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Freitag, 1. März 2013

Maßgebender Gott (3)

Teil 3) Das Reich Gottes auf Erden wird säkular




Friedrich II. hat nicht die Zweiteilung (und Zueinanderordnung) der Welt in Sacerdotium und Imperium gesehen. Wenn war es nur Taktik, oder das Ahnen des theoretischen Problems. Für ihn war Imperium zugleich Sacerdotium: Er war als Kaiser (bzw. König) nicht nur in einer Linie mit Christus als König, sondern auch der Hohepriester des Reiches Gottes auf Erden. Nicht der Papst. Und weil sein Faktisches, sein menschliches Dasein, Ausdruck der Vernunft war, war auch jede seiner realen menschlichen Handlungen verbindlich.* ER war damit ganz persönlich auch die Quelle des Rechts, das seinen Leib, das Volk das er regierte, ordnen mußte. Weshalb er das für das Abendland in seinem Fortgang dann maßgebliche Rechtswerk herausgab. Natur, Vernunft und Notwendigkeit waren seine Grundsätze, die ihn das erste staatliche Gesetzbuch seit der Antike herausgeben lassen.

MIt denen er seinen ganzen Staat erstmals in der abendländischen Geschichte auf gebildete Laien aufbaute. Dazu gründete er in Neapel sogar eine Staatsuniversität mit allen Fakultäten, denn mit der Beachtung der menschlichen Vernunft war auch der Wille Gottes erfüllt. Staatsbürger durften nur noch dort studieren, auch Kleriker. Immerhin ging aus dieser Universität aber auch ein Thomas von Aquin hervor, Schüler des Iren Petrus von Hibernia in den Naturwissenschaften. Der im Anschluß an Friedrichs Zeit die kirchliche Philosophie und Dogmatik auf so engelsgleiche Füße stellte, und im Grunde die Fragen, die Friedrich aufgeworfen hatte, präzise durchdachte und klärte.

Keine Kleriker fanden sich bald mehr in der Verwaltung, alle Staatsvorgänge wurden säkularisierte Organe kaiserlicher Zentralmacht, durchwirkt vom Geist der Gesetze. Und damit gewann Friedrich die Bürger und Laien der Städte. Während der Kirche die bäuerliche Masse blieb. Man konnte bei ihm "Karriere machen", selbst am kaiserlichen Hof den Adel verdrängen, gar kaiserlicher Consilarii, Berater werden.

Wie jener Großhofrichter Petrus de Vinea, der bald für die Ohren des Kaisers als alleiniger Ausleger der Wahrheit galt. Er war wahrscheinlich der Verfasser aller kaiserlichen Gesetzestexte, ja des "Kaisers Mund", oberster Richter, letzter Sprachschöpfer des Lateinischen , Erzieher und Lehrer einer ganzen Schreibergeneration, Mittelpunkt eines hochgeistigen Hoflebens, von dem etwas wie eine neue Lehre in die Welt ausging, getragen von lauter jungen und hochgebildeten Leuten. Analog zu Petrus nannte man ihn "Schlüsselträger" - denn er hatte die Schlüssel zur Weltmacht, zum Kaiser.

Seine Briefkunst (seine Briefe werden später wegen ihrer stilistischen Brillanz und dichterischen Qualität herausgegeben) war dem Kaiser wesentlich - denn in ihr zeigt sich eine bemerkenswerte Analogie auch zur Welt des Internet. Petrus de Vinea mußte mit seinen Briefen ein virtuelles Bild des Kaisers in der Welt aufbauen. So, wie es diesem genehm war und nützte

Der Legende nach als Sohn von Bettlern (in Wahrheit aus angesehener Familie), aus dem Nichts vom Kaiser aufgehoben, und wieder hinabgestürzt: Dante sieht ihn in der Hölle, im Geisterwald der Selbstmörder, als Opfer von Hofintrigen. 

Denn am Hofe des Staufers herrschte ungeheurer Zynismus, eine Stimmung aus Spott und Hohn, ja Blasphemien, die man über die "Gegenwelt" ausgoß. In der Art, daß ein Beamter zum Tode Verurteilten die Beichte verweigerte: als Freunde des Papstes wären sie doch schon dadurch heilig.

Petrus de Vinea gerät 1249 in den Verdacht, an einem Giftanschlag des Hofstaates auf den Kaiser beteiligt gewesen zu sein. Vieleicht war er das sogar tatsächlich, Dante läßt es ihn abstreiten. Er wird geblendet, entmachtet, und inhaftiert. Den Sturz aus höchsten Höhen verkraftet er nicht.

Aber so schwoll der Bürokratismus immer mehr an, und das verlangte nach neuen Berufen: Schreibkräften, Kanzleipersonal, etc. - Stadtberufe. Schließlich setzte der Kaiser seine Juristen schon als Bischöfe ein. Manchmal waren sie zufällig auch Kleriker, wenn sie sich dem neuen Geist anpaßten. Die Prälaten an seinem Hof waren keine selbständigen Bringer des geistigen Lebens mehr, wie es ihr Amt gewesen wäre.

Friedrich war das ohnehin bedeutungslos gewesen. War er Gottes Stellvertreter, war in ihm auch das Priesteramt vorhanden - im übrigen eine uralte Annahme, die sich in allen Kulturen findet: Herrscher als Abstämmlinge von Gott. Die immerhin in Jesus als neuem Adam, Stammvater aller Menschen, seine direkte Entsprechung zu finden schien.





Teil 4 morgen) Sich als Gott erfahren





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