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Donnerstag, 27. Oktober 2016

Aber die größere Gefahr ist der Relativismus (4)

Teil 4)




Die abendländische Kultur ist eine Kultur der katholischen Messe und Meßliturgie

Daß aber die Formenstrenge der Liturgie die eigentliche Dimension ERST UNTER DIE MENSCHEN TRÄGT wird dabei sogar leicht vergessen und aus menschlich-allzumenschlichen Regungen und Befnagenheitsneigungen sogar zur Nebensache. Damit wird die Liturgie nach und nach abgeschwächt, mit der Zeit sogar unnötig. Und wer die Liturgieveränderungen in den letzten 45 Jahren ansieht sieht auch, daß es tatsächlich zu einer immer weiterführenden "Vermenschlichung" der Liturgie kam, während das geistige Leben - und das erkennt man ganz konkret an der Lebensweise, die Ausdruck des wirklich, nicht nur im Gewußtsein vielleicht aus logischen Gründen Plausiblen, sondern des wirklich Geglaubten ist - einen vor 50 Jahren kaum vorstellbaren Tiefstand erreicht hat. Was der VdZ in seiner Kindheit in den 1960er Jahren noch erlebte war verglichen mit heute eine Dichte einer katholischen Kultur und eine Gegenwart von Symbolik, die vor dem Horizont der Gegenwart wie ein Paradies der Lebensfülle, wie eine Erzählung aus 1001 Nacht erscheint.

Das ist der Grund, warum schon bald nach den ersten dieser Reformen, als diese Gefahren auszurechnen waren, wie sie sich auch tatsächlich realisiert haben, Bewegungen entstanden - erst waren es nur vereinzelte Priester, Theologen, Gläubigengruppen, heute ist diese Bewegung schon etwas breiter - die Forderung nach "Reform der Reform" laut wurden. Und einzelne Gruppen wenigstens in musealem Gestus die Liturgie als lückenloses Flechtwerk der Symbolik zu bewahren suchten. So, wie Kaiser Karl im Untersberg schläft, um eines Tages wieder hervorzutreten, ist dies in einem ersten Schritt in den entsprechenden Dekreten der Päpste Johannes Paul II. und vor allem Benedict XVI. geschehen, in der diese symbolvolle Liturgie nunmehr wieder allgemein zugängig gemacht werden soll. (So wenig das in der Praxis auch geschieht, so haben die, die es tun, heute wenigstens einen offiziellen Status der "Gestattetheit", was manche Verkrampftheit aus "Verteidigungs-Reaktion" - siehe "Rubrizismus" u.ä. - mittelfristig wieder lösen sollte.) 

Weil aber der Mensch ganz real zu allererst auf das Sein selbst - auf Gott - ausgerichtet ist, weil alles Leben sich in seinem innersten Kern als "Stehen vor Gott" erweist (man muß es nur sehen lernen, dann - sieht man es, in jedem Leben!), ist der erste menschliche Lebensvollzug ein Symbol des Herkommens von diesem Gott. Der Geburtsvorgang ist seltsamerweise noch von niemandem (zumidneste ist dem VdZ niemand bekannt) als das begriffen worden, was sich doch so offensichtlich vollzieht: Als geheimnisvolle Synthese aus Opferschmerz der Mutter (als Symbol der Kirche, ja Erde, hineingezwungenin einen phantastischen Ritus, in dem ihrer Öffnung auf den logos hin etwas mit ihr geschah und nun im Geburtsvorgang passiert, das "über sie kommt" wie die Macht Gottes) und Hereinbrechen des Transzendenten, des "von außen, aus dem Geheimnis kommenden", dem Kind. 

Alles Leben geht deshalb von jener Grundgestalt aus, die der Mensch "als" göttliches, sakrales Geschehen voller Symbolik - als Symbol - zuerst erfährt. Kein banales Nutzendenken kann sie noch zerbrechen, liegt das Würmchen in den Armen der Mutter und sucht die Brust. Das denkt sich der VdZ immer, wenn er in Sopron/Ödenburg, wo er seit geraumer Zeit wohnt, auf auffallend vielen Tabernakeln die Statue der Gottesmutter plaziert sieht, immer in ihrem Mantel, der die gewobene Welt ist, sodaß der fleischgewordene Gott "unter" ihr wirkt, als gebäre sie den Schöpfer und Erlöser in einem durch die Kunst der Schöpfer dieser Sakraleinrichtungen immer gleich präsenten, deshalb immerwährenden Akt der Geburt.

Das macht noch verständlicher, wenn man in Zusammenfassung so vieler weiterer Symboliken begreift, daß jedes menschliche Leben im Gottesdienst, diesem Gesamtkunstwerk der Symbole, diesem in der Liturgie real präsenten Reich Gottes, seinen Ausgang nimmt. Von dort ging jede Kultur aus - von ihren Sakralstätten, die heute noch oft die eigentlichen menschlichen Ansiedlungen rein architektonisch weit überragt (Chartres, Mariazell, immer noch: Wien, Köln, Jerusalem, etc. etc.; von anderen Religionen und archäologischen Zeugnissen gar nicht erst zu reden) Es war die sakrale Architektur, die die menschlichen Rhytmen und Bewegungsdynamiken und Harmonikonstellationen gestaltete, und es war die Liturgie, der Sakraldienst, der ihnen jene innere Bewegungsmotivik gab, aud der heraus sie dann sechs Tage lang ihr Alltagsleben gestalteten. Wer an dieser Religion nicht teilhatte, hatte deshalb auch am Leben eines Volkes nicht teil.*

Es ist das Fest - Symbol reinster Form, reines Geschenk der Freude und Schönheit - aus dem eine Kultur entsteht. Das Fest, das an sich Symbol ist, weil es "einen Sinninhalt" zelebriert. Bis heute hat selbst das banalste Bierzeltfest, die simpelste Kirmesfeier, einen Kranz von Symbolen, der es zum Fest "macht", der es zu einem Festkranz zusammenschließt. Was allen Kulturen also schon eigen ist, ist es dem christlichen Abendland schon lang, denn anders als alle übrigen ist sein Fest REAL, eine andere Welt, ein Hineintreten in die jenseitige Welt.

Es ist deshalb die heilige Messe als Ort größten Kunst- weil Symbolgenusses, ja "Verzehrs", die sogar noch die Symbolik übersteigt, weil es REAL macht, weil es das überbordende der Formensprache zum "realen Weltgeschehen" macht - als Sakrament. Was allen anderen Religionen nur "im Gedächtnis" real bleibt, bleibt dem katholischen Christentum als "Weltending" real, greifbar, sichtbar, konsumierbar. Real selbst dem, der es nicht in seiner geistigen Dimension sehen kann, wie der Stein an dem sich der Fuß blutig stoßt, obwohl man ihn nicht sah. Und real und der willentlichen Teilhabe aller menschlichen Ebenen offen auf jeden Fall dem, der glauben will und sich deshalb diesen Ebenen und dieser Dimension öffnet.


 Morgen Teil 5)




*Es kann oder muß gegenüber dem Islam nur eine Abgrenzung der Unvermischtheit, also der Ausgrenzung aus dem Kulturraum Europa als Kritikpunkt geben. In so vielem aber, was am Islam kritiseirt wird, zerlegen wir unsere eigenen kulturellen Grundlagen, daß es oft nur noch schauderlich ist. Ja, gut, manche Formen - als Symbole und Riten, die auch im Abendland letztlich noch existieren - sind überzogen, eigentlich entsymbolisiert und erschreckend banalisiert. Aber das kann nur ein Problem des Islam selbst sein, den wir von unserer Kultur einfach fernzuhalten haben. Dann können oder dürfen wir ihn sogar wieder ob seiner zweifellos großen Poesie als Menschheitsgut (freilich, nicht als Religion, die wir attraktiv finden könnten) lieben!





*070916*