung wäre leeres, sinnloses Formalspiel, wäre es überhaupt möglich. Denn schon die Entscheidung, was überhaupt Information IST, ist nur von einer Gesamtsicht her möglich.

Vernunft ist nur Werkzeug, sie bedarf eines vorgängigen „Ganzen“, auf das sie sich richtet, mehr noch: von dem und an dem sie selbst ausgerichtet wird. Der biblische Gott wird so zum befruchtenden Wider-Stand der Vernunft.

Christentum wird als Unruhe in der diesseitigen, immer gleichförmiger, immer antwortloser werdenden Kultur verstanden. Denn die Vertröstung auf das Diesseits wirkt nicht mehr; seine Schalheit ist zu offenkundig. Die allenthalben wuchernde Religiosität, [...] und die neuerdings dagegen auftretende, sich „naturwissenschaftlich“ gebende Religionskritik greifen ineinander wie Räder eines leerlaufenden Zahnrads. Dass es eine 3 500 Jahre erprobte Überlieferung gibt (Altes und Neues Testament zusammen gesehen), die gegen die Götzen (der Selbstanbetung, der Dämonie im Menschlichen, der „Naturmächte“) einen wirklichen und wirksamen Gott stellt, scheint heute eine neue Botschaft zu werden.

(Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz)