Dieses Blog durchsuchen

Dienstag, 2. Dezember 2014

Weg zum Siegespreis der Welt

Man könnte die Kunst überhaupt beschreiben als das Streben, nicht nur zu zeigen (und schon gar nicht: zu "informieren"), was die Wirklichkeit aufbaut, sondern das Wirkliche im Dargestellten zu sein - weil es im Werk IST was es darstellt. 

Es informiert also nicht einfach über das Wirkliche, sondern bildet es, und sofern es Dinge darstellt, bildet es dabei nicht einfach nur nach, sondern schafft diese Dinge neu. Weil sie aber nicht sakramental ist, also nicht Gott, das Sein, selbst, bleibt sie eben nur Analogie. 

Dargestellte Menschen und menschliche Vorgänge teilen sich somit in zwei Bereiche: Die einen sind die das Wirkliche als die Welt Aufrichtende menschlichen Handlungen, das andere jene, die der Mensch zwar für wirklich hält, aber die in Wahrheit Wirklichkeit zersetzen, oder eine andere errichten. Darin bieten Sie dem Menschen durch Erkenntnis die Möglichkeit, sich zu dem ihn bewegenden (dem Wirklichen) zu verhalten (in der Sonate), oder sich ihm hinzugeben (in der Fuge). 

Denn es ist das Symbolhafte in der Welt, das die Dinge trägt und treibt, ja wir selbst sind Symbol. Die Kritik reinigt unser Denken und Glauben, um zur Reinheit des Symbols neu durchdringen zu können. Ihr muß aber das Wahre gegenüberstehen, das Reine selbst, das Schöne, um es in sich zu übernehmen, zu kommunizieren, und so sich selbst dem Sein der Welt einzugliedern. Denn was dem Sein entgegensteht, ihm nicht entspricht, muß zerfallen.

Ein Weg, wie ihn die Dramaturgie geht, die diesen Wesensverhalt "methodisch" herausarbeitet: Beginnend beim gemischten Konglomerat von Wahrem und Falschem (Irrtümlichen wie Bösen), läutert es die Wirklichkeit selbst heraus, stellt die Wirklichkeit hinter allen gemischten Dingen dar, um am Ende im Schönen zu enden, dem Siegespreis der Welt.

Dem Tragischen wird dabei, im landläufigen Empfinden, ein falsches Stigma angeheftet. Denn keineswegs endet die Tragödie im "Schlechten oder Bösen". Das gehört noch zum Drama. Sondern tragisch ist, wenn ein in sich Richtiges, Schönes, auf seinen Platz verwiesen wird. Die Tragödie verweist also auf die Hierarchie der Dinge dieser Welt, sie ist also in gewisser Hinsicht weltzugewandter, weltimmanenter.

Antigone handelt richtig, ihren Bruder bestatten zu wollen, sie folgt damit einem wesentlichen, ja unverzichtbaren religiösen Gesetz. Aber ihr weltliches Handeln ist in ein größeres Handeln eingebettet, und dieses muß ihr Richtiges - für falsch erklären. Denn das Wahre ist nie nur aus sich wahr, sondern es braucht seine Einordnung in das Insgesamt der immer hierarchischen Weltordnung, in der das Größere, Umfassendere, das Kleinere, Teilhaftere bestimmen muß. Das kann dazu führen, daß es im Wesen einer "guten Handlung" liegen kann, dennoch, ja GERADE DADURCH zu einem Scheitern (in der Welt) zu führen. Antigones Lebens- und Handlungshorizont muß erfüllt werden, und zwar genau auf diesen Horizont bezogen. Doch der staatliche Horiziont des Kreon muß sich dagegen behaupten, er übersteigt den der individuellen Familienpflicht.

Es ist der tragische Sinn, der der Gegenwart abhanden gekommen ist. Denn anders als das Drama, ist die Tragödie eine Auseinandersetzung innerhalb des Geistes. Nur hohe Kultur kennt die Tragödie.

Geht der Kultur aber dieses Ganze verloren, das alleine sie hoch  machen kann, verschiebt es sich zur Unwahrheit, folgt direkt aus der Tragödie die Komödie. In der aus dem Fehlen des Gesamthorizonts das einzelne Handeln zur unverständlichen Handeln - und damit komisch - wird. Denn die Komik bezieht sich nie auf das falsche Handeln im Einzelnen, sondern sie stellt das richtige Handeln in einen falschen Horizont. Weshalb dieses Handeln metastasiert, zum bloßen Typus gerinnt.




***