Teil 2) Der Zweck liegt ganz woanders
- das Internet ist bloßes Mittel
Auch die Internetgesellschaft wurde klammheimlich zu einer sich selbst reproduzierenden Gesellschaft, zu einem Selbstzweck. Medienagenturen beraten zunehmen andere Medienagenturen, bieten Dienstleistungen an, wie man das Internet nutzen kann - ohne es selbst zu nutzen! Ein ganzer Wirtschaftszweig, der höchst eifrig an den Tastaturen sitzt und Internetbilder produziert, und damit Meinung macht, Sichtweisen prägt und beeinflußt, produziert in Wahrheit nur noch Scheinbilder um ihrer selbst willen. Viele von ihnen verkaufen mittlerweile jene Effekte, die sie mit Werbung zu produzieren vorgaben, verkaufen jene Effekte, die sich alle versprachen, sie sie allen versprachen, die aber nie eintraten. Man nehme nur die "Klicks". Man nehme nur die "Implementierungs-Friends".
Ähnlich
wie im Bankgewerbe, generiert sich also eine ganze Branche, mit
weitreichenden Auswirkungen, aus sich selbst. Handelt mit Produkten, die
auf Produkte referieren die auf Produkte referieren, die irgendwann
einmal reale Geschäftsvorgänge bedeuten. Bedeuten könnten. Bedeutet
haben.
Dabei
stellt sich heraus, daß Werbung im Internet auf ganz andere Weise
funktioniert, als Werbung im "realen Leben". In Zeitungen, auf Plakaten,
im Geschäft, durch reale Kontakte und soziologische Prozesse.
Genau
das, was dem Internet als Grundmotiv unterlegt wurde - Information -
genau das erfüllt sich nicht, wie sich mehr und mehr herausstellt. Die
Internetbenutzer bewerten Internetinformation in einem Ausmaß gering,
das zu hinterfragen eine ganze Branche ausheben würde. Es ist ein
gravierender Unterschied, auf einem iPhone-Display einen winzigen Banner
aufleuchten zu sehen, oder eine Empfehlung wer was gekauft und wie
bewertet hat - und einer persönlichen Begegnung, einem Werbespot im Kino
oder auch im Fernsehen auf 80cm-Diagonal-Bildschirm, zwischen der
Tagesstrukturierung die das Fernsehen immer noch bietet (und: alles was
ist, ist nur, weil es Struktur, Form, Ordnung hat), zwischen
Familienfilm und Sport.
Mittlerweile
stellt sich heraus, was aber noch kaum jemand ausspricht, weil zu viele
Existenzen bereits davon abhängen, daß online-Werbung (bzw. Werbung auf
social media) klassische Werbung überhaupt nicht substituieren kann.
Für Werbeinhalte - und die FAZ zitiert einen anerkannten Werbefachmann -
ist das Internet, sind social media gänzlich ungeeignet.
Und
das, geneigter Leser, der vielleicht den einen oder anderen darauf
Bezug nehmenden Artikel dieses Blog bereits studiert hat, wird an
dieser Stelle ja schon lange behauptet (und erklärt ...) Das Internet
funktioniert gar nicht zur Übermittlung von Information im Sinne
inhaltlicher Wissensweitergabe "an sich". Es ist eben ein Medium, und
als Medium ist es ein Ding, und als Ding eine Botschaft für sich, ist
selbst Botschaft, ja, ist NUR Botschaft. Und ist deshalb wie jedes
Medium eingebettet in eine Wirklichkeitsfülle, die immer nur auf dem
(sinnlich-geistigen) Boden realen Lebensvollzugs stehen kann.
Wer
jemanden durch ein Winken mit der Hand grüßt muß nicht darauf achten,
ob er "Herr Doktor" oder "Grüß Sie" sagt - der Gruß selbst ist das
Winken, und er sagt das Wesentliche. Wer nicht winkt, nur spricht, sagt
etwas anderes. Der Verfasser dieser Zielen hat auch aus diesem Grund
schon vor etlichen Jahren eine Umgebung gewählt, in der er kein Wort
versteht, Ungarn, und er weigert sich auch, die Sprache zu erlernen. Er
lebt also - wie Strauß - fast völlig isoliert. Warum? Mittlerweile sieht
er sehr deutlich, warum diese Entscheidung richtig war: Er kann nämlich
an jeder Kommunikation teilnehmen - OHNE Worte. Er sieht, hört am
Tonfall, an den Gesten, was auch immer, wie es den Nachbarn geht, und
was für Probleme sie haben. Was immer sich transportiert, was immer
kommunikativ ist, vermittelt sich durch das reale, fleischliche Leben.
Nicht durch den Text.
Der
spielt zwar gewiß eine Rolle, und keine geringe, denn das konkrete
Soziale, das Gesellschaftliche, braucht den Vorwurf des Wortes, des
Namens, um zu werden. Deshalb ist die freiwillige, ja oft sogar
energisch zu behauptende Ausgegrenztheit des Verfassers dieser Zeilen im
fremden Land eine Realität. Alles Fleischliche braucht diese Erhebung
in das Wort, um wirkliche Wirklichkeit zu werden. Aber es ist ohne
fleischliche Realität etwas anderes - nicht mehr Sprache, nicht einmal
mehr Kommunikation, sondern nur ein Art im Rahmen von Kommunikation,
darin aber bereits textlos. Sprache als abstrakter Text, als abstraktes
Denken, Zurückführen des Einzelnen ins Allgemeine des Geistes (wo aber
Sprache eben wieder aufhört, denn dort ist nur Schweigen), soll
gleichfalls in seiner Bedeutung nicht prinzipiell entwertet werden, aber
das tut es auf ganz andere Weise. Im Reflektieren, im Nachgehen dessen,
was die reale Welt herangetragen hat, als (unverzichtbarer!) Konterpart
zur sinnlich-fleischlichen Realität gewissermaßen, um sich letztlich
... von Sprache, von Text (in aller sozialer Bedingheit) wieder zu
befreien, zur Liebe zu befreien. Hier ist von sehr realen Vorgängen die
Rede.
Auch hier also gilt, wie so oft heute: Man könnte den Blasen der Gegenwart in aller Ruhe beim Platzen zusehen. Auch Internet und social media
werden platzen. Ihre "Bedeutung" ist in höchstem Maß eine
herbeigeredete, von Interessen getragene, entspricht einem Wunschdenken,
das gerne aufgegriffen wird, weil es uns scheinbar Mühe erspart. Man
könnte die Rückkehr zum Realen, die als Sehnsucht immer stärker werden
wird, in Ruhe abwarten.*
WENN
diese Mythen, diese Illusionen nicht, wie jede Illusion, vorerst einmal
großen Schaden anrichten würden. Indem sie jene gewachsenen Böden, von
denen sie nämlich eine Weile nur zehren, in Wüsten verwandeln. Kommt die
Einsicht, fehlt, worauf man zurückgreifen wollte. Die Printlandschaft
wird ebenso devastiert, wie das traditionelle Fernsehen längst
devastiert ist. Bleiben wir, in der gebotenen Länge bzw. Kürze, einfach
nur bei dieser Branche.
Auch in diesem Einzelnen zeigt sich aber das Ganze.
*Machen
wir uns aber keine Illusionen, daß die massiven Wirtschaftsinteressen,
die sehr real sind, die hinter den entsprechenden Marktakteuren und
Gesellschaften stecken, das längst wissen oder zumindest ahnen. Sodaß
ihre Stoßrichtung eigentlich klar sein müßte: Sie müssen versuchen, die
Kommunikationsprozesse SELBST, unabhängig vom Text, zu okkupieren, Das
heißt, daß das Netz selbst Inhalten keine Bedeutung schenken kann, diese Illusion aufrechtzuhalten kann bestenfalls marketingtechnisch weil "Moral vorschützend" sinnvoll sein. Der
Verfasser dieser Zeilen ist völlig sicher, daß die Entwicklung des
Internet längst nur noch darauf abzielt, Wege zu finden, reale Prozesse
zu besetzen, die aber ihre Basis außerhalb des Internet besitzen, im
Fleischlichen. Mit dem Internet, den social media, wie wir sie heute sehen und einschätzen, hat die Zukunft des Internet/der social media rein gar nichts mehr zu tun. Das wird bestenfalls (schizoides) Mittel zum Zweck sein.