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Mittwoch, 27. März 2013

Man sieht nur Konkretes

Lambertikirche in Münster (D)
Es scheint eine so kleine Überlegung, und doch knüpft sich daran so viel - die Ausformung eines von Flechtwerk geformten Turmhelmes in der Gotik anstatt eines zweckbetonten Flächendachs.

Dahinter aber läßt sich die Weltsicht des Mittelalters erfassen. Die die Gestalten der Schöpfung nicht außerhalb des Konkreten sah, die keine realen Grenzen aus geometrischer, abstrakter Form akzeptieren konnte. Solche kamen im mittelalterlichen Menschen gar nicht vor.

Die Welt war nur konkret. Und so war das Dach Nachbildung des natürlichen Flechtwerks: man sah das Konkrete, die Efeuranke (aus Stein), die Rosette, und sah durch es durch auf eine ewige Form, die Idee - die Gesamtgestalt, als Gesamtordnung, in die alles Irdische eingefügt war, als dessen Entelechie sie sich herausstellte.* Man sah die Gesamtform als Transzendenz der Einzelteile. Ein die Gotik treibender Gedanke, der sie in ihrer Figürlichkeit im Ganzen verstehbar macht.

Man darf sich diese Sichtweise dabei wohl nicht als vorausliegender bewußter Plan einer Aussage vorstellen. Sondern sie ist das, was wir Späteren dem Tun der Vorderen als immanentem Geist entnehmen können.



*Es ist zulässig darüber nachzudenken, welche Konsequenzen es hat, den Gottesdienst in Räumen zu feiern, als Nachbildung des Kosmos, um am vollkommenen Urbild geformt in die Welt neu hinauszugehen, in denen das Dach durch flächige Abschließung (mit der Illusion einer Himmelsbemalung) letztlich doch dem Zweck (Witterung) untergeordnet, durch menschliches Artefakt (Dachziegel etc.) ersetzt wurde.




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