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Sonntag, 30. Oktober 2016

Über die Ursprünge des Islam (3)


Teil 3) Wie eine Religion entstehen kann, 
und auch heute laufend neue Religionen entstehen






Aber jede Religion BRAUCHT konkrete Personen und Gestalten, in denen sie sich am vollkommensten verwirklicht. Denn der Mensch ist, wie Y Gasset so schön sagt, "utopisch". Er ist nur Mensch, wenn er sich auf ein Ideal hin transzendiert. Zumindest in der Funktion den Helden in unseren "Heldensagen" vergleichbar. Die dabei immer eine mehr oder weniger kleine oder große historische Substanz haben.

Ein Hinterfragen der Historizität der Geschichten über Mohammed verbietet aber der Islam. Vielleicht gab es ihn, vielleicht war er ein Kaufmann, vielleicht war er einer der ersten oder der erste, der diese Funktion erkannte, sah, oder sich dazu berufen fühlte. Die Merkmale "persönlicher göttlicher Inspiration" sind ja keineswegs selten anzutreffen, schon gar nicht bei einer gewissen "verinnerlichten" Religionsauffassung, wie die Geschichte des Protestantismus so eindrücklich zeigt, die von "Erwählten" als Träger direkten göttlichen (Reform-)Auftrags nur so wimmelt. Mit diesen verbindet ihn auf jeden Fall, daß in der Figur des "Mohammed" unwichtig wurde, ob er eine historische Gestalt oder eine rein poetischen Wirklichkeiten folgende Idealgestalt war, auf die die menschliche Tradierung mit der Zeit alles einigte, was einer "Idealfigur" (der Zeit) entsprach.

Der VdZ kennt persönlich gar nicht wenige Menschen, die sich als solche Inspirierten sehen und eigentlich eine neue Religion gründen (wollen). In allen Fällen übrigens als Konglomerat aus christlichen, also vorhandenen, traditionellen Religionsvorstellungen, persönlichen Variationen und Einfällen, und natürlich immer im Maß der geistigen (nicht:geistlichen!) Tiefe und vor allem am Bildungs- und Verstandeshorizont derjenigen. Praktisch immer sind deshalb Religion"en" (außerhalb des katholischen Christentums, das ja eigentlich keine "Religion" in diesem Sinn ist) Simplifizierungen zu verdanken, in denen geistige Sachverhalte nicht oder mangelhaft verstanden werden. Der häufigste Grund dabei ist die Verdinglichung geistiger Inhalte, also ein kategorialer Denkfehler, der in subjektiver Leistungsfähigkeit und -willigkeit begründet liegt. Die Rolle der Trägheit dabei, auch in ihrem Wechselspiel mit subjektiven Lebensphasen, Charakterprägungen und Lebensaltern, ist immer eine eigene Untersuchung wert.

Dort ist auch der Ansatzpunkt, an dem man sie allesamt erkennen kann, denn keineswegs ist ein Irrtum im luftleeren Raum entstanden, sondern ist immer eine weltliche-persönliche Beimischung zur Wahrheit (in allen Stufen) selbst, in die alles Irdische, Geschöpfliche ganz real und im Konkreten eingebettet ist, weil wir sonst Welt überhaupt nicht erkennen könnten. Sie sind also Verstöße - warum auch immer - gegen die sehr wohl objektiv (wenn auch nie rational erschöpfend, aber doch analog, auf ein Zentrum verweisend, insofern widerspruchsfrei) erkennbare Welt. Insofern kann man sich die Entstehung einer Religion (wie beim Islam) sehr gut als menschliches Ereignis vorstellen.

Eine solche Feuerprobe muß das Christentum aushalten, und das tut es auch, wie die Philosophie eindrücklich zeigt. Aber auch der Islam muß sie aushalten, und da beginnt das Problem, denn - das tut er nicht. Und um es zu vermeiden belegt er sich sogar mit Grenzen des Denkens, die er mit der prinzipiellen Unerschöpflichkeit Gottes begründet, in der das Dogma dem Verstand in jedem Fall vorzuziehen ist.

Die Faszination des Islam, die fürs Abendland noch recht jung ist und etwa im 19. Jhd. endgültig einsetzte, ist zeitgleich zu sehen mit einer Entwicklung, in der der "Sinn für das Heilige" in Europa zu verdunsten begann - also spätestens mit der Aufklärung. Denn auf einer natürlichen Ebene hat sich im Islam tatsächlich eine sehr natürliche Religiosität (als Sinn für Poesie, beides verschmilzt ja, wenn auch nicht gleichrangig) bewahrt, die dem Europäer mittlerweile fast völlig abhanden gekommen ist. Denn der Europäer ist vielfach nicht einfach nur "nicht mehr christlich", er ist nicht einmal mehr "religiös". Insofern ist das islamische Wort, daß ein Nicht-Muslim "gar kein mensch sei", nicht einmal ganz unwahr, denn der Verlust des Religiösen ist in der Tat der Verlust des Humanen. Martin Mosebach, der diese Länder oft und viel bereist hat, weist auch immer wieder darauf hin, daß sich mit den Muslimen auf dieser grundsätzlich religiösen Ebene immer und überall gut auskommen läßt. Wirkliche Aversionen haben sie nur gegenüber jenen, die überhaupt nicht religiös sind.








*Ein eigenes Kapitel schlug ein erst 2015 in England entdecktes Fragment eines "Koran". (Das Wort "Koran" stammt linguistisch allerhöchster Wahrscheinlichkeit nach aus dem syro-aramäischen Wort "Querein" - und damit wurde ein christliches Verkündigungsbuch bezeichnet. Dieses bislagn älteste Koranfragment stammt sehr sicher aus dem Zeitraum des späten 6. und frühen 7. Jhds., wäre also am ersten Ende VOR dem im Islam tradierten Lebenszeitraum Mohammeds entstanden. Vielleicht also ein Koran-Fragment, das der Verbrennung im 9. Jhd. (die als prinzipieller Akt ganz sicher in den nachfolgenden Jahrhunderten weiter erfolgte, sobald man Schriften fand, die nicht mit den offiziellen Fassungen übereinstimmten) entgangen ist?

**In dem auch das Judentum weit verbreitet war. Nicht zuletzt waren ja die Juden die ersten "Ziele" christlicher Mission, verband doch so viel mit ihm.

***Noch Franz Xaver fand im 16. Jhd. Enklaven im arabischen Süden, die ein originales Christentum hegten, das in diesen Zeitraum zurückreichte. Er berichtet, daß es nur wenige Korrekturen für inhaltliche Fehler brauchte, die sich in so langer Isolierung eingeschlichen hatten. Diese Christen waren aber äußerst froh, endlich wieder Priester und Sakramente zu haben. Daß die unter der Kaaba in Mekka, dem Zentralheiligtum der Muslime, vorzufindenden Fundamente mit allergrößter Wahrscheinlichkeit die Reste einer christlichen Kirche sind wurde an dieser Stelle bereits erwähnt.



*030916*