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Freitag, 1. Juli 2011

Blüte im Verborgenen

Arthur Pfeifer, 1884-1976
"Ja, die Ordnung der verschiedenen Zeiten, da Läden geöffnet sind, fängt an eine Wissenschaft zu werden. Es kann auch vorkommen, daß so ein Plan sich ändert, und daß "wegen Inventur" geschlossen ist. - Die Kartoffeln hätte ich auch holen müssen; das unangenehmste dabei ist doch das Warten, erst beim Bezahlen, dann beim Holen. 

Man sollte die Schlangen photographieren und könnte dem einschreitenden Polizisten sagen: "Sehen Sie, ich will den Fortschritt im Bilde festhalten. Alle diese Leute, die hier stehen, haben sich früher nie Milch oder Fleisch kaufen können; die saßen um die Zeit an einer schlecht entlohnten Arbeit, in Lumpen gehüllt, bei einer Tranfunzel. Heute stehen sie hier, gut gekleidet, an der frischen Luft, und unterhalten sich und schleppen dann ihren Anteil am Überflusse heim, wo sie schlemmen und demmen wie früher nur die Fürsten."

"Ohne jede Voreingenommenheit die Welt betrachten", das ist ein frommer Wunsch, den keiner verwirklichen kann. EINEN Standpunkt hast jeder. Wir haben früher mal an "gesicherte Ergebnisse der Wissenschaft" geglaubt - aber eben "geglaubt". Denn auch das gibt es nicht. Man wird sich doch entschließen müssen, Unerklärbares auf sich beruhen zu lassen, und sich an die Sphäre des Schönen zu halten. 

Jeder steht im Mittelpunkte seines Horizonts, und die wenigsten bedenken, daß sich diese Kreise selten decken und daß jenseits dieser Grenze unentdeckte und unüberschaubare Gebiete liegen, die wahrscheinlich viel größer sind als die überblickbaren Räume."

Arthur Pfeifer, Waldheim i. Sachsen, "Briefe aus Waldheim", 
Brief vom 12. September 1962

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