Teil 2) Wie Psychologie auch den Konflikt Abendland-Orient entschied - 
Und: Ausufernde Anmerkungen
Interessant auch die Auswirkungen 
der griechischen Siege bei den Persern, wie Fuller sie beschreibt. 
Dareios, der gerade sein Reich halbwegs gefestigt hatte, wußte um die 
psychologische Wirkung von Siegen oder Niederlagen auf das Volk. Und so 
sind seine taktischen Überlegungen in seinen Griechenland-Expeditionen 
manchmal bis in Einzelentscheidungen hinein gekennzeichnet von je aus 
aktuellen Wendungen und deren Folgen folgende Überlegungen der 
Auswirkungen eines Gesamtausgangs auf den Zustand des Gesamtreiches. Den
 Entscheidungen der Perser in den Schlachten ist, wie der britische 
General² sie vor rund 70 Jahren so schön herausgearbeitet hat, deutlich 
ihr Zusammenhang mit Überlegungen zu solchen psychologischen 
Auswirkungen im Inneren des Perserreiches anzumerken. 
Dareios
 wollte schließlich auf jeden Fall ein Desaster vermeiden, es hätte ihn 
sein Reich kosten können. Und so verschob sich eine Grenze nach unten, 
ab der er Rückzug oder Vorsicht oder auch zu hohes Risiko wählte, weil 
er mit einzelnen Schlachtenwendungen das ganze Reich in Gefahr bringen 
konnte. Daß er schließlich nach Persien zurückeilte, Ionien - das im Sog
 der Wirkungen der Siege Athens bereits mutig geworden war - und den 
ganzen Hellespont aufgab, um sein Reich im Inneren wieder zu festigen, 
war Folge einer Kette von Ereignissen,  in denen er Schritt für Schritt 
zurückwich, um Niederlagen zu vermeiden, die aber erst recht nächste 
Niederlagen brachten.
*Wiewohl die Schlacht ein 
großartiges Lehrstück der Taktik ist. Die zahlenmäßig deutlich 
unterlegenen Griechen hatten von einer Anhöhe herab ihr Zentrum 
schwächer gemacht, um die Flügel zu stärken. Denn es mußte vermieden 
werden, daß die Perser sie umfaßten. Als die Phalanxen nun aufeinander 
losmarschierten, begann so eine Art Automatismus zu wirken, in dem die 
Perser mit jedem Vordringen in der immer konvex-konkaver werdenden 
Frontlinie in der Mitte die Gefahr erhöhten, daß sie von den 
griechischen Flanken umfaßt und schließlich vom Strand und den Schiffen 
abgesperrt würden. Außerdem verlor die wirkungsvollste Waffe der Perser,
 die Bogenschützen, seine Einsatzmöglichkeit. Panik machte sich breit, und die Perser flohen unter extremen Verlusten auf die Schiffe. 
Fullers
 Ausführungen darüber, was der eigentlich nicht verständliche Verzicht 
der Griechen auf Bogenschützen über den Geist sagte, den Mut, mit dem 
sie kämpften, sind lesenswert; denn der Bogen ist die Waffe der Mutlosen
 und Einfachen, während den Griechen individuelle Tapferkeit wichtiger 
war als technische Effizienz. Sie haben freilich mit der Zeit ihre 
Kampftaktik doch auch mehr angepaßt. Speziell bei Plateia machte sich 
diese Tatsache aber auch anders bemerkbar. Nämlich darin, daß mit dem 
sieben-, achtstündigen Kampf den "Nicht-Adeligen" Massenkämpfern der 
Perser (zentralistische Mächte brauchen Volksheere, denn ihnen fehlt der
 Adel und dessen Ethos) schlicht die Kraft ausging. 
Übrigens
 betraf diese Umfassung den persischen rechten Flügel - über dessen aus 
simplen menschlichen Gegebenheiten erwachsene Schwäche (die meisten 
Männer sind Rechtshänder, können sich also nach rechts nur schützen, 
indem sie zur Hauptkette hin aufmachen) noch Napoleon wußte, der fast 
prinzipiell über den rechten Flügel angriff.
**Wir
 wollen hier nicht die Diskussion aufgreifen, ob Homer eine historische 
Person war oder nicht. Dem VdZ scheint aber das Argument Goethes, der 
mit Schiller meinte, daß das Werk so im Ganzen gerundet, so als Ganzes 
komponiert sei, daß es nur einen realen Letztschöpfer haben kann, am 
überzeugendsten. In dieser Zusammenhangkette also - Homer - Salamis - 
Athen etc. - kann man den Satz mit vollem Recht sagen: Daß Homer ganz 
real als Schöpfer des Abendlandes anzusehen ist.
²Übrigens schreibt Fuller, daß er im Zuge seiner Studien zunehmend auf älter und alte Autoren zurückgegriffen hat. Denn er mußte erkennen, daß je jünger die Schriftsteller waren, sie desto weniger das Wesen des Krieges zu begreifen begannen. Die 
Alten hatten den Krieg noch als natürlichen Prozeß verstanden, während 
der in den neuesten Zeiten Krieg immer mehr nur noch zu einer 
katastrophischen Eskapade wird, die (weil im Status des "immer vermeidbaren und vermieden werden sollenden") für die Geschichte selber von zweitrangiger und gar nur hinderlicher Bedeutung ist.
Bücher zum Zweiten Weltkrieg - Fuller quittierte 1933 seinen Dienst, weil er sich in seinen Warnungen, daß ein nächster Krieg ein Bewegungskrieg sein würde, heillos unverstanden, ja nicht ernstgenommen fühlte, und schrieb fortan nur noch vorwiegend militärhistorische Bücher - lehnte er bis zu seinem Tod 1966 weitgehend ab. Sie seien, so der Brite, zum einen viel zu sehr Apologetik der jeweiligen eingenommenen Seite, während Originalquellen unzugänglich blieben, und zum anderen befände sich die Welt in einem Dauerkrieg (dem Kalten Krieg), sodaß die Veröffentlichungen gar nicht objektiv sein könnten sondern bewußt oder unbewußt nie ausgesetzte oder neue Kampfmittel seien. 
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