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Samstag, 30. Juli 2016

Von Kreuzesscheu und logos, also: von der Welt (2)

Teil 2)




Also wird auch das Zueinander der Menschen nicht aus ihrem faktischen irgendwie Da-Sein bestimmt, sondern von der Transzendierung der Menschen auf diesen logos hin - auf die allen realen Beziehungen zugrundeliegenden idealen Beziehungen. Ohne daß die in ihrer Konkretheit statisch gedacht werden können. Aber sie bewegen sich doch innerhalb einer gewissen Dynamik, die nicht einfach beliebig wechselt. Was sich aus dem Gesamtgefüge der Welt ALS logos, als Ordnung ergibt, wo wiederum jedes Ding für sich eine Art "Matrix" der Wesensdynamik des Schöpfers wiedergibt bzw. davon getragen und in seinem Aktivsein bestimmt wird. 

Nur, wo ein Ding (also alles, was die Welt "räumt", vom Granitfelsen über den Philodendron bis zum Tasso vor dem Tor und dem Bauern Huber in der Stube) in sich diese (trinitarische!) Dynamik realisiert, also real macht, kann es im Bestand bleiben. So, wie deshalb ein Mensch nur im Bestand bleiben kann und sich entwickelt, wenn er sich auf den Hervorgang des logos im Vater transzendiert, im Geist der Liebe, aber in der ständigen Polarität aus Sterben und Seiend-sein. Was also nicht immer und ständig stirbt, kann nicht leben und sein. Und es stirbt, indem es sich in die "Hände" des Hervorgangs des logos begibt, sich selbst aufgibt, auf diesen logos im Vater transzendiert.

Deshalb ist die logos-Spannung nicht verächtlich zu machender "Idealismus", sondern Bedingung des Menschseins überhaupt. Die Erlösung durch Jesus Christus war keine Sonderübung propter nos homines, sondern sie was im Menschen, auf den sie natürlich zuerst ausgerichtet war, auf die ganze Schöpfung ausgerichtet. Denn Jesus Christus hat die gesamte Schöpfung in den Vater hineingeholt. Im zeitlosen "Dauerkreuz". Es ist das eigentliche schöpferische Moment, auch und gerade in der Welt.

Viktor Frankl sagt einmal sehr richtig, daß Menschsein nicht einfach heißt zu sein, was man gerade ist, sondern vor allem das zu sein, was man sein kann. Und Ortega Y Gasset (der zeitlebens gegen den Idealismus anschrieb) schreibt von der "utopischen Verfaßtheit" des Menschen. Sich nur auf das Faktische zu setzen und es gewissermaßen dabei bewenden zu lassen ist nicht "barmherzig" oder "liebevoll", sondern es ist entwürdigend.

Deshalb findet sich diese Haltung vor allem im Milieu der Unsittlichkeit und des Elends, die zusammengehören. (Nicht: der Armut!) Es ist ebenso eine bzw. die Haltung des Asozialen. Es ist eine Haltung der Verweigerung des Kreuzes, welches bestenfalls singularisiert wird, auf Einzelereignisse interpretierend darübergestülpt. Anstatt als Grundhaltung begriffen zu werden, ohne die gar nichts sein kann.  Es ist die Haltung der Ablehnung des Kreuzes als Verfaßtheit der Welt und des Menschen. Denn nur in dieser Haltung - ausgespannt am Kreuz der "idea", des logos-Geistes - kann Welt sein, werden und sich entwickeln.

Daraus geht zwingend hervor, daß auch kulturelle Formen keineswegs beliebig je neu erfunden oder akzeptiert oder abgelehnt werden können. Der Mensch ist Kulturwesen, das heißt, daß sich aus seinem jeweiligen Selbstvollzug Kultur ergibt, entwickelt, oder - nicht. Eine dritte Wahl gibt es nicht. Und deshalb ist Kultur immer "verortet", ganz konkret mit Boden, Land, umgebenden Menschen etc. etc. verwachsen, untrennbar verwoben. Deshalb gründet Kultur eben im Kult. Deshalb ist das Gerede vom "Multikultigebilde" schlicht und ergreifend Schwachsinn. Kult bedeutet überhaupt den höchsten Moment der Hingespanntheit auf den weltformenden logos - in Gott selbst, der (in der Kommunion) in den Menschen eingeht und ihn von dort her über seine logos-Bereitschaft aufbaut, in die Welt zur Welt treibt.

Nun braucht es natürlich aber diese Polarität, von der gesprochen wurde. Und diese ist das sogenannten "Weibliche" der Welt, die eben in dieser Polarität "völlige Empfangsbereitschaft/Entspannung" und "logos-Spendung/Spannung (in gewisser Weise könnte man auch sagen: Informierung" besteht, die einander als Liebe zugehaucht werden. Ohne dieses Zurücksinken in die Nacht, in den Tod kann sich nichts aus dem logos heraus "formieren" weil "formieren lassen". 

Dort ist der Platz für die Milde der mütterlichen Geborgenheit. Die aber an ihren Pforten immer eines hat: Die auf den logos verweisende, die "zeigende Hand". ("Was er Euch sagt, das tut" steht wie ein Schlüssel am Beginn von Jesu öffentlichem Wirken.) Im übrigen exakt auch der Vorgang des Lernens, der Schule, das nur so nebenbei. Mütterlichkeit ist also niemals ein Endzustand, sondern es ist der nie erstarrte Gegenpol zum logos, das Hinausführen des Geborgenen in die Welt zur Welt - der Welt der Kultur weil des logos. Männlich. Väterlich. Der Welt der ideas. Diese Mütterlichkeit wird aber in dem Moment zur Pathologie (des Elends), in dem diese Zurückgesunkenheit zum Weltzustand erhoben werden soll. Wo also Weltsein auch heißen soll, sich die Spannung auf den logos hin - mithin das Kreuz als Weltschlüssel - zu ersparen.

Und das ist es auch, was wir heute als "Generalhaltung im Zeitgeist" erfahren. Der ein Geist der Kreuzes- und logos-Verweigerung ist. Der ein Ungeist des Elendigen ist. Der ein pathologisches Überdehnen des Mütterlich-Weiblichen ist, das auch als Welt schon genügen soll. ("Embryonalität der Gegenwartsmenschen" nannte der VdZ das früher immer.) Dann bleiben die Menschen in sich verkrümmt, auf sich gerichtet - statt hinaus, statt sich auszustrecken nach dem logos, statt im Selbsttod ständig für den logos aufnahmebereit und das heißt: diesem gehorsam zu sein. Somit muß sich auch in den Eltern je diese mütterliche hier, die väterliche Haltung als andauernde Spannung dort manifestieren. Beide haben ihren Ort, beide haben ihre notwendige Eigenheit, keines darf das andere entwerten, aber doch hat jeder der beiden Pole auch seinen Platz. Der der Mutter auf jeden Fall den der Intimität und "Höhle", der des Vaters den der Öffentlichkeit und des "Marktplatzes". 

Und beide sind je unersetzbar, etwa durch einen mütterlichen Vater, oder eine herrische (Semantik!) Mutter. Beide aber sind dabei auch zu gewisser Klugheit angehalten. Aber es ist auch nicht möglich, sie in ihrem Maß zu pauschalieren. Es gehört wesentlich dazu, daß beide ihre Art auf je individuelle Weise leben und wirklichen. Das kann nicht einfach hinterfragt werden, das ist eine Urtatsache des Lebens. Ist der Vater "rigoroser", ist er es eben. Ist die Mutter weicher, ist sie es eben. Denn in jedem Fall korrespondieren dazu die Kinder als ihr Fleisch, und korrespondieren alle Umfeldkreise wie Verwandte, Nachbarn etc. etc. Beide aber sind immer gebunden an ihre Maske, die sich aus dem Pol ergibt, den sie zu wirklichen haben. So gut sie es können, so gut sie es verstehen, aber immer in der Aufforderung, sich in der Selbstüberschreitung darauf hinzuspannen. Sich also - am Ideal zu orientieren.


Morgen Teil 3)






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