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Sonntag, 9. Oktober 2016

Erfolg aus Liebe zu Gott

In so gut wie allen Völkern umspielt den erfolgreichen Menschen, den, der "etwas erreicht" hat, den "Helden", ein Glanz von Göttlichkeit. Ob da nun bewußt so gesehen wird oder nicht, denn Bewußtheit ist für das Stehen des Menschen vor Gott nur ein spezifischer, aber in gewiser Hinsicht nicht einmal ein entscheidender Faktor. 

Es ist dieser Zusammenhang, der Erfolg in den Augen der Menschen so hoch stellt. Denn das Wirkliche ist unsichtbar, und es ist vor allem in der absoluten Wirklichkeit gegründet - in Gott. Wen die Götter lieben, den bedenken sie also mit besonderer Teilhabe an ihrer Wirklichkeit (und damit Wirk-sam-keit). Verliert sich eine Kultur in Zweifel über Gott, bricht auch die Ursprunghaftigkeit der Welt in die Welt zurück. Und so entstand der Mythos von Leistung. Er ist die Verweigerung der Tatsache, daß wir Menschen uns zwar mühen können, daß wir viel mit Gewalt herbeizwingen können, daß aber letztlich alles gar nicht in unserer Hand liegt - es liegt in der Hand Gottes, es liegt in der Hand dessen, was Robert H. Frank als "Success and luck" bezeichnet. Ein Buch, in dem er dem Mythos der "Leistungsgesellschaft" (Meritokratie) auf den Zahn fühlt.* Mit einer ganz erstaunlichen Wahrheit: Daß so gut wie alle Erfolgsgeschichten Geschichten von glücklichen Fügungen, Zufällen und unverdienter Gelegenheiten sind.**

Aber nur schwer kommt es uns über die Lippen zuzugestehen, daß wir unsere Erfolge dem puren Glück und "Zufall" verdanken, und nicht unserer "Leistung".***  Denn dies hat mit der Legitimation zu tun, die wie immer nur als göttliche Zuwendung, als Wille Gottes gegeben ist. Im Mythos (und Mythen sind immer Erklärungsmodelle für unsichtbare, nicht begreifbare, aber wirkmächtige Kräfte) wird ja das Göttliche begrifflich, und damit Weltgeschehen legitim und erklärt. Im Mythos von der Leistung, der alle alles verdanken (oder nicht), vergöttlicht sich in einem verzweifelten Akt der Mensch.

Aber natürlich kann das nicht zum umgekehrten Schluß führen - daß wir gar nichts zu tun hätten als dazusitzen und auf die Zuteilung von Glück zu warten. Vielmehr ist göttliches Wirken die angeeinte Gemahlin des menschlichen Selbstübersteigens ins Nicht-Planbare, ins Ungewisse, in einen ungewissen Ausgang - im Mut, ins Nichts der Zukunft zu steigen, weil man den tektonischen Gesetzen seines Platzes, seiner Gestaltharmonie gehorsam ist. 

Gerüstet nur mit dem Wissen weil aufrichtigem Streben, in einer Situation unser Bestes gegeben zu haben. In diesem Besten wird unser Sein, das ja auch ein Mögliches als Anfrage und Auftrag ist, zu seiner größtmöglichen Fülle der Verfleischlichung (als Welt) geführt. Mit "Leistung", die vielleicht nach technischen Kriterien "meßbar" würde, hat das bestenfalls ganz am Rande zu tun.

Diese Fülle ist nämlich nicht abstrahierbar. Es ist nicht die "Leistung", die einen Menschen zum Erfolgsmenschen macht, ihn etwas erreichen läßt, sondern es ist der Erfolg als "Glanz eines Ortes, an dem man zu stehen kommt", der ein Handeln als Leistung erscheinen läßt. Sie ist immer an unseren Ort gebunden. Und jedes Streben nach "mehr", nach größerem Wirkkreis, ist ein Streben nach Ort, nicht nach Leistung.

Wer andere Wege sucht mag sogar gewisse Erfolge erreichen, aber sie werden nie von Dauer - "Nachhaltigkeit" - sein, mit großer Sicherheit aber Ungerechtigkeit vor allem für die Mitwelt bringen. Denn auch Gerechtigkeit ist Klangharmonie eines Ortes, ist Architektur, also weit mehr Ästhetik als Leistung. Das zu überspielen, zu vernebeln, soll der Mythos vom Zusammenhang von "Verdienst" und "Erfolg" dienen. Und für dieses schändliche Gaukeltheater haben wir sogar eine ganze Bewußtseinsindustrie beschäftigt, mehr aber: sind wir ihr zum Opfer gefallen. Und plagen uns mit einem Wirklichkeitsverlust, der uns wie ein Dämon ein Leben lang verfolgt. Denn auch das wäre eine mehr als lohnende Aufgabe: Die Geschichten vom Erfolg durch Leistung (die nur manchen Interessen dienen, sonst nichts) auf das hin zu durchleuchten, wo sie sich gar nicht der Leistung verdanken.

Nach dieser Gaukelei formen wir mittlerweile aber ganze Generationen, denen wir denselben Mythos erzählen: Daß ihre Lebensstellung von ihrer Leistung abhinge, ja nur daraus hervorgehe. Und nicht vom Wollen Gottes, der uns an Stellen setzt, denen wir zu genügen haben. Darin erst liegt unser wesentliches Motivans für Leistung: Liebe zu Gott, Liebe zum Sein. Alles andere ist Geschenk. Für den Verstockten: Zufall. In jedem Fall aber: Zugemessen. Nicht: Selbst verdient.



*Eines der vielsagendsten Beispiele, die er anführt, ist die Erzählung von einem Experiment. Es sagt so viel aus! - Man hat drei Probanden in einen Raum gesetzt, und einen von ihnen per Zufallsgenerator zum "Chef" bestellt. (Autorität kommt von außen!) Augenblicklich wurde er von den anderen als Chef akzeptiert. Sie fanden auch nichts dabei, daß er bei der Verteilung von Tortenstücken ein zweites Stück bekam. Und auch der "Chef" empfand es als gerecht.

**Er wäre freilich kein Amerikaner, wenn er diese seine Erkenntnis nicht sofort in eine "Methode" umzusetzen trachtete, weil alles als Funktionsablauf sähe. Die Verbindung zum Sein erkennt er nicht.

***Der VdZ hat einige wirklich erfolgreiche Menschen kennengelernt. Und immer ist ihm aufgefallen, daß sie von oft beeindruckender Demut geprägt waren. Denn sie haben ihren Erfolg als "Glück" betrachtet. Ja, erst als sie das begriffen, als sie aufhörten danach zu streben, hat er sich eingestellt.





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