Der polnische Kardinal Dziwisz, ehemaliger Privatsekretär von Johannes Paul II., hat den Rücktritt von Benedict XVI. kritisiert. Man steige nicht vom Kreuz, meinte er. So, wie es Karol Woityla so vorbildlich gemacht habe.
Es verwundert nicht, daß Dziwisz so reagiert. Denn er spürt ganz sicher, daß genau das der wunde Punkt ist, der das ganze Pontifikat des unter großem Druck von außen subito seliggesprochenen Vorgängers von Joseph Ratzinger zu einem tönernen Koloß macht. Und es steht selbst für eine ganze theologische Richtung. Die die Kirche seit Jahrzehnten, ja wohl von einem überinterpretierten 1. Vatikanischen Konzil an, gefährlich entstellt und unsichtbar macht. Das in seiner abstrakt gesehen richtigen, in seiner (v. a. durch die zunehmende Rolle der Medien) praktischen Auswirkung aber überbetonten Haltung der jeweiligen Person des Papstes gegenüber Wurzelgrund einer Theologie wurde, mit deren negativen Auswirkungen wir im Grunde heute einen Kampf auf Leben und Tod führen.
Das reicht von der popstarähnlichen Verehrung, die Johannes Paul II. durch seine Weltjugendtage sogar institutionalisierte, bis hinein in die alltägliche Wirklichkeit in den Pfarren. Und wer so wie der Verfasser dieser Zeilen der Auffassung ist, daß der Mensch in der Religion ansetzt, könnte sogar zur Meinung kommen, daß die katastrophale Gesamtentwicklung unserer Kultur zumindest auch darin ihre Wurzeln hat.
Es geht um genau das, was man Dziwisz streng genommen als häretisch, zumindest der Tendenz nach, zuschreiben muß: Um den In-eins-Fall von Amt und Person, um den (gewissermaßen: aristotelischen) Materialismus, wo die physische Wirklichkeit "alles" ist, und sich deshalb auch das Amt darin erschöpft.* Es geht um genau das, was Luther dazu bewog, am persönlichen Vertreter des Papstamtes zu verzweifeln, und weil das Denken dem Sein folgt das Amt einfach zu virtualisieren (um es in zeitgemäßen Termini auszdrücken). Es geht sogar um genau das, was das Problem von Gemeinschaften wie der Priestergemeinschaft Pius X. wurde, die aus Treue zum Papst (welchem?) dem (konkreten) Papst ungehorsam wurde. Es geht um das Verhältnis von Amt und Person. Und damit geht es um eine metaphysische Frage, die um des Verhältnisses von Form und Inhalt. Aber es geht in Folge sogar um mehr: es geht um das Verhältnis von Gnade und Natur. Und es sprechen viele Indizien dafür, daß die Sichtweise genau dieses Verhältnisses mittlerweile schwere Schlagseite erhalten hat. Die Zusammenhänge sind evident.
Versteht man die Kirche wie sie sich selbst versteht, als societas perfectas, als jenes Gesamtbild, das der Idealität der Gedanken Gottes und damit dem Schöpfungsplan (innerhalb seiner Vorsehung) entspricht, so bedeutet jeder Stand, jede Position, jedes Amt, das dem Menschen zugesprochen wird, ein Idealbild, dem er sich zu öffnen, das er in aller Historizität möglichst (also: gehorsam) darzustellen hat. Jeder Amtsträger wird also in einen bestimmten Wirklichkeitskreis hineingestellt, der ihm als Anspruch vorangeht, dem er nachzufolgen hat. Vereinfacht: als Kreuz, das jeder zu tragen hat.
Nur in einem Punkt gibt es eine Ausnahme, dem der Sakramentalität. Nur hier, und nur im Rahmen der engsten Darstellung (als: Seiendes), findet sich göttliche Idealwelt und menschlich faktische Welt untrennbar in eins gestellt. Durch die Liturgie in der Hl. Eucharistie, der Krankensalbung, oder in den Standessakramenten, der Priesterweihe, der Ehe, der Taufe und Firmung als Grundsakrament des Menschlichen selbst. Jeweils nur so, insofern die materialen Voraussetzungen gegeben sind. Das heißt auch für den Priester bei der Wandlung, daß er als Mensch "irgendwie" wollen muß, was die Kirche will, wie bei der Ehe, die die Willensentscheidung und -freiheit verlangt, anders sind vollbewußte Handlungen "als" Sakrament nicht möglich - eben, weil sie auch das Irdische mit hineinnehmen, den Himmel auf Erden verkörpern.
Kein Sakrament ist die Papstwürde. Der Papst ist im Grunde Priester, Bischof, als solcher Träger der voll ausgebildeten priesterlichen Gewalt. Die Binde- und Lösegewalt selbst, die mit dem Papstamt einhergeht und an der sämtliche Weiheträger teilhaben, ist aber kein Sakrament. Sie ist der Kirche übertragen, und sie spricht sie jemandem zu - dem gewählten Papst eben. Insofern ist diese Gewalt, das eigentliche Merkmal des Papstamtes, mit der die Verheißung der Unfehlbarkeit (bei Lehrentscheidungen im strengsten Sinn) einhergeht, von der Kirche verwaltbar, und verwaltet. Der Papst wird eben gewählt. Und selbst während der Zeit der Sedisvakanz, wie zwischen dem Tod des einen, der Wahl des nächsten Papstes, ist es ein zu erfüllender Anspruch, ist in seinem geistigen Wesen nicht "tot" oder verschwunden, sondern (sehr bildlich dargestellt) schwebt als Anspruch über der Kirche, bis sie einen Träger findet, von Menschen bezeichnet, auf dem sie sich niederläßt, der sie im Gehorsam ergreift.
Deshalb kann ein Papst sie auch wieder zurücklegen. Wie und warum auch immer, freiwillig oder unfreiwillig. Und die Kirchengeschichte hat zahlreiche Beispiele dafür, man blicke nur auf die Wirren der Spätantike oder des Mittelalters, als sich so vieles - auch und gerade in Fragen des Verhältnisses Amt und Person - noch abklären mußte.
Der jeweils gewählte Papst als Mensch hat also einen Anspruch zu erfüllen, der nicht sakramental an SEINE Person, aber abstrakt an EINE Person gebunden ist. Jene Person, die der Heilige Geist sich erwählt hat, der die Kardinäle inspiriert. Und: Gott schreibt bekanntlich auch auf krummen Zeilen gerade. Mit seinem ganzen Menschsein hat er also dafür zu sorgen, daß er diese hohe Würde darstellt, und erfüllt, was er in dieser Aufgabe, in diesem Amt zu tun hat. Entspricht er - persönlich! - dieser Würde nicht oder schlecht, und die Kirchengeschichte hat leider einige solcher Beispiele, dann erfüllt er dieses Amt nicht oder schlecht. Ist er krank, siech, körperlich bresthaft und unfähig, die aus dieser Gewalt erwachsenden Pflichten zu erfüllen, ist auch die Entfaltung dieser ihm übertragenen Gewalt beeinträchtigt.
Insofern ist die Heiligkeit eines Menschen daran zu bemessen, wieweit er für dieses jeweilige Amt (wie verflochten und komplex diese Ämter auch sind, sodaß oft enorme menschliche Klugheit gefragt ist) durchsichtig war. Wieweit er sein persönlich-faktisches Leben in den Dienst dieses Anspruchs gestellt hat. Als Papst heißt das: die Kirche zu leiten, die Brüder im Amt zu ermahnen oder zu ermutigen, zu binden und zu lösen. Deshalb können Päpste sehr real in diesem Punkt auch fehlen. Nicht in ihren letzthinnigen Lehrentscheidungen, aber in ihrer praktischen Arbeit. Auch hier ist die Kirchengeschichte trauriges Beispiel dafür, wie weit das gehen kann.
Genauso aber hat sich ein Papst sehr wohl zu fragen, ob er (oder: ob er noch) in der Lage ist, diesen sehr reale Ansprüchen zu genügen. Sei es, weil er krank, sei es, weil er aus einem anderen Grund sehr real und sehr praktisch untauglich ist. Darauf zu hoffen - machen wir ein konkretes Beispiel daraus - mangelndes Verhandlungsgeschick, fehlende Kraft um Widerständen in den Weg zu treten, würde durch das Wirken des heiligen Geistes schon ausgeglichen, ist Vermessenheit, ist, schlicht und einfach, spekulieren mit einem Wunder. Denn die Gnade setzt die Natur voraus, die Schöpfung selbst zeichnet, wenn auch in gebrochenem Licht, den Wirkwillen Gottes vor.
Das reicht von der popstarähnlichen Verehrung, die Johannes Paul II. durch seine Weltjugendtage sogar institutionalisierte, bis hinein in die alltägliche Wirklichkeit in den Pfarren. Und wer so wie der Verfasser dieser Zeilen der Auffassung ist, daß der Mensch in der Religion ansetzt, könnte sogar zur Meinung kommen, daß die katastrophale Gesamtentwicklung unserer Kultur zumindest auch darin ihre Wurzeln hat.
Es geht um genau das, was man Dziwisz streng genommen als häretisch, zumindest der Tendenz nach, zuschreiben muß: Um den In-eins-Fall von Amt und Person, um den (gewissermaßen: aristotelischen) Materialismus, wo die physische Wirklichkeit "alles" ist, und sich deshalb auch das Amt darin erschöpft.* Es geht um genau das, was Luther dazu bewog, am persönlichen Vertreter des Papstamtes zu verzweifeln, und weil das Denken dem Sein folgt das Amt einfach zu virtualisieren (um es in zeitgemäßen Termini auszdrücken). Es geht sogar um genau das, was das Problem von Gemeinschaften wie der Priestergemeinschaft Pius X. wurde, die aus Treue zum Papst (welchem?) dem (konkreten) Papst ungehorsam wurde. Es geht um das Verhältnis von Amt und Person. Und damit geht es um eine metaphysische Frage, die um des Verhältnisses von Form und Inhalt. Aber es geht in Folge sogar um mehr: es geht um das Verhältnis von Gnade und Natur. Und es sprechen viele Indizien dafür, daß die Sichtweise genau dieses Verhältnisses mittlerweile schwere Schlagseite erhalten hat. Die Zusammenhänge sind evident.
Versteht man die Kirche wie sie sich selbst versteht, als societas perfectas, als jenes Gesamtbild, das der Idealität der Gedanken Gottes und damit dem Schöpfungsplan (innerhalb seiner Vorsehung) entspricht, so bedeutet jeder Stand, jede Position, jedes Amt, das dem Menschen zugesprochen wird, ein Idealbild, dem er sich zu öffnen, das er in aller Historizität möglichst (also: gehorsam) darzustellen hat. Jeder Amtsträger wird also in einen bestimmten Wirklichkeitskreis hineingestellt, der ihm als Anspruch vorangeht, dem er nachzufolgen hat. Vereinfacht: als Kreuz, das jeder zu tragen hat.
Nur in einem Punkt gibt es eine Ausnahme, dem der Sakramentalität. Nur hier, und nur im Rahmen der engsten Darstellung (als: Seiendes), findet sich göttliche Idealwelt und menschlich faktische Welt untrennbar in eins gestellt. Durch die Liturgie in der Hl. Eucharistie, der Krankensalbung, oder in den Standessakramenten, der Priesterweihe, der Ehe, der Taufe und Firmung als Grundsakrament des Menschlichen selbst. Jeweils nur so, insofern die materialen Voraussetzungen gegeben sind. Das heißt auch für den Priester bei der Wandlung, daß er als Mensch "irgendwie" wollen muß, was die Kirche will, wie bei der Ehe, die die Willensentscheidung und -freiheit verlangt, anders sind vollbewußte Handlungen "als" Sakrament nicht möglich - eben, weil sie auch das Irdische mit hineinnehmen, den Himmel auf Erden verkörpern.
Kein Sakrament ist die Papstwürde. Der Papst ist im Grunde Priester, Bischof, als solcher Träger der voll ausgebildeten priesterlichen Gewalt. Die Binde- und Lösegewalt selbst, die mit dem Papstamt einhergeht und an der sämtliche Weiheträger teilhaben, ist aber kein Sakrament. Sie ist der Kirche übertragen, und sie spricht sie jemandem zu - dem gewählten Papst eben. Insofern ist diese Gewalt, das eigentliche Merkmal des Papstamtes, mit der die Verheißung der Unfehlbarkeit (bei Lehrentscheidungen im strengsten Sinn) einhergeht, von der Kirche verwaltbar, und verwaltet. Der Papst wird eben gewählt. Und selbst während der Zeit der Sedisvakanz, wie zwischen dem Tod des einen, der Wahl des nächsten Papstes, ist es ein zu erfüllender Anspruch, ist in seinem geistigen Wesen nicht "tot" oder verschwunden, sondern (sehr bildlich dargestellt) schwebt als Anspruch über der Kirche, bis sie einen Träger findet, von Menschen bezeichnet, auf dem sie sich niederläßt, der sie im Gehorsam ergreift.
Deshalb kann ein Papst sie auch wieder zurücklegen. Wie und warum auch immer, freiwillig oder unfreiwillig. Und die Kirchengeschichte hat zahlreiche Beispiele dafür, man blicke nur auf die Wirren der Spätantike oder des Mittelalters, als sich so vieles - auch und gerade in Fragen des Verhältnisses Amt und Person - noch abklären mußte.
Der jeweils gewählte Papst als Mensch hat also einen Anspruch zu erfüllen, der nicht sakramental an SEINE Person, aber abstrakt an EINE Person gebunden ist. Jene Person, die der Heilige Geist sich erwählt hat, der die Kardinäle inspiriert. Und: Gott schreibt bekanntlich auch auf krummen Zeilen gerade. Mit seinem ganzen Menschsein hat er also dafür zu sorgen, daß er diese hohe Würde darstellt, und erfüllt, was er in dieser Aufgabe, in diesem Amt zu tun hat. Entspricht er - persönlich! - dieser Würde nicht oder schlecht, und die Kirchengeschichte hat leider einige solcher Beispiele, dann erfüllt er dieses Amt nicht oder schlecht. Ist er krank, siech, körperlich bresthaft und unfähig, die aus dieser Gewalt erwachsenden Pflichten zu erfüllen, ist auch die Entfaltung dieser ihm übertragenen Gewalt beeinträchtigt.
Insofern ist die Heiligkeit eines Menschen daran zu bemessen, wieweit er für dieses jeweilige Amt (wie verflochten und komplex diese Ämter auch sind, sodaß oft enorme menschliche Klugheit gefragt ist) durchsichtig war. Wieweit er sein persönlich-faktisches Leben in den Dienst dieses Anspruchs gestellt hat. Als Papst heißt das: die Kirche zu leiten, die Brüder im Amt zu ermahnen oder zu ermutigen, zu binden und zu lösen. Deshalb können Päpste sehr real in diesem Punkt auch fehlen. Nicht in ihren letzthinnigen Lehrentscheidungen, aber in ihrer praktischen Arbeit. Auch hier ist die Kirchengeschichte trauriges Beispiel dafür, wie weit das gehen kann.
Genauso aber hat sich ein Papst sehr wohl zu fragen, ob er (oder: ob er noch) in der Lage ist, diesen sehr reale Ansprüchen zu genügen. Sei es, weil er krank, sei es, weil er aus einem anderen Grund sehr real und sehr praktisch untauglich ist. Darauf zu hoffen - machen wir ein konkretes Beispiel daraus - mangelndes Verhandlungsgeschick, fehlende Kraft um Widerständen in den Weg zu treten, würde durch das Wirken des heiligen Geistes schon ausgeglichen, ist Vermessenheit, ist, schlicht und einfach, spekulieren mit einem Wunder. Denn die Gnade setzt die Natur voraus, die Schöpfung selbst zeichnet, wenn auch in gebrochenem Licht, den Wirkwillen Gottes vor.
Karol Woityla wurde in Rekordtempo seliggesprochen. Es steht dem Verfasser dieser Zeilen nicht zu, darüber letztlich zu urteilen. Aber er kann sehr wohl eine Position dazu vertreten, und in dieser weiß er sich beileibe nicht allein. er sieht es als evident an, daß hier klare kirchen-, ja nationalkirchenpolitische Interessen im Vordergrund standen, und hält vor allem die Schnelligkeit in der das geschah für nicht klug. Denn mit dieser Seligsprechung ist natürlich eine gewisse Sanktifizierung eines gewissen kirchenpolitischen Geschehens verbunden. Nicht so sehr theologisch, als rein praktisch, faktisch. Aber wenn Papst Benedikt XVI. in "Salz der Erde" sagt, daß er bei physischer Unfähigkeit, das Amt auszuüben, zurücktreten würde, so kann der Verfasser dieser Zeilen nicht anders als dies in Zusammenhang mit ... seinen Vorgängern, oder gar nur: seinem direkten Vorgänger zu sehen.
Denn Johannes Paul II. war in Wahrheit zehn Jahre und mehr gar nicht mehr in der Lage, sein Amt auszuüben. Er war ein todkranker Mann. Der Verfasser dieser Zeilen war schon 1993 schockierter Zeuge, wie ein kaum noch des Gehens fähiger Mann von Sicherheitsbeamten durch den Petersdom regelrecht geschleift wurde. Und das in einer Zeit, in der sich, wie sich erst in den letzten Jahren herausstellte, sehr sehr reale udn brandgefährliche Probleme in der Kirche aufgestaut hatten, die in einem wahren Knall - Stichwort: Mißbrauchsaffairen - sein nachfolger auszubaden hatte. Man stelle sich nur vor, wie ein agiler, tatkräftiger Mann voll des guten Willens und voller Mut hier schon frühzeitig viel hätte verhindern können!
Machen wir es kurz: Karol Woityla hat vielleicht mehr an sich selbst als am Amt gelitten. Sein ganz subjektives, faktisches Menschsein wurde nämlich in eins gesetzt mit dem Papstsein. Aber dieses liegt als Gnade, als Einbruch des Himmels, wie ein zweiter Körper auf dem bloßen Menschen. Und seine Aufgabe ist, diesen zweiten Körper sichtbar zu machen. Sein persönliches Leiden, seine Krankheit, tut da nichts zur Sache.
Das alles ist auch keineswegs überraschend. Karol Wojtyla hat wie in allen seinen Schriften nachzuvollziehen und in seinen Taten zu sehen war, eine kirchenpolitsche bzw. "pastorale" Linie vertreten, die für höchst bedenklich zu halten der Verfasser dieser Zeilen nicht verschweigt. Seine Amtszeit, sein Handeln stand genau in dieser Linie, die einleitend erwähnt wurde.
Und es ist eine Linie, die der Kirche heute regelrecht das Genick bricht. Weil es längst auch im Volk angekommen ist. Das landauf landab zwischen Amt und Träger, zwischen Kirche und faktischem Zustand, nicht mehr zu trennen vermag. Da wird das Grinsen des Priesters zur "erfahrbaren Liebe Gottes", und das Händeschütteln vor der Kommunion zum allseitigen Liebesakt erklärt. Die Liturgie ist nahezu verschwunden, beschränkt sich auf pausenloses Gerede, das oft den Eindruck einer Suggestion annimmt, sich das, was nicht passiert, doch wenigstens als geschehen - und wirkend - vorzustellen, und seine Wirkungen zu simulieren. Oder per Gruppentherapie "erfahrbar" (was?) zu machen.
Denn Johannes Paul II. war in Wahrheit zehn Jahre und mehr gar nicht mehr in der Lage, sein Amt auszuüben. Er war ein todkranker Mann. Der Verfasser dieser Zeilen war schon 1993 schockierter Zeuge, wie ein kaum noch des Gehens fähiger Mann von Sicherheitsbeamten durch den Petersdom regelrecht geschleift wurde. Und das in einer Zeit, in der sich, wie sich erst in den letzten Jahren herausstellte, sehr sehr reale udn brandgefährliche Probleme in der Kirche aufgestaut hatten, die in einem wahren Knall - Stichwort: Mißbrauchsaffairen - sein nachfolger auszubaden hatte. Man stelle sich nur vor, wie ein agiler, tatkräftiger Mann voll des guten Willens und voller Mut hier schon frühzeitig viel hätte verhindern können!
Machen wir es kurz: Karol Woityla hat vielleicht mehr an sich selbst als am Amt gelitten. Sein ganz subjektives, faktisches Menschsein wurde nämlich in eins gesetzt mit dem Papstsein. Aber dieses liegt als Gnade, als Einbruch des Himmels, wie ein zweiter Körper auf dem bloßen Menschen. Und seine Aufgabe ist, diesen zweiten Körper sichtbar zu machen. Sein persönliches Leiden, seine Krankheit, tut da nichts zur Sache.
Das alles ist auch keineswegs überraschend. Karol Wojtyla hat wie in allen seinen Schriften nachzuvollziehen und in seinen Taten zu sehen war, eine kirchenpolitsche bzw. "pastorale" Linie vertreten, die für höchst bedenklich zu halten der Verfasser dieser Zeilen nicht verschweigt. Seine Amtszeit, sein Handeln stand genau in dieser Linie, die einleitend erwähnt wurde.
Und es ist eine Linie, die der Kirche heute regelrecht das Genick bricht. Weil es längst auch im Volk angekommen ist. Das landauf landab zwischen Amt und Träger, zwischen Kirche und faktischem Zustand, nicht mehr zu trennen vermag. Da wird das Grinsen des Priesters zur "erfahrbaren Liebe Gottes", und das Händeschütteln vor der Kommunion zum allseitigen Liebesakt erklärt. Die Liturgie ist nahezu verschwunden, beschränkt sich auf pausenloses Gerede, das oft den Eindruck einer Suggestion annimmt, sich das, was nicht passiert, doch wenigstens als geschehen - und wirkend - vorzustellen, und seine Wirkungen zu simulieren. Oder per Gruppentherapie "erfahrbar" (was?) zu machen.
Aber genauso, wie heute jeder Priester glaubt, er müsse Alleinunterhalter spielen, und wie ein Entertainer die Sonntagsmesse "gestalten", genauso größenwahnsinnig wurden deshalb so viele Katholiken. (Denn der Einzelne formt sich nach dem Urbild.) Denen eben diese Lehre in Fleisch und Blut überging: daß ihr faktisches Menschsein in jedem Fall Gottähnlichkeit sei. Die sich in innerlichem Krampf im Grunde selbst seligsprechen, zum Vorbild der Christenheit erheben. Und genauso hatte auch Karol Woityla das Problem mit Gratia supponit naturam**, das wird hier unumwunden ausgesprochen.
Wenn man so will: Hegelianismus. Damit wird alles, was der Fall ist, auch "heilig". Der Staat. Die Kirche wie sie ist. Der Papst, wie er an Parkinson leidet. Und diese Selbst-Heiligsprechung zieht sich wie ein grüner Faden durch die ganze Gegenwart.
Wenn man so will: Hegelianismus. Damit wird alles, was der Fall ist, auch "heilig". Der Staat. Die Kirche wie sie ist. Der Papst, wie er an Parkinson leidet. Und diese Selbst-Heiligsprechung zieht sich wie ein grüner Faden durch die ganze Gegenwart.
Weshalb es auch überhaupt nicht wunder nimmt, wenn heute so viele "Fromme" meinen, daß alles, was ihnen zustößt, in den Glanz des Besonderen, des Außergewöhnlichen genommen ist. Die Liturgie der Gegenwart hat es sie gelehrt. Und ... ein Papst, der hinter seinem Menschsein ("de labore sole" - so hat es der Verfasser dieser Zeilen stets gedeutet) das hohepriesterliche Amt verschwinden läßt.
Die sofort davon sprechen, daß alles was sie erleben, im historischen Maßstab groß und außergewöhnlich sein muß. Weil sie selbst es ja sind. Also wurde auch Ratzinger sofort zum Superstar erhöht, wird auch sein Pontifikat - noch mehr fast als das seines Vorgängers - sofort zum "großen Pontifikat" überhöht. Denn wenn es das nicht wäre - dann wäre ihre eigene Heiligkeit beschattet. Deshalb muß auch Benedikt XVI. sofort heiliggesprochen werden, wie man mancherorts hört - und warum?
Ganz offen: weil es für die erwähnte Form der Frömmigkeit gar nicht anders geht als daß alles, womit sie zu tun haben, dem sie das Papsttum (oder die Rechtgläubigkeit etc.) zusprechen (und DAS tun sie nämlich) auch heilig ist. Die Heiligkeit des Papstes Ratzinger ist also nur Ausdruck IHRER Heiligkeit.
Die sofort davon sprechen, daß alles was sie erleben, im historischen Maßstab groß und außergewöhnlich sein muß. Weil sie selbst es ja sind. Also wurde auch Ratzinger sofort zum Superstar erhöht, wird auch sein Pontifikat - noch mehr fast als das seines Vorgängers - sofort zum "großen Pontifikat" überhöht. Denn wenn es das nicht wäre - dann wäre ihre eigene Heiligkeit beschattet. Deshalb muß auch Benedikt XVI. sofort heiliggesprochen werden, wie man mancherorts hört - und warum?
Ganz offen: weil es für die erwähnte Form der Frömmigkeit gar nicht anders geht als daß alles, womit sie zu tun haben, dem sie das Papsttum (oder die Rechtgläubigkeit etc.) zusprechen (und DAS tun sie nämlich) auch heilig ist. Die Heiligkeit des Papstes Ratzinger ist also nur Ausdruck IHRER Heiligkeit.
Ihr Hängen am Papsttum ist nicht Treue. Es ist die Forderung, die sich aus ihrer Selbsteinschätzung ergibt. Und da kann es nur verklärte Gestalten geben, mit denen sie es zu tun haben. Derselbe Grund, warum kaum noch jemand in der Kirche sein Amt ausübt, sein Amt, sondern das Konkrete, das was seine Aufgabe als Mensch wäre, der Gnade überläßt. Das ist eitle Vermessenheit, der wahre Krebsschaden der Kirche. Der sie überall niederreißt, weil das Heilige nicht mehr sichtbar wird. Nur noch die Menschen stehen da, und behaupten, sie wären die Kirche, ganz persönlich. Und ist es nicht seltsam? Dieses "Wir sind Kirche" eint alle Richtungen, die man als einander widersprechend in der Kirche bezeichnet. Es ist ein Scheinwiderspruch. Die "Konservativen" und die "Progressiven" sind nicht unterschieden. Es ist ein Streit unter denselben narzißtischen Charakteren.
Die nirgendwo mehr ihre konkrete Aufgabe erfüllen, dem Wesen ihrer Sendung als Mensch treu bleiben, in allen Formen, Gestalten und Hierarchien. Sondern die sich über die Welt "hinwegbeten". Deshalb überall, wo man hinblickt, so katastrophales Versagen. Deshalb überall die Infragestellung fundamentalster Wahrheiten, die nur noch per ständig zu erneuernder Verordnungen halbwegs zurückgedrängt werden können, und müssen. Und Bischöfe, die das nicht tun, was sie zu tun hätten. Lieber Parallelstrukturen aufbauen, in denen sie ihre Phantasien von Frömmigkeit und Neuevangelisierung ausleben können, ohne die wirkliche Bürde ihres Amtes tragen zu müssen. Während sie das Schiff der Kirche allen überlassen, die ans Ruder drängen. Und das sind viele: Eine Kirche, in der der faktische Mensch in den Vordergrund geschoben wurde, muß zwangsläufig zum Karrieristenstadel verkommen. Und in einer solchen Kirche wird auch Gehorsam zur Hörigkeit. Oder zum frechen Ungehorsam. Denn genau dem Gehorsam, der Grundlage alles Erkennens, fehlt das Maß. Er wird in Wahrheit zur Okkupation dessen, dem man angeblich gehorcht, das aber nur dem eigenen Machtrausch dient, wird zum schizoid genutzten, infamen Feigenblatt. Vernunft verkommt zur Logorrhoe einer subjektiven Frömmlerei.
2. Teil morgen) Eine Kehrtwendung - und eine Korrektur der beiden Vatikanischen Konzile
*Die Artikelreihe über Kaiser Friedrich II. findet sich ja nicht zufällig
in diesen Tagen - er hat diese Problematik in historischem Ausmaß und mit enormer Tragweite (bis in den Hegelianismus hinein) ans Tageslicht gebracht, sodaß man Thomas v. Aquins Mühen
um gedankliche Klärung des Wesens der weltichen Dinge - als analogia
entis, und das heißt daß jedes Ding der Welt in seiner Grundverfaßtheit eine Analogie zur Dreifaltigkeit ist, im Zueinander von Vater (Idee) und Sohn (Fleisch) im Heiligen Geist, in dem sich beide liebend umarmen - in klarem historischem Zusammenhang sehen muß.
**Die Gnade folgt der Natur, ja sie setzt sie voraus. Denn in der Schöpfung findet sich die Vernunft Gottes, ihres Hervorbringers, eingeschrieben. Deshalb ist der Heilsweg der Kirche nicht von der konkreten Gestalt zu trennen, muß der Mensch durchlässig für diese "Ideenwelt" Gottes werden. Die konkrete Gestalt der Kirche wird so zum Abbild der himmlischen Ordnung, nein, nimmt sie vorweg, macht das Himmlische als inneres Wesensgesetz der Kirche irdisch, vorzüglich in den Sakramenten, in der Liturgie. Wo Himmel und Erde einander bräutlich umarmen. Wo das Haupt die Glieder formiert.
**Die Gnade folgt der Natur, ja sie setzt sie voraus. Denn in der Schöpfung findet sich die Vernunft Gottes, ihres Hervorbringers, eingeschrieben. Deshalb ist der Heilsweg der Kirche nicht von der konkreten Gestalt zu trennen, muß der Mensch durchlässig für diese "Ideenwelt" Gottes werden. Die konkrete Gestalt der Kirche wird so zum Abbild der himmlischen Ordnung, nein, nimmt sie vorweg, macht das Himmlische als inneres Wesensgesetz der Kirche irdisch, vorzüglich in den Sakramenten, in der Liturgie. Wo Himmel und Erde einander bräutlich umarmen. Wo das Haupt die Glieder formiert.
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