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Montag, 20. Juli 2020

Die Produktion der Elenden

Dieser Artikel stammt aus dem Frühherbst 2010. Und er reißt das unsägliche Sozialstaats-Thema an. Wo versucht wird, Nächstenliebe durch technische Ablaufoptimierung zu ersetzen. Ein Vorhaben, das versagen muß, und außer Kälte und Weltlosigkeit nur noch neues und diesmal unsagbares Elend hervorbringt.

Denn die Ratio verbaut durch das Argument des "Guten" dem Verstand den Zugriff auf diese Wirklichkeit, die furchtbar ist und niemanden rettet - außer das Gewissen der Verbrecher der Herzlosigkeit, als die man solcherart sozial Bewegte bezeichnen muß. Liebe ist niemals durch eine "gute Tat" ersetzbar, im Gegenteil: Diese "gute Tat" dient nur der Rechtfertigung der Herzenskälte und Niedertracht. Und produziert Elend, das die Armut ablöst. Armut schändet nicht! Aber Elend ist selbst Symptom der Schändung und der Schändlichkeit, der Sinn und damit Leben fehlt.

Die Unterklasse, die Elenden, sind kein Ergebnis soziologischer Notwendigkeiten oder Hopsalas, als Kollateralschäden eines ansonsten blendenden Gemeinwohls. Sie sind Ergebnis einer Weltanschauung! Und sie sind gewolltes Ergebnis. In einem Gesamtsystem etabliert, aus dem es kurzfristig für niemanden mehr ein Entkommen gibt, weil alles Natürliche, Richtige, Wahre nicht mehr funktioniert.

Als ein erster, zarter Verweis auf den gegenwärtigen Sozialstaatswahn sprengende Gedanken, warum das so gesehen werden muß - und warum die Realität genau das zeitigt! - darf übrigens ein Hinweis auf ein nach wie vor aktuelles Buch gegeben werden, das aus der Realität gezeugt ist: Theodore Dalrymple und "Life at the Bottom". Dalrymple zeigt in Bildern, die er als Menetekel erkennt (und dabei wohl immer noch hofft, oder gar nicht glaubt, wie weit wir wirklich sind? - welch seltsame Dystopie), wohin der Sozialstaat im Rahmen eines Pyramidenspiels, zu dem unsere Volkswirtschaften und Gesellschaften verkommen sind, wirklich steuert. Und das Beste daran ist: Das ist seit langem bereits voll sichtbar! Dalrymple beobachtet nämlich nur.

Dalrymple, ein Psychiater (und sohin Arzt), schreibt, gestützt auf seine langjährigen Beobachtungen und Analysen, daß es nicht sozio-ökonomische Bedingungen sind, die Elendsschichten erzeugen, sondern die Erosion der Werte. Die selbst wiederum nur Kontur eines inneren Geschehens aus einem Lebensvollzug ist, der mit Geld eigentlich gar nichts zu tun hat.

Er beobachtet somit dieselbe Logik wie sie bei uns herrscht, England (als "sein" Land) ist da nur um einige Schritte voraus. Aber deutlicher, sogar ehrlicher als wir es sind. Die wir uns längst in eine unerträgliche, unwürdige Situation der Lebensauslöschung und Realitätsentbindung gebracht haben, die, weil sie dem logos der Welt und Schöpfung Hohn spricht, das primitive Existieren zum Gebot der Stunde gemacht hat. Mit lächerlichen Scheinwerten wie "Gesundheit, koste es was es wolle," die in der Corona-Krise einen unfaßbaren Ausbruch des Bösen ermöglicht hat, von dem wir uns nicht mehr erholen werden. Das meint nicht nur der VdZ.

Dabei ist es völlig egal, wieviel oder wie wenig jemand Geld (als "Kriterium") hat. Wenngleich es notwendig wurde, weil das gesamte natürliche soziale System schon über Jahrzehnte zerstört, nun aber, von einer völlig entgeisteten Generation, endgültig in Klump und Asche bombardiert wurde. Deshalb beobachten wir (notwendig) eine Reaktion mit einem Moralismus, der das Niederhalten und Zertreten des Menschen selbst zum Gesetz macht. Buchstäblich. Die also in sich böse ist.


Nichtraucher-Hartz IV

Die Rechtfertigung der mit fünf Euro recht mäßig ausgefallenen Erhöhung des der österreichischen Notstandshilfe in etwa entsprechenden "Hartz IV"-Geldes in Deutschland ist bemerkenswert: Kanzlerin Angela Merkel sowie Sozialministerin Ursula von der Leyen argumentierten, daß an sich eine Senkung des Hartz-IV-Bezuges notwendig gewesen wäre. Denn zur Berechnung des "lebensnotwendigen Minimums" habe man nun die Zigaretten nicht mehr mit eingerechnet. Damit wäre der Betrag zu senken gewesen - somit sei die geringe Erhöhung als massive Erhöhung zu werten, weil sie wenigstens nicht gesunken sei, trotz der so notwendigen Budgeteinsparungen.

Nichtrauchen also als gesellschaftlicher Standard? Es bleibt ein sehr seltsamer Geschmack der Überschreitung persönlicher Integritätsgrenzen im Mund. Rauchen ist gewissermaßen eine Sucht. Mit der fertigzuwerden viel Kraft erlangt, zweifellos. Ob die jemand aufbringt, der in einer bedrückenden Lage ist?

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Der Wohlfahrts- und Sozialstaat ist rührend und abstoßend zugleich, wenn er Nächstenliebe zu ersetzen und zu imitieren versucht. Zu ihm steigt einem ein Bild hoch: der Heilige Franz von Assisi, wie er einem Armen spontan seinen Mantel schenkt. Einem Mann, so heißt es, der durch seine Würde aufgefallen ist. DIE sah der Heilige Franz so beschädigt.

Heutige "Wohltätigkeit" mutet an, als wäre Franz vom Pferd gestiegen, hätte dem Manne aber nur seine Weste gegeben, nachdem er fachmännisch festgestellt hatte, daß seine Körpertemperatur noch halbwegs angemessen war. Und den Rat dazu, daß er sich gut bewegen solle, dann würde es ihm auch ausreichend warm. Und wenn es ihm dann doch noch hungere, solle er noch einmal kommen, und um Brot ansuchen, man werde den Bedarf wohlwollend, aber genau prüfen.

*270910*