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Mittwoch, 10. Februar 2010

Nur eine ganze Welt

Nähert man sich den Dingen über die Ebene des "wissenschaftlichen Beweises", versucht man sie in ihrer Plausibilität als Konstrukte bekannter oder zu kennender Elemente positivistisch zu errichten, so begibt man sich zugleich ihrer selbst! Man verfehlt sie, tritt nicht in ihre Sphäre, um sie - sie - zu nutznießen. Sondern man reduziert sie auf das bereits vorhandene Maß.

Der Technizismus, der Positivismus, die Wissenschaftshörigkeit, sind also keine Probleme der Herangehensweise an ein Ding, und die Verfehltheit ihres Ansatzes ist keine "moralische" Frage eines möglicherweise "illegitimen" Weges, der aber denn doch zum selben Ziele führt.

Wenn es überhaupt eine moralische Frage ist, so ist es das Problem der Verfehlung der Fülle der Wirklichkeit durch Schuld. Denn die Verquickung von "Beweis" mit "Lebensverweigerung", mit Angst und mangelnder Bereitschaft sich ans Leben hinzugeben - und hier setzt Schuld in Wirkung an - ist evident.

Der Technizismus aber, der die Dinge meint über Funktionalitäten errichten zu können (sie sind bestenfalls zu begünstigen) erschließt nicht auf illegitime Weise dieselbe Wirklichkeit, die den Dingen anhaftet, eigen ist, um sie allenfalls zu mißbrauchen. Das Resultat aber wäre dasselbe - dieses, jenes "Ding".

Nein.

Er schließt genau diese Fülle der Wirklichkeit der Dinge aus! Er reduziert somit Welt und nimmt den wirklichen Wert der Welt, der immer ein Erkenntniswert der (und: durch) Teilhabe ist.

Haltungen, und es sind Handlungen gleichermaßen, wie Glaube und Gehorsam (der immer ein solcher der Tradition gegenüber ist) sind also Voraussetzungen, um die Wirklichkeit der Welt überhaupt zu erfahren! Weshalb der Rationalismus, der voraussetzt (!), daß die Welt nur über bestimmte (und bislang definierte) Meßverfahren überhaupt erfahrbar, erkennbar, nachvollziehbar und deshalb beziehungsweise weil auf sie reduziert ist, eine wahre Weltzertrümmerung ist, an dessen Ende nicht Erkenntnis, nicht einmal reduzierte, steht, sondern - leere Hände, sinnloses "Wissen".

Jede technische, technizistische Annäherung an die Welt ist lediglich eine ausschnittsweise, reduzierte, in bestimmten Teilaspekten an den Wirkungen erfahrbare, aber: genau um das Wesentliche entkleidete Welt und Wirklichkeit. Wissenschaft, Technik, Empirie, Tatsachentreue etc. - sie alle sind lediglich Plausibilitätsverfahren, die die wirklichen subjektiven Welt- und Wirklichkeitsebenen nur verifizieren (oder falsifizieren). Aber sie können die Wirklichkeit nicht nachschaffen. Um die Welt zu erkennen, und an ihr teilzuhaben, in aller Ganzheit, dazu braucht es eine Haltung des Gehorsams dem Geheimnis gegenüber, das sie ist, braucht es die Haltung des Abschieds von sich selbst, des Zuerkennens der Autorität, die man dem Begegnenden schenkt.

Das schließt nur der Kult, und in dessen Rahmen: die Kunst ein.

Ganzheitliche Welterkenntnis, die immer eine Teilhabe an ihr ist, setzt also immer eine religiöse Haltung voraus. Die areligiöse Haltung ist nämlich keine um eine Dimension lediglich reduzierte Art, der Welt zu begegnen. Sie ist eine Art der völligen Weltverfehlung.

Es bestünde keine Hoffnung. Wäre der Irrende nicht zuerst jemand, der schlicht nicht in Besitz seiner selbst ist, in dem sohin zwei Erkenntnisebenen miteinander in ungeschlichtetem Streit liegen. Denn den zweiten Baum, den des Lebens, den hat uns Gott ... vorsorglich gleich nach der ersten Katastrophe entzogen.