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Montag, 25. Juli 2016

Vereinigung der beiden Zypern ist nicht mehr möglich (1)

Auch zur Einschätzung der Frage nach einer weiteren EU-Integration unter der Flagge einer "Wiedervereinigung" ist es Zeit für klärende Worte und ein Abstreifen simplifizistisch-naiver Friede-Wonne-Eierkuchen-Virtualitäten. Denn schon der Gebrauch des Wortes "Wiedervereinigung" ist ein Etikettenschwindel. Die Türkei hat in den letzten Jahrzehnten ganz gezielt (dazu brauchte es keinen Erdogan, dazu genügte der in der Türkei sehr starke Rechtsnationalismus, der Erdogan ja so geschickt in die Hände spielt bzw. mit dem er spielt, denn sie finden in der AKP eine Heimat) die dort ansässige ursprüngliche türkische Bevölkerung durch Massenzuwanderung aus Anatolien vollständig überlagert. Die ehemaligen zyprischen Türken GIBT ES GAR NICHT mehr, um die geht es auch gar nicht mehr. Und sie sind den Türken weit mehr egal als den Griechen auf Zypern.

Denn was heute in Nordzypern an Türken lebt ist mehrheitlich gar nicht mehr die ursprüngliche türkische Bevölkerung, deren Islam bekanntermaßen und seit je sehr moderat und deshalb für viele häretisch war. Die Kulturen der früheren muslimischen und griechisch-orthodoxen Bevölkerungsteile Zyperns haben sich kaum unterschieden, beide landesteile haben mehr oder weniger völlig gleich gelebt.

Das hat sich aber mittlerweile geändert. Der VdZ hat mit muslimischen Nordzyperern gesprochen. Sie haben ihm erzählt, daß sie sich weit eher mit den Griechen des Südens als Einheit sehen, als mit den hunderttausenden Türken, die nun den Norden regelrecht übernommen haben. 

Von einer Wiedervereinigung kann man also gar nicht sprechen. Mittlerweile stehen Nord- und Südzypern vor denselben Problemen wie das christliche Europ amit dem Islam generell: Hier stehen sich zwei unterschiedliche Kulturen gegenüber. Und die Traumtänzer, die von einer Wiedervereinigung* schwafeln, gehen simpler Erdogan'scher Propaganda auf den Leim. Der natürlich in dem "so gemäßigten" nordzyprischen Präsidenten, der erst vor ein oder zwei Jahren gewählt wurde und sich mit Bildern der Versöhnung und Kinderhätschelei so gerne hervortut, einen Wolf vorschickt, der Kreide gefressen hat. 

In Wahrheit ist die Frage der "Wiedereinigung Zyperns" samt anschließendem EU-Beitritt nunmehr beider Teile (Südzypern ist ja schon lange EU-Mitglied)der berühmte Fuß, den Erdogan in die EU-Türe stellen will. Die einzigen, aber in die Gesamtstrategei Erdogans wunderbar eingebetteten Gründe, warum die Gesamttürkei den EU-Beitritt möchten kann, sind zum einen handfeste wirtschaftliche Vorteile (denn die vielgerühmte wirtschaftliche Prosperität der Türkei ist ein papierenes Scheinhäuschen;: wie wunderbar wäre da ein EU-Rettungsschirm, der sich auch bis nach Antalya ausbreitet), ist ferner aber in jedem Fall eine Stärkung der außenpolitischen Großmachtsträume der Türkei, denn fortan wären deren außenpolitischen Agenden - mit einem Schlag stünde Europa mitten und direkt im vorderasiatischen Konfliktraum! 

Plötzlich wären alle die arabischen, muslimischen Länder direkte Anrainer der EU, Europa wäre direkt in türkische Außenpolitik - stärkend! - involviert!), und dann ist natürlich die aus dem persönlichen politischen Werdegang und der persönlichen Konstitution Erdogans (der ein ausgebildeter muslimischer Imam ist) motivierte Öffnung Europas für ungebremsten muslimisierenden Einfluß, der ohne jede Frage auf eine Islamisierung Europas hinausläuft. Es ist deshalb überaus auffällig, daß der "Putsch" von voriger Woche trotz dessen Dementi Fetthullah Gülen zugeschoben wird.

Denn in diesen Zielen sind sich Erdogan und Gülen - Konkurrenten! Und immerhin schätzte man (vor dem Putsch) die Unterstützung der Gülen-Bewegung im Volk auf bis zu 10 %. Warum wohl meint der Leser dieser Zeilen, daß Erdogans Vergeltungsmaßnahmen sich auch auf die Schulen beziehen? Weil Gülen gerade diesen Aspekt besonders stark betont und gefördert hat, noch vor Erdogan. Und über ihre Vereine mehr als 1000 Schulen gegründet hat. Man hat die Gülen-Bewegung sogar als "Staat im Staat" bezeichnet. Nun kann Erdogan mit seinem eigentlich intimsten Feind im Kampf um die absolute Macht abrechnen.

Will er nämlich durchziehen, sich in die Geschichtsbücher eintragen, und das will er, dann muß er seine Konkurrenten vor allem dort beseitigen, wo sie (fast oder annähernd) ums selbe Ziel kämpfen. Deshalb der Muslim Gülen als Feindbild, deshalb die Nationalismen wie der Anklang an die "Grauen Wölfe", deshalb die vielen Spagate, die er bereits vollbrachte. Und da vermischen sich für den Europäer oft die Grenzen, da überlagern sich scheinbar nämlich viele "gleiche" Interessen. Erdogan, so könnte man es sagen, arbeitet an der Herausarbeitung dieser Unterscheidungen. Das ist die Voraussetzung: Bis nur noch er überbleibt, weil alles in sich vereint. Persönlich. Ganz persönlich. Anders kann man im Orient doch auch gar nicht Politik machen. Der Europäer möge sich von seinen Vorstellungen schleunigst verabschieden! Bestenfalls im undifferenzierten Papismus finden sich da Parallelen, denn irgendwie kann man sagen: "Der Orient ist überall". Er ist nämlich eben auch eine der menschlichen Grundarchetypen, zu denen sich Grundbewegungen der Welt (bzw. des Verhältnisses zur ihr) formieren können.

Wer heute eine "Wiedervereinigung Zyperns" proklamiert, kann Zypern niemals lieben. Der lügt. Der fordert vielmehr eine Vereinigung zweier mittlerweile kulturell auseinandergedrifteten Länder und Kulturen, mit denselben Problemen wie sie Europa mit dem Islam an sich hat, um die Islamisierung Europas weiter und sogar wegen der Folgen überproportional zu stärken. Eine "Wiedervereinigung" Zyperns ist nicht nur bereits unmöglich, und zwar: durch die Politik der Türkei seit Jahrzehnten, sondern nach den Maßnahmen, mit denen Erdogan durch den "Putsch" (wo eine Handvoll Soldaten mit Schießgewehren, fünf Panzern und zwei Flugzeugen die zweitgrößte Armee der NATO ausschalten und durch Besetzung der Bosporusbrücke in eine Richtung die politische Macht in der Türkei an sich reißen wollte ...) nun endgültig jene Politik durchsetzen kann (weil angeblich "gerechtfertigt", wie ihm aus dem europäischen Kollektivpolitikerfurzchor diensteifrig und inkompetent die Segel bläht) und wird. 

Jene Politik, die er nachweislich immer schon verfolgt hat: Im Umbau seines Landes weg vom Laizismus Atatürks zum islamischen Staat Türkei, in der Reinstallierung von Sultanat und Kalifat, in der Vorherrschaft im gesamten islamischen Raum. Und davon hat der Bub aus dem verrufensten Istambuler Stadtviertel schon vor fünfzig Jahren geträumt. Dazu ist ihm ein "geeintes" (und dabei im Inneren erst recht gespaltenes) Zypern nur Köder, den Europa möglichst bald endgültig verschlucken soll.

Unter den derzeitigen Auspizien aber kann man eine Vereinigung dieser beiden Teile Zyperns nur dringend ablehnen, ja, man wird es für alle Zukunft ablehnen müssen. Und daran hat nun die Türkei Schuld.**




Teil 2) Die ausufernden Anmerkungen






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