Teil 2)
Also wird auch das Zueinander der Menschen nicht aus ihrem faktischen irgendwie Da-Sein bestimmt, sondern von der Transzendierung der Menschen auf diesen logos hin - auf die allen realen Beziehungen zugrundeliegenden idealen Beziehungen. Ohne daß die in ihrer Konkretheit statisch gedacht werden können. Aber sie bewegen sich doch innerhalb einer gewissen Dynamik, die nicht einfach beliebig wechselt. Was sich aus dem Gesamtgefüge der Welt ALS logos, als Ordnung ergibt, wo wiederum jedes Ding für sich eine Art "Matrix" der Wesensdynamik des Schöpfers wiedergibt bzw. davon getragen und in seinem Aktivsein bestimmt wird.
Nur,
wo ein Ding (also alles, was die Welt "räumt", vom Granitfelsen über
den Philodendron bis zum Tasso vor dem Tor und dem Bauern Huber in der
Stube) in sich diese (trinitarische!) Dynamik realisiert, also real
macht, kann es im Bestand bleiben. So, wie deshalb ein Mensch nur im
Bestand bleiben kann und sich entwickelt, wenn er sich auf den
Hervorgang des logos im Vater transzendiert, im Geist der Liebe, aber in
der ständigen Polarität aus Sterben und Seiend-sein. Was also nicht
immer und ständig stirbt, kann nicht leben und sein. Und es stirbt,
indem es sich in die "Hände" des Hervorgangs des logos begibt, sich
selbst aufgibt, auf diesen logos im Vater transzendiert.
Deshalb
ist die logos-Spannung nicht verächtlich zu machender "Idealismus",
sondern Bedingung des Menschseins überhaupt. Die Erlösung durch Jesus
Christus war keine Sonderübung propter nos homines,
sondern sie was im Menschen, auf den sie natürlich zuerst ausgerichtet
war, auf die ganze Schöpfung ausgerichtet. Denn Jesus Christus hat die
gesamte Schöpfung in den Vater hineingeholt. Im zeitlosen "Dauerkreuz".
Es ist das eigentliche schöpferische Moment, auch und gerade in der
Welt.
Viktor
Frankl sagt einmal sehr richtig, daß Menschsein nicht einfach heißt zu
sein, was man gerade ist, sondern vor allem das zu sein, was man sein
kann. Und Ortega Y Gasset (der zeitlebens gegen den Idealismus
anschrieb) schreibt von der "utopischen Verfaßtheit" des Menschen. Sich
nur auf das Faktische zu setzen und es gewissermaßen dabei bewenden zu
lassen ist nicht "barmherzig" oder "liebevoll", sondern es ist
entwürdigend.
Deshalb
findet sich diese Haltung vor allem im Milieu der Unsittlichkeit und
des Elends, die zusammengehören. (Nicht: der Armut!) Es ist ebenso eine
bzw. die Haltung des Asozialen. Es ist eine Haltung der Verweigerung des
Kreuzes, welches bestenfalls singularisiert wird, auf Einzelereignisse
interpretierend darübergestülpt. Anstatt als Grundhaltung begriffen zu
werden, ohne die gar nichts sein kann. Es ist die Haltung der Ablehnung
des Kreuzes als Verfaßtheit der Welt und des Menschen. Denn nur in
dieser Haltung - ausgespannt am Kreuz der "idea", des logos-Geistes -
kann Welt sein, werden und sich entwickeln.
Daraus
geht zwingend hervor, daß auch kulturelle Formen keineswegs beliebig je
neu erfunden oder akzeptiert oder abgelehnt werden können. Der Mensch
ist Kulturwesen, das heißt, daß sich aus seinem jeweiligen Selbstvollzug
Kultur ergibt, entwickelt, oder - nicht. Eine dritte Wahl gibt es
nicht. Und deshalb ist Kultur immer "verortet", ganz konkret mit Boden,
Land, umgebenden Menschen etc. etc. verwachsen, untrennbar verwoben.
Deshalb gründet Kultur eben im Kult. Deshalb ist das Gerede vom
"Multikultigebilde" schlicht und ergreifend Schwachsinn. Kult bedeutet
überhaupt den höchsten Moment der Hingespanntheit auf den weltformenden logos - in Gott selbst, der (in der Kommunion) in den Menschen eingeht und ihn von dort her über seine logos-Bereitschaft aufbaut, in die Welt zur Welt treibt.
Nun
braucht es natürlich aber diese Polarität, von der gesprochen wurde.
Und diese ist das sogenannten "Weibliche" der Welt, die eben in dieser
Polarität "völlige Empfangsbereitschaft/Entspannung" und
"logos-Spendung/Spannung (in gewisser Weise könnte man auch sagen:
Informierung" besteht, die einander als Liebe zugehaucht werden. Ohne
dieses Zurücksinken in die Nacht, in den Tod kann sich nichts aus dem logos heraus "formieren" weil "formieren lassen".
Dort ist der Platz für die Milde der mütterlichen Geborgenheit. Die aber an ihren Pforten immer eines hat: Die auf den logos verweisende,
die "zeigende Hand". ("Was er Euch sagt, das tut" steht wie ein
Schlüssel am Beginn von Jesu öffentlichem Wirken.) Im übrigen exakt auch
der Vorgang des Lernens, der Schule, das nur so nebenbei.
Mütterlichkeit ist also niemals ein Endzustand, sondern es ist der nie
erstarrte Gegenpol zum logos, das Hinausführen des Geborgenen in die Welt zur Welt - der Welt der Kultur weil des logos. Männlich. Väterlich. Der Welt der ideas.
Diese Mütterlichkeit wird aber in dem Moment zur Pathologie (des
Elends), in dem diese Zurückgesunkenheit zum Weltzustand erhoben werden
soll. Wo also Weltsein auch heißen soll, sich die Spannung auf den logos
hin - mithin das Kreuz als Weltschlüssel - zu ersparen.
Und
das ist es auch, was wir heute als "Generalhaltung im Zeitgeist"
erfahren. Der ein Geist der Kreuzes- und logos-Verweigerung ist. Der ein
Ungeist des Elendigen ist. Der ein pathologisches Überdehnen des
Mütterlich-Weiblichen ist, das auch als Welt schon genügen soll.
("Embryonalität der Gegenwartsmenschen" nannte der VdZ das früher
immer.) Dann bleiben die Menschen in sich verkrümmt, auf sich gerichtet -
statt hinaus, statt sich auszustrecken nach dem logos, statt im Selbsttod ständig für den logos aufnahmebereit
und das heißt: diesem gehorsam zu sein. Somit muß sich auch in den
Eltern je diese mütterliche hier, die väterliche Haltung als andauernde
Spannung dort manifestieren. Beide haben ihren Ort, beide haben ihre
notwendige Eigenheit, keines darf das andere entwerten, aber doch hat
jeder der beiden Pole auch seinen Platz. Der der Mutter auf jeden Fall
den der Intimität und "Höhle", der des Vaters den der Öffentlichkeit und
des "Marktplatzes".
Und
beide sind je unersetzbar, etwa durch einen mütterlichen Vater, oder
eine herrische (Semantik!) Mutter. Beide aber sind dabei auch zu
gewisser Klugheit angehalten. Aber es ist auch nicht möglich, sie in
ihrem Maß zu pauschalieren. Es gehört wesentlich dazu, daß beide ihre
Art auf je individuelle Weise leben und wirklichen. Das kann nicht
einfach hinterfragt werden, das ist eine Urtatsache des Lebens. Ist der
Vater "rigoroser", ist er es eben. Ist die Mutter weicher, ist sie es
eben. Denn in jedem Fall korrespondieren dazu die Kinder als ihr
Fleisch, und korrespondieren alle Umfeldkreise wie Verwandte, Nachbarn
etc. etc. Beide aber sind immer gebunden an ihre Maske, die sich aus dem
Pol ergibt, den sie zu wirklichen haben. So gut sie es können, so gut
sie es verstehen, aber immer in der Aufforderung, sich in der
Selbstüberschreitung darauf hinzuspannen. Sich also - am Ideal zu
orientieren.
Morgen Teil 3)
*100616*