Dieses Blog durchsuchen

Donnerstag, 16. Juli 2020

Sogar ausgesprochen aktuell


Natürlich wissen wir, daß es mit Ayn Rand ein ideologiebezogenes Problem gibt. Als Vertreterin eines sehr harten Liberalismus, in dem jeder Eingriff in das gesellschaftliche Leben (und das heißt das, was sie als Wirtschaft bezeichnet) als falsch und schädlich gesehen wird, kann sie unsere Zustimmung nicht finden. Denn anders als die Ideologie des Liberalismus sehen wir nicht den Kampf aller gegen alle, mit dem Ziel des "survival of the fittest", des Überlebens der Tüchtigsten (sozusagen), als ideales Klima einer Gesellschaft, wie immer sie organisiert ist, sondern für uns ist die Nächstenliebe das einzige Ferment eines allgemeinen Wohllebens - also das Gemeinwohl. Das jeden Egoismus beschneiden muß, wo er dieses Wohl aller bedrängt. 

Gemeinwohl heißt freilich nicht die Gleichmacherei, die der Sozialismus vorsieht, und es heißt auch nicht, daß alle viel Wohlstand zu haben hätten, und sei es durch obrigkeitlichen Eingriff. Individuelles Geschick hat immer mit individuellem Schicksal zu tun, und das heißt, daß jeder Einzelne letztlich auch selbst und allein dem Schöpfer gegenübersteht. Und daß sein Leben ein Dialog mit Gott ist, kein abstrakter Mechanismus, dem man dann Gott so irgendwie dazuflickt. 

Wie auch immer, es soll nur angedeutet werden, daß wir, wenn wir nun einige alte, hier vor manchmal zehn und mehr Jahren erschienene Artikel, wie die nun folgenden von Ayn Rand wieder ins Schaufenster stellen, damit nicht deren Gesamtphilosophie in den Vordergrund schieben wollen. Sondern es soll das gezeigt werden, was an Liberalen im Allgemeinen zu schätzen ist: Wo aus ihrem Fluch insofern ein Segen wird, als die Liberalen getreu ihrem Grundsatz, daß alles eine Grenze nur dort finden darf, wo es jemandem ins Gehege kommt, oft recht gut Zeitsymptome erkennen. 

Deswegen sind auch Rands Artikel (erneut) lesenswert, weil die Russin, die 1926 vor der kommunistischen Diktatur aus Leningrad nach den USA geflohen ist, oft sehr gut vorhersah, wohin sich der Westen entwickeln würde: Letztlich zu einer Afterversion des Kommunismus! Sie hatte darin völlig Recht. Genau das haben wir heute. Rand ist in vielem, was sie vor achtzig oder hundert Jahren schrieb, sogar ausgesprochen aktuell.


*060810* Eine beeindruckende Frau - Ayn Rand (1)

Die FAZ bringt einen Bericht über die russisch-amerikanische Philosophin des Individualismus, Ayn Rand, die 1926 nach Amerika ausgewandert ist, und dort beachtlichen geistigen Einfluß gewann. Sie war zeitlebens leidenschaftliche Gegnerin der Linken und allen Versuchen des Staates, in die Lebensgestaltung des Einzelnen durch "Sozialmaßnahmen" einzugreifen, zutiefst feind.

Ihrer Ansicht nach entwickelte sich die Gesellschaft als Ganzes bestmöglich dann, wenn sie auf dem Egoismus und den Kräften jeweiliger Selbstentfaltung alleine aufgebaut ist. Jeder Versuch, diesen Individualismus durch egalitären Kollektivismus zu brechen, geht zutiefst an der Würde und Freiheit des Menschen vorbei. Sie sagte Amerika, aber vor allem auch Europa, voraus, daß diese Kontinente im Volkssozialismus enden würden, die die letzten Reste kulturschaffender Initiative erstickt haben.

Die Atmosphäre im Petersburg ihrer Kindheit bezeichnete Ayn Rand als „glanzvollste in der Geschichte der Menschheit“, getragen von „tiefem wechselseitigem Respekt, einem heute unvorstellbaren Wohlwollen und einer selbstbewussten Großmut, die man füreinander und für das Leben empfand“. Mit diesem Ideal schrieb sie drei Romane, mehrere Drehbücher und Theaterstücke und brachte ihr Weltbild auch in zahlreichen Essays zu Papier. Ihr erster Roman, „We the Living“, ist im Leningrad der frühen Zwanziger angesiedelt und hinterlässt einen lebhaften Eindruck nicht nur von Kälte, Enge und Mangel, sondern auch vom geistigen Schreckensregiment der Revolutionäre. Das Studium an der Leningrader Hochschule machte Ayn Rand mit dem Marxismus vertraut und weckte ihre Leidenschaft für endlose Debatten.

In einem ihrer berühmtesten Romane läßt sie zwischen den Proponenten Toohey und Roark folgenden Dialog ablaufen:

„Wir leben im Geiste“, erläutert Tooheys Gegenspieler, der Architekt Howard Roark, „die Existenz ist der Versuch, dieses Leben in physische Realität zu überführen. Jede Form des Glücks ist privat. Unsere größten Augenblicke sind persönlicher Natur, selbstmotiviert, unberührbar. Vor der promiskuitiven Menge verbergen wir die Dinge, die uns heilig oder kostbar sind.“

Doch Toohey weiß, dass sich die Seele brechen lässt: „Sorge dafür, dass der Mensch sich klein fühlt. Flöße ihm Schuldgefühle ein. Töte seine Hoffnungen und seine Integrität. Wenn seine Seele den Respekt vor sich selbst verliert, hast du ihn in der Hand. Die Natur lässt kein Vakuum zu. Nimm der Seele ihren Inhalt - und du kannst sie nach Belieben füllen.“

*060810*


*090720*