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Montag, 13. Juli 2020

Ein einziger dramatischer Kernkonflikt

Wenn heute und an folgenden Tagen auf bereits (vor längerer Zeit) erschienene Artikel zurückgegriffen wird, dann hat das gute Gründe. Deren wichtigster eine gewisse Sprachlosigkeit ist, die der VdZ angesichts der aktuell zu beobachtenden Ereignisse rund um uns hat. Die wie jede Sprache aus einem Wirklichkeitsimpuls stammt, der in diesem Fall ... fehlt. Der vielleicht abhanden gekommen ist, dessen Fehlen "zu handeln" viel wahrscheinlicher seine Ursache darin hat, daß manches wohl neu bedacht werden muß. 

Denn ist nicht längst alles gesagt, auch und vor allem sogar an dem, was da Tag für Tag egal in welchen Medien (der VdZ nimmt hier "alternative" Medien ausdrücklich NICHT aus) auftaucht. Und noch dazu meist mit dem "Heureka" des Entdeckers geschmückt wird - obwohl es seit dreißig und viel mehr Jahren klar und erkannt ist? Also ist es oft nicht mehr als eine Selbsttäuschung und dem Nachrücken jüngerer Generationen zu verdanken, die die Fülle des Sprachraumes, der der Raum des Denkens und des Geistes ist, zum einen nicht oder zu wenig kennen, oft nicht einmal kennen wollen, und zum anderen auf jene Weise besoffen vom Begegnenden sind, das dem, der sich beginnt auszustrecken, mit der Erweiterung der Reflexions- und Rezeptionsfläche eben zu bewegen beginnt. Sodaß er aus subjektivem Erleben glaubt, Neues entdeckt zu haben, was aber im Ganzen gesehen "alter Hut" ist. 

Der VdZ ist damit nicht zufrieden. Wenn, so sagt er, alles das, was da als "Aufdeckung" kolportiert wird, alles das, was als "so läuft die Welt in Wahrheit und Wirklichkeit" alles sein soll, was wir zu leisten vermögen, muß man doch darüber nachdenken, was es wert ist. Wenn man sieht, daß unsere Gesellschaften (also unsere Kultur) wie ein vollbeladener Güterzug ohne jede noch so kleine Verhinderung ungebremst in die falsche Richtung rast. Und das mit einem Tempo, mit einer Untrüglichkeit, exakt das nächste Falsche, aber Logische und damit Notwendige zu erreichen, daß man sich doch zwei Fragen stellen muß:

Macht man etwas falsch? Folgt man einem Handlungsimpuls nicht, oder überhört man ihn, aus dem heraus man erst in der Lage wäre, das Richtige(ere) zu tun? Oder fehlt es gar am Willen, ist also diese gesamte Diskussion, die das Netz mit Worten überschwemmt, bloßes Geplaudere beim Tee, wo sich die großen Denker gegenseitig versichern, zu den Guten zu gehören? Und das auf allen Seiten!

Oder denkt man falsch! Denkt man etwas nicht, sieht man also etwas in der Wirklichkeit nicht, das zu denken aber notwendig wäre, um aus der Analyse heraus, also aus dem Erkennen der wirklichen Faktoren, die unsere Realität gestalten und uns somit bewegen, das Richtige tun zu können? 

Und was ist mit dem Richtigen gemeint? Eine Revolution kann es nicht sein, sie wäre eine contradictio in adjectio. Und der Weg des Katholischen kann auch keine Utopie sein, also eine quasi-faschistische Einrichtung des Richtige(re)n. Denn das Moment der Freiheit ist das wesentlichste Moment in der Sinnerfüllung des Menschen. Wir werden also in jedem Fall mit einer geschichtlichen Situation leben müssen, in der die Menschheit nach und nach in den Abgrund rutscht. Der Teufel ist nämlich ein mathematischer Zinsrechner. 
Der Teufel ist der Wucherer, der auf unser Geld Zinsen verlangt, die unerbittlich angerechnet werden, und uns tendenziell gerne unter Wasser drücken. Unsere Rettung ist also (fast) immer eine des letzten Augenblicks, knapp vor dem Moment, in dem wir absaufen.
Denn die Realität des freien Menschen ist nicht und niemals "dicht," ganz in die Gnade, ins Sein Gottes, hineingereicht. Unsere Hände sind wie Siebe, zerbrechliche Gefäße, und unsere Realität ist fehleranfällig und nur durch Schuldeinbekenntnis und -vergebung im Rahmen des göttlichen Vorsehungsspieles zu ihrer maximalen Erfüllung zu bringen. Der Tank, mit dem der Katholische Mensch fährt, ist also immer ein Sack, der aus vielen Stellen seine Energieträger verliert. 

Das ist der Teufel nicht. Er ist immer präsent, und er nützt jedes dieser Lecks in unserem Tank, um es zu nützen, um es zu vergrößern, um uns zu schwächen. Wir werden aber im Aufspüren dieser Lecks eben immer Zweite sein, posthoc tätig sein, reagieren, flicken, wodurch das Sein aber bereits ausläuft, und wer weiß wie lange Zeit ausläuft, was heißt: Uns entglitten ist.
Wenn eine Erzählung nicht "wirkt", muß darüber nachgedacht werden, ob es nicht an ihr liegt.
Dieses Blog hat der VdZ immer als "Addendum" verstanden, also als Ergänzung des Geschreis am Marktplatz. Das tun viele andere Medien, dazu braucht es kein weiteres Blog. Also hat sich der VdZ als Kriterium für Artikel in den ambrosius.konnotationen gesehen nur etwas zu sagen, wenn er etwas Originales, Originäres, Hinzukommendes oder völlig anderes geben zu können meinte. Und das ist auch das Ziel dieser Zeit der Muße, als die der Sommer auch hier gilt. 

Es soll in den kommenden Monaten etwas gefunden werden, das neu ist, weil ... wahrer, richtiger, und damit wirkmächtiger. Denn so wie bisher ... kann es nirgendwo weitergehen, soll das Sein (als inkarnierter logos, als Selbsterzählung Gottes in der Welt) inkarniert (das ist ja erst Welt) und erhalten bleiben. Das ist auch die erste Aufgabe des Menschen. 

(Aus Januar 2009) Es gibt im Grunde nur einen einzigen dramatischen Kern des Weltgeschehens und damit des Menschen: jener des (positiven) Helden, der das Gute will (1. Akt, Exposition und Entschluß), aber von der Welt und dem Guten widerstrebenden Mächten bekämpft wird (Anfang 2. Akt), dennoch seinen Weg geht (2./3. Akt), ja scheinbar siegt (Ende 3. Akt, Palmsonntag) und in der (scheinbaren) Niederlage (4. Akt) endet, dabei aber - siegt (Auferstehung/Peripetie) und erlöst (5. Akt, dramaturgischer Ausgleich).

Dieses vollkommene dramatische/dramaturgische Schema, das eigentliche Schema der gefallenen Welt, findet sich eben schlicht und ergreifend in der katholischen Messe wieder, die somit aufgrund ihres Gegenstands zu Recht als das vollkommenste und höchste Drama betrachtet wird.

Die Wirkweise der Liturgie selbst - wobei so zu sprechen die Gefahr enthält, die Kunst als Urphänomen als der technischen Machbarkeit unterwerfbar darzustellen - ist absolut ident mit jener des Theaters. Die liturgische Diskussion der letzten Jahrzehnte trägt deshalb die haargenau selben Züge und Argumentationslinien. Ja, die liturgische Diskussion wird (Gratia supponit naturam ...) von jener des Theaters (die zugleich eine der Metaphysik, der Anthropologie ist) geprägt (nicht umgekehrt!). Sodaß es keineswegs zufällig ist, daß die Erscheinungsformen von zeitgenössischem Theater und heutiger (landläufig vorzufindender) Liturgie sich so angeähnelt haben. Beide haben und hatten Ende der 60er Jahre dasselbe Problem - die Frage der participatio actuosa, beide leiden übrigens unter Zuschauerschwund, haben "ihre Häuser leergespielt", wie man es nennt. (Und beide versuchen eine Trendwende mit ähnlichen Rezepten ...)


*090720*