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Montag, 18. März 2013

Grenzen der Optimierbarkeit

Bereits jetzt steht fest, daß "S21 - Stuttgart 21", der totale Um- und Neubau des Stuttgarter Hauptbahnhofs, nicht nur 1,1 Milliarden Euro zusätzlich verschlingen wird, sondern auch nie rentabel sein wird. Die erhofften Effekte werden den gigantischen Neubau, der einen Zentral- und Angelpunkt der Hauptstadt von Baden-Württemberg völlig neu gestalten wird, aus Kostensicht nie rechtfertigen. Das schreibt die Welt unter Berufung auf den Vorstand der Deutschen Bahn. Ein Ausstieg aber ist nicht mehr sinnvoll, er würde bereits 2 Milliarden kosten.

Nun fällt allgemein auf, daß Investitionen in die Infrastruktur - in allen Bereichen - immer gewaltigere Ausmaße angenommen haben, und zukünftig noch mehr annehmen. Immer häufiger sind Großprojekte Megaprojekte, die finanziell Ausmaße annehmen, die vor 20 Jahren undenkbar gewesen wären. Gleichzeitig sind die betriebswirtschaftlichen Effekte immer zweifelhafter.

Das erinnert an ein Gesetz aus der Betriebsorganisation und Qualitätskontrolle. Das da besagt, daß die Optimierung eines Systems nur bis zu einer gewissen Grenze (in der Qualitätskontrolle: Fehlerquote 1-2 %) überhaupt sinnvoll ist. Der Aufwand, ein System über diese Quote hinaus zu perfektionieren steigt proportional mit dem Effekt, und erreicht schließlich ein Maß, das die Funktionabilität des gesamten Systems gefährdet, ja dessen Bestand immer fragiler und anfälliger selbst für partielle, kleine Störungen macht. Mehr noch: Der Aufwand für die Optimierung selbst beginnt essentieller Teil des Wirtschaftens zu werden. Das System beginnt sich also selbst zu reproduzieren, um den Anforderungen, die aus sich selbst entstehen, noch zu genügen, es wird Selbstzweck.

Das zeigt sich auch in der Einschätzbarkeit der Kosten, die bei solche Projekten regelmäßig versagen. Hier mit Korrumpierbarkeit Einzelner zu argumentieren verschiebt die Argumentation nur nach hinten, ändert sie aber nicht. Es bleibt die Tatsache, daß Projekte je umfangreicher sie werden sich im Gesamtverhalten zunehmend dem nur noch durch Wahrscheinlichkeitsrechnung beschreibbaren Verhalten kritischer Systeme (siehe: Kybernetik) angleichen. Deren Gesamtverhalten irgendwann nicht mehr vorhersehbar ist, weil ab einer gewissen Komplexität kleine und kleinste Ursachen größte Auswirkungen aufs Ganze haben. Je größer solche Systeme (Projekte) werden, desto umfangreicher werden die Wirkfaktoren, und desto unvorhersagbarer wird ihr Gesamtverhalten, OBWOHL jeder Prozeß im Einzelnen scheinbar eindeutig nachvollziehbar und beherrschbar ist.

Zumindest ... nachträglich betrachtet. Und genau hier hebt das Problem an. Denn dadurch entsteht immer noch beim Technizisten heutigen Zuschnitts die Illusion, die Gesamtprozesse müssen steuerbar sein, wenn die Einzelprozesse es sind. Genau das aber ist eine wirklichkeitsfremde Illusion.

Betrachtet man also die Infrastrukturprojekte, aber überhaupt "Projekte" der Gegenwart (selbst das Projekt "Klimaschutz" fällt unter diese Kategorie) und unmittelbaren Zukunft, von der Energiewende (Leitungsnetze, Kraftwerksbauten, etc.) oder Megaflughäfen (Berlin) angefangen, über den Ausbau von Hochgeschwindigkeitsstrecken, oder die Megatunnelprojekte in Österreich, so fällt aber diese sogar zunehmende Tendenz zu Megaprojekten ins Auge. So wie ins Auge fällt, daß sich diese riesigen Investitionen nicht nur volks- und betriebswirtschaftlich regelmäßig nicht rechnen, sondern daß diese Optimierungsversuche, die das alles ja sind, die zunehmend auf größere Ganze abzielen, letztendlich ein System - UNSER System, in dem wir leben - anzeigen könnten, das seine Grenze der technischen Optimierbarkeit bereits erreicht hat.

Sodaß sich auch hier die reale Dimension einer abstrakt ohnehin gegebenen Gewißheit offenbart: Die Politik, der Staat verliert allmählich jene Werkzeuge, mit denen schon seit über 100 Jahren, mit zunehmendem Tempo, Einfluß auf ein Volkswirtschaft genommen wird. Wo das große Ganze das Einzelne beherrscht und sich selbst aus der Hand nimmt.

Ähnlich wie in Japan, steuern wir in riesen Schritten auf ein "nichts geht mehr" zu - weil nichts mehr greift. Weil die Wirkhebel (öffentliche Investitionen, in diesem Fall) in sich gesehen mehr Wirtschaftskraft (der Menschen, sie sind es ja immer, die alles erwirtschaften müssen, durch konkrete Arbeit und Produktion) KOSTEN als generieren. Während (auch das ist gewiß und logisch nachvollziehbar, aber auch präzise vorhersagbar) nur Einzelne davon zumindest kurzfristig profitieren. Wie z. B. Unternehmen, die staatsnah agieren. Zu denen übrigens auch kleine einzelne Windrad- oder Solaranlagenbetreiber gehören.* L. v. Mises zeigt das überzeugend.

Am Ende jeder Wirtschaftsmathematik, jeder Effizienzrechnung, ja jeder Mathematik, taucht also wenig überraschend ein notwendiger Faktor auf, der mehr als Schlußstein ist. Der sich nämlich als jener Faktor erweist, der immer alles zusammenhält, nur wird er gerne vergessen: der Mensch. Jede gesamtgesellschaftliche Effizienzrechnung lebt nur von ihm und seiner Substanz. Aus sich heraus kann ein System nie tragfähig werden.

Wenn aber nun der Politik ihre bisherigen Mittel ausgehen, das kann man sich zum Schluß fragen, bleibt abzuwarten, auf welche Mittel sie sich hinkünftig stützen und stürzen wird. Denn der Zentralismus hat eine Crux, die mit oben ausgeführten Modellen hinlänglich beschreibbar sind: Auch er erhöht im Maß seines Wachstums den Aufwand, um bestehen zu können, bis er sich regelrecht selbst auffrißt. Und er begibt sich nach und nach, paradoxerweise im Maß seines Auswucherns, der Mittel, um überhaupt noch wirken zu können. Jeder Effekt also, den er noch erzielen möchte, wird salopp formuliert immer teurer.

Auf eine Weise könnte man also in Ruhe abwarten, bis sich das System selbst und endgültig schachmatt setzt. Nur leider passiert dies nicht ohne laufend enormen Schaden anzurichten. Wir werden in wenigen Jahrzehnten nicht mehr dieselben Voraussetzungen haben, wie heute.






*Volkswirtschaften mit hohem direktem Staatsfaktor kennzeichnen sich zum einen durch Zentralismus, zum anderen durch zunehmende Tendenz der unteren Ebenen, sich an diese Zentrale anzuhängen. In diesem Fall: Durch Subventionen, etc.





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