Vielfach wird nun die Stadt Essen im Ruhrgebiet - eine der meistzerstörten Städte im Bombenwahn des Zweiten Weltkrieges, der sich spätestens nach 1943, als klar wurde, daß die Rüstungsindustrie des Dritten Reiches mit Bomben gar nicht auszuschalten ist (das zu erwähnen ist nicht ohne Sinn) - als Musterbeispiel für obrigkeitlich gefördertes, ja gewünschtes Denunziantentum genannt.
Tja, Herrschaften, die Sache dürfte anders liegen, wie die beigefügte Ablichtung des begründenden Schreibens der Stadt Essen belegt.
Nicht die Stadt Essen, nicht die Obrigkeit hat die Denunziation von Menschen, die gegen Corona-Maßnahmen verstoßen, durch Mitbürger gefördert.
Sondern sie hat lediglich eine Meldestelle eingerichtet, um die Vielzahl von Anzeigen und Beschwerden, die einlangen, zu kanalisieren, weil sie die übrigen Kommunikationskanäle verstopfen (sozusagen).
Es sind die Bürger. Und das entspricht auch der persönlichen Erfahrung. Es ist der Allernächste, der Verkäufer, der Miteinkäufer im Supermarkt, der Hilfstschakel, der die Regale füllt, das Mädel an der Kassa im Dm-markt, die einen auf die "nicht richtig angebrachte Maske" (sofern überhaupt angebracht) mahnend aufmerksam macht.
Ach, die Maske, welch herrliche Exposition der "Gleichheit", des Umbrechens auf Funktionalität.
Wer sich nicht fügt, der wird gar nicht weiter bedient. Alles hält inne, alles wird angehalten, und der Vorschriftenverletzer ist der, der alles anhält. Das "Leben" geht erst weiter, wenn endlich den Vorschriften Genüge getan wird. Und jeder, wirklich jeder kann es überwachen, jeder wird zum Teilhaber an der Allmacht.
Nehmen wir dazu aber nun auch die Fälle offener Aggression. Die meist Fälle sind, in denen Ermahnte (also die, die die Maske nicht oder falsch aufsetzen, die zu wenig Abstand halten, die beim Rauchen die Maske unters Kinn schieben, usw.) gegen die Ermahner ausbrechen. Die zuschlagen, die es nicht dulden, von irgendjemandem Dahergelaufenen mit erhobenem Zeigefinger ermahnt zu werden.
Das alles sind Erscheinungen dessen, was Josef Pieper in seinen soziologischen Schriften als Ergebnis von "Gewaltverhältnissen" bezeichnet. Die eine unausbleibliche Folge einer sozialen Struktur sind, die eben gar keine Struktur mehr ist, sondern die - angeblich - aus dem Verhalten der Menschen, aus deren "Leistung", eine Struktur ergeben. Ganz so, wie es sich die Nudellutscher vorstellen, die sich als "Liberale" bezeichnen. Die ja bekanntlich nie etwas gemacht haben, die deshalb immer auf der richtigen Seite stehen.
Wenn alle alles sein können, wie es den Kindern bereits als Gehirnwäsche eingetrichtert wird, dann ist jeder nichts. Und ist nur etwas, wenn der andere, der sich immer in Konkurrenz befindet, unterlegen bleibt, von mir übertrumpft werden kann. Kein Ort ist aber sicher, und mehr noch - niemand HAT überhaupt je einen Ort. Ein Ort, der jederzeit hinterfragt werden kann, ist eben kein Ort.
Denn Ort haben, einen Ort, einen Stand einnehmen, heißt, sich auf diesen Ort zu transzendieren. Das heißt, daß die Ordnung institutionalisiert (ob ausdrücklich oder durch den Habitus, durch das Gewohnheitsrecht, durch das Verhalten der Gesellschaft, die einen umgibt, egal in welchen Titeln und Konstellationen) sein muß, um überhaupt eine solche zu sein. Um überhaupt das Potential zu haben, dem Einzelnen, der in seinen Ort hineingeboren wird, einen Ort zuzuweisen.
Ort ist immer zugewiesen! Er ist nie frei gewählt weil überhaupt nicht frei wählbar. Selbst also, wenn er sich ändern sollte, wird er von der Allgemeinheit, also der institutionalisierenden, übergeordneten Gesellschaft zugewiesen. Man wird also immer ernannt, wird immer "gerufen". Niemand kann sich selbst "berufen"!
Was sich also am Denunziantentum in Essen zeigt ist nur Symptom für einen Gesellschaftszustand, der die Folge einer Auflösung der sozialen Strukturen ist. Der das unausbleibliche Ergebnis einer obersten Autorität (denn der Fisch stinkt vom Kopfe her, Ort und Ordnung geht immer von oben aus) ist, die nicht mehr will oder nicht mehr in der Lage ist, soziale Räume zu schaffen, in denen die Einzelnen Orte finden, die ihnen zugehören (!) und denen sie deshalb zugehören.
Denn erst Eigentum ist jene gesellschaftlich akzeptierte und relevante Zusprechung von der Verschwisterung, ja der Verheiratung von Ort und Person. Wir erleben in diesem absurden, wahrlich absurden, grotesken Theater, das sich als "Corona-Pandemie" vor unseren Augen abspielt (welche Gelegenheit zu erkennen, welche Offenbarung der innersten Grammatik unserer Welt, wie sie faktisch ist!) eine verzögerte Szenenfolge einer bereits abgelaufenen, bereits etablierten Revolution ist.
Was kaum je adäquat bewertet wird ist der Umstand, daß der Nationalsozialismus eine Revolution war. Er sah sich auch selbst so. Und das heißt, daß die bestehende soziale Ordnung, die gewissermaßen die innere Grammatik einer Gesellschaft (die in einem Staat zusammengefaßt ist) darstellt, außer Kraft gesetzt wird. Das ist die Zeit der Emporkömmlinge, das ist die Zeit, in der jeder alles werden kann. Hitler selbst hat es vorexerziert. Ein primitiver Bauernbub aus dem Innviertel schafft es zum Kanzler. Ein "böhmischer Gefreiter" zum Oberbefehlshaber einer Riesenarmee.
Und heute? Heute schafft es jeder Regalschlichter zum Chef des gesetzten und geschätzten Bürgers, der seine Gesichtsmaske nicht richtig trägt. Wenn wir also schauen wollen, was als nächstes kommt, dann sollten wir auf die Geschichte blicken.
Dort sehen wir, was auf den Versuch eine neue Ordnung zu etablieren, immer und unausweichlich gefolgt ist. Die (auch blutige) Diktatur der alten Ordnung, auf deren Stühlen nun lediglich neue Herren sitzen. Und die das Chaos der Revolution zu beseitigen verspicht. Sie wird von den Bürgern mit Erleichterung begrüßt.
Denn die Menschen spüren sehr richtig, was ihnen fehlt: Da ist einmal die Ordnung, die ihnen - endlich! - einen Ort gibt. Diese Ortszuweisung aber muß nicht nur von oben kommen, sondern sie muß auch von oben mit ausreichend Gewalt gesichert sein.*/**
*Das ist der Grund, warum der VdZ seit je und auch hier nachzulesen immer davon gesprochen hat, daß die Zukunft eine RECHTE Diktatur (wie immer sie sich nennen wird, auch wenn sie sich LINKS nennt, sie IST rechts, also nach rückwärts gewandt, im Zugriff auf die äußerlichen und veräußerlichten Prinzipien einer alten Ordnung) bringen wird. Haben wir die nicht bereits?
**Das wird umso schlagender, als die Menschen vom Liberalismus, der sie in ihrer Untugend der Gegenwart nicht "stört", der verspricht, daß sie dabei bleiben können, umso mehr äußere Gewalt und Gewaltstrukturen brauchen, der Ordnung ihr damit ihren eigenen Ort zuweisen und sichern. Ordnung und Ort, also auf andere Weise gesagt: Identität, wird damit zu einem künstlichen Konstrukt! Dem jede fleischliche (und das ist historische) Genese fehlt. Der Ruf nach Ordnungsmächten wird umso stärker, je mehr diese Ordnung nur durch Gewalt festgelegt und gehalten werden kann, weil sie sich den eigenen "Bedürfnissen" anpassen muß.
Das heißt: Ordnung ohne Gehorsam, dafür JETZT mit extremem Gehorsam den neuen Forderungen gegenüber, capisce?
Ach, fällt einem da aus Zufall ... "China" ein? Höre der Leser hier mal unbedarft diesem Vortrag zu. (Von jemandem, der enorm viel "weiß", aber auf erschütternde Weise keine Ahnung hat, weil er nach liberalistischer Verblödung "denkt".) Höre er dazu die Aussagen von jemandem, der auf SF als "größter China-Kenner" bezeichnet wird. Der Westen, das Abendland, kann das momentane Geschehen, kann die Weltwirklichkeit einfach nicht mehr denken.
China nennt sich Garant des Kapitalismus, man höre, man staune. Denn das stimmt!
Oder eben nicht. Denn: Könnte man vielleicht nicht jetzt oder bald mit allgemeiner Akzeptanz eine völlig neue Aussage kreieren? Nämlich die:
Links = Liberalismus ist ein Mittel. Genauso wie der Kapitalismus = Liberalismus. Rechts ist aber das Ziel und die Praxis.
*191020*