Wir sind nicht in der Lage, sagt Melchior Pálagyi in "Naturphilosophische Vorlesungen", geistig den über die Sinn einströmenden Impulsfluß mit ebenso kontinuierlicher Wahrnehmung zu begleiten, wie z. B. der psychophysische Parallelismus behauptet. Dann würde sich Zeit aufheben, und nur eine Allwissendheit, in der alles Wissen immer präsent ist, die zugleich eine Allschöpferischheit ist, würde dem gewachsen sein.
Es gibt keine den physischen Wahrnehmungsprozessen (automatisch) parallel laufenden geistigen Prozesse. Menschliches Bewußtsein kann nur intermittierend wirken, es muß (als Impuls, als Wille) Einheiten setzen. Ohne diese würde uns die Welt - das Beispiel eines drehenden Kreisels, in dem die Farbsektoren zu einer Mischfarbe verschmelzen, illustriert es - ins Gestaltlose zerfließen, es gäbe sie nicht, wie wir sie tatsächlich kennen, und wie sie Gegenstand unseres wissenschaftlich-rationalen Forschens ist.
Es ist ein folgenreicher Irrtum gewesen, den Begriff des Psychischen als zugleich Anschaulichen aus der englischen Philosophie (Locke etc.) zu übernehmen. Dort wurde Physisches mit Geistigem gleichgesetzt, und in dieser (fehlerhaften) Hybridität sind sämtliche Schulen der Philosophie wie Psychologie enthalten, die uns bis heute geprägt haben. Auch wenn dieser Irrtum verständlich ist, weil er so naheliegt: Wahrnehmungsakt und Bewußtseinsakt fallen scheinbar in eins, sodaß im Moment der Bewußtwerdung scheinbar auch die Wahrnehmung stattfindet.
So gewiß unsere animalischen Lebensvorgänge - Gefühle, Empfindungen, Phantasmen etwas unmittelbar Wahrnehmbares, Anschauliches haben (für den der sie erlebt), so gewiß sind geistige Akte, mit denen diese vorigen Akte nicht verwechselt werden dürfen, unanschaulich. Denn wir können diese geistigen Akte NICHT beschauen, die sich an die Wahrnehmungen binden.
So gewiß unsere animalischen Lebensvorgänge - Gefühle, Empfindungen, Phantasmen etwas unmittelbar Wahrnehmbares, Anschauliches haben (für den der sie erlebt), so gewiß sind geistige Akte, mit denen diese vorigen Akte nicht verwechselt werden dürfen, unanschaulich. Denn wir können diese geistigen Akte NICHT beschauen, die sich an die Wahrnehmungen binden.
Wir können uns eben nicht beim Hören oder Sehen zusehen oder zuhören. Es ist absurd zu meinen, daß man auf dieser Beobachtung unserer inneren Vorgänge eine Rückführung des Geistigen auf psychophysische Prozesse (und letztlich auf physikalisch-chemische Vorgänge) und damit eine Theorie des Geistigen aufbauen könne.
Des Geistigen, wie es sich uns im Willensimpuls eindeutig vorstellt. Auch hier können wir nur einen Akt nach dem anderen setzen, als Antwort, so wie wir es beim Wahrnehmen tun (müssen). Und der erfolgt nicht automatisch, sondern er ist dem logischen Denken unterworfen.
Die Mathematik zeigt es deutlich - auch sie kann nur intermittierte Vorgänge erfassen, kann nur zerlegungsweise, intermittierend arbeiten. Ein Kontinuum ist ihr unerfaßbar.
Es ist ein Irrtum der Psychologie zu meinen, daß Sie, Anstoß nehmend an der Unanschaulichkeit der Dinge an sich, sowie der Substanzen, Materien und Kräfte, die Erscheinungen bzw. die Empfindungen als etwas völlig Bekanntes, durchaus Offenbares betrachtet. Zwar ist uns nichts vertrauter als unsere Empfindungen, aber diese Vertrautheit ändert nichts an dem höchst eigentümlichen Sachverhalt, schreibt Pálagyi, daß eine jede Empfindung zeitlich aus grenzenlos vielen Abschnitten zusammenfließt, und daß wir diese grenzenlos kleinen Abschnitte in ihrer Gesondertheit nicht zu erfassen vermögen. Nur durch ihre Summe oder ihr Integral sind uns diese ohnendlichen Teilelemente oder Differentialen erfaßbar.
Durch den Sinnenschein sieht es zwar so aus, als würde sich vor uns ein unergründliches Geheimnis ausbreiten, das sich unseren Sinnen enthüllte. Aber es wäre Täuschung, daraus schon Erkenntnis ableiten zu wollen. So flink auch ein regsamer Geist sein mag, er wird immer den Erscheinungen einer flüchtig-fließenden Welt nachhinken.
Sodaß also ein "Ding an sich" immer ein Geheimnis bleiben wird, so sehr es sich doch unseren Sinnen ausbreitet, ohne von uns aber erfaßt werden zu können. Physikalische Messung vermag zwar mechanische Vorgänge zu erfassen, aber es gibt keine Messung ohne vitale Elemente, die der Beobachter selbst setzt. Und diese sind selbst wiederum nicht meßbar, und zwar weder indirekt noch direkt. Noch weniger sind geistige Akte meßbar, denn sie sind unanschaulich, eben intermittierend, höchstens zählbar. Ohne wirkliche bzw. imaginierte Bewegungen können aber Wahrnehmungsakte überhaupt nicht stattfinden.
Aus bloßen Empfindungselementen also können Wahrnehmungsakte niemals erklärt werden, weil Bewegung nicht auf Empfindung reduziert werden kann.
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