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Sonntag, 24. Juli 2011

Zufrieden mit der Hölle

Wenn Daniel Feuling OSB in seiner "Glaubenslehre" schreibt, daß letztlich wir selbst es sind, unsere Gewissen es sind, die uns Gericht sprechen, nach dem Tode, so weht um diesen Gedanken große Ahnung, wozu denn das menschliche Erkennen - das es nur auf der Basis der Freiheit gibt - dienen soll.

Denn über das Erkennen bildet sich im Erkennenden jener Horizont, in dem er lebt. Und der ihm auch dereinst das Gericht spricht, gewiß, was sonst. Aber so wird auch deutlich, daß die Teilhabe an der Wahrheit das entscheidende Kriterium dafür ist, wo wir einmal landen. Dereinst, nach der Neuschöpfung, wenn unserer Seele wieder ein Leib zugedacht wird, aus der materia prima, wie Thomas von Aquin das beschreibt - aus der ungeformten Materie, die reine Potenz ist. Das macht sogar die Bedeutung der Kunst noch faßbarer, bei deren Betrachtung sich im Betrachter das Gute bilden soll, in dem er sich aufrichtet zum Ewigen, das ihm einmal Heimat sein wird.

Wir leben also auf ewig in jener Welt, die wir uns in diesen Jahrzehnten unseres Erdenlebens im Geiste aufbauen, zu der wir selbst uns - in der Gnade Christi, aber auch in allem Bemühen um Freiheit - erlösen lassen.

Feuling zitiert noch einmal Thomas: denn der habe (ich habe es nicht prüfen können, weil die Stelle nicht gefunden) auch gemeint, daß Gott in seiner Güte die Strafen für jene, die sich kraft ihres Lebens, ihrer Charakterprägung für das Nicht-Sein, für das rein Irdisch-Immanente entschieden haben, also in der Hölle der Gotttrennung enden, nicht in vollem Ausmaß vollziehen wird. Thomas habe gesagt, daß diesen die bloß irdische Glückseligkeit sogar bleiben wird, es fehlt allerdings alle Übernatur, alle paradiesische Seligkeit.

Das wird dem atheistischen, nein: a-religiös banalen Geist der Gegenwart ja genügen. Der ja nicht einmal die Sehnsucht der Heiden der Vorzeit mehr ernstnimmt, die sich nichts mehr gewünscht haben, als die Begrenztheit des Irdischen - wo erst das Menschsein im eigentlichen Sinne anfängt, im Geist! (Gott ist reiner Geist) - zu durchbrechen, um am ewigen Glück teilhaben zu können. Eine Welt ohne Geist ... fast könnte man meinen, wir hätten sie schon erreicht. (Oh nein, ich spreche gewiß nicht von so manchem Wesenhaften, das auch als "Geist" bezeichnet wird, und Dämonie - weltimmanenten, ausweglosen Geist - meint.) Eine Zeit, in der wir nicht einmal mehr über das Paradies nachdenken, eine ewige Glückseligkeit als Sehnsucht, als Traum, keine Rolle mehr spielt.

Und? Ist's so schlimm?

Sehen Sie, das ist das eigentlich Erschreckende: die Antwort, die man darauf erwarten kann. Stell Dir vor, es ist Hölle, und keiner merkt's. Weil keiner mehr weiß, was Schönheit und Glück ist, und auch keiner mehr damit rechnet. Sodaß wir die Rollbalken zum Sein heruntergelassen haben, zunehmend in uns gefangen - uns selbst Horizont, uns selbst Paradies.


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