Man kann bei der Lektüre von Alexis de Tocqueville den Eindruck nicht ganz verleugnen, daß er sich auf äußerst geschickte Weise der paradoxen Intention bedient. In etwa dem Kabarett vergleichbar. Dabei deklariert er sich klar als Befürworter der Demokratie, und lehnt die Aristrokratie (Tocqueville verwendet das Wort als Synonam für Monarchie) als überlebt und nicht mehr restaurierbar ab.
Aber er ist vor allem eines: ein großartiger Beobachter und scharfsinniger, wahrheitsliebender Denker. Und das garantiert die entzückendsten Wendungen in seinen Schriften, in denen Fakten mit spielerischer Leichtigkeit Behauptungen widerlegen, ohne daß die Behauptungen je widerrufen würden.
Seine Schriften zu den Segnngen der Demokratie scheinen dabei immer wieder nach dem Motto zu verlaufen:
"Die Aristokratie ist heute zweifellos ein Übel, denn es kommt in ihr tatsächlich immer wieder vor, daß jemand Hungers leidet, der dann um Brot betteln muß. Was gewiß höchst unangenehm ist, denn nun ist er denjenigen zu Dank verpflichtet, die Gratisspeisungen einrichten, schon gar, wenn sie ihn selbst bedienen.
Das hat die Demokratie erfolgreich beseititigt. Denn getreu ihrem Leitsatz, daß in einer demokratischen freien Gesellschaft von Gleichen jeder den anderen zerfleischen muß hat sie dafür gesorgt, daß nun alle satt werden und niemand niemandem mehr Dank schuldet. Man muß nur die Verteilung der Tranchiermesser gewährleisten, denn dort könnte die Demokratie ein Problem bekommen."
*010916*