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Samstag, 20. Februar 2010

Uneinnehmbare Festung

Untersuchungen haben schon in den 1950er Jahren ergeben, daß innerhalb einer Familie gehäuft auftretende Eigenschaften und Fähigkeiten nicht wirklich signifikant mit "vererbten Eigenschaften" zu tun haben.

Was aber hat dann über Jahrhunderte nachweisbar bestimmte Berufe und Begabungen so an die Familien gebunden, was sie dort beheimatet, so daß oft über fünf, zehn, ja dutzende Generationen solche Tätigkeiten mit Familien verbunden waren, so daß sich oft beträchtliche Potentiale an Kapital - finanziell wie wissensmäßig - anhäufte?

Viel mehr, so formuliert es Richard Kaufmann, war es also etwas anders, es war der Wille, der in den Familien aufrechterhalten wurde, überhaupt eine Familie zu SEIN. In keiner soziologischen Gruppe war dieser Zusammenhalt derart ausgeprägt und durch das Blut natürlich, wie in der Familie. Die sich erst seit einigen Jahrhunderten auf zwei oder gar eine Generation beschränkt - noch bei Martin Luther eher als "Haus" zu verstehen war, zu dem nicht nur sämtliche Generationen, sondern auch Gesinde oder Bedienstete (in der Antike auch die Sklaven) gehörten.

Die unbedingte Souveränität bot die Möglichkeit, sämtliche Familienmitglieder im selben Geist zu formen. Als denselben Gesetzen gehorchend, und beständig auf bestimmte Ziele hin orientiert zu sein. Nur dort besteht eine Verbindlichkeit, die keine Grenzen mehr kennt. In jedem Fall ist es schon damit zutiefst human, den Geboten der Familie mehr zu gehorchen, als jenen des Staates (Antigone!). Alles ist ersetzbar - Familienbindungen aber sind einmalig. Dadurch war die Familie uneinnehmbare Festung allem Zentralismus gegenüber.

Damit aber auch das oberste Angriffsziel des Totalitarismus der letzten beiden Jahrhunderte. Wo immer der Wille die Herrschaft übernahm, die Menschen zu "gestalten", wo immer die Anmaßung herrschte, das Recht zu haben, den Willen, die Freiheit des Einzelnen zu ignorieren, mußte als erstes die Integrität der Familie gebrochen werden.

Dieses Ziel ist deshalb erst dann möglich und denkbar geworden, wo das Menschenbild sich änderte: vom Ebenbild Gottes - zum bloßen Teil der Natur, zum Produkt. Wie es seit der Aufklärung in Europa zu dominieren begann.

Heute ist es bereits völliger Normalzustand, daß die Politik "beschließt", welche Werthaltungen in den Familien zu herrschen hätten. Das kann sie nur, weil die Familie über die Emanzipierung ihrer Teile atomisiert - "aufgeknackt" - ist.




*200210*