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Mittwoch, 21. September 2016

Das unverzichtbare Meta-Recht

Es ist die Frage, ob es nicht eine zwangsläufige Entwicklung der Demokratie (unserer Form) ist, daß sich das Establishment mit der Zeit den Gesetzen insofern entzieht, als es beginnt (weil im Namen des strukturellen Machterhalts beginnen muß), das Recht außerhalb der Gesetze stehend zu definieren. Also gewissermaßen ein Meta-Recht zu etablieren, in dem das Establishment sich über die Gesetze (und Verfassungen) ihres Landes hinwegsetzt. Immerhin beobachten wir das bereits weltweit.

Das hat mit der schlichten Tatsache zu tun, daß es - äußere Form hin oder her, ob Demokratie oder Monarchie oder Despotismus oder ... -  immer nur EINE Form gibt, die aller menschlichen Existenz zugrundeliegt, die sie ontologisch prägt, und auf die sie hinstrebt. Sie ist wie eine Geisterhand des Seins selbst, die alles trägt, und nur so lange Welt möglich  macht, als sie noch irgendwie zu tragen vermag - hierarchisch, in der Transzendenz vergründet, die göttliche Dreifaltigkeit als Zueinadner von Geist-Wort-Liebe zur Gestalt verähnlichend.

Alle faktischen Formen, die damit den Rang von Behauptungen haben, von Experimenten, die nur so lange überhaupt möglich sind, als die darutnerliegende ontologische Struktur nicht zu sehr erstickt wird, also irgendwie noch erfüllt werden, sind damit Illusion. Die Meta-Moral, deren sich die Politik immer offener bedient, um institutionell formalisierte Wege zu umgehen, ist deshalb keinesweg eine bösartige Erfindung, sondern der logische Punkt, auf den jede Staatsform zurückfällt. Allerding ist es mit einer formalen Ähnlichkeit der Struktur noch nicht getan. Denn das innere Lebensprinzip, der Kitt der alles zusammenhält, ist eine Legitimität, die formimitierende Behauptung nicht zu schaffen vermag, die nur im Trandzendenten liegen kann. Deshalb kann ein Bundeskanzler (als Beispiel) oder ein gewählter Bundespräsident nicht eben diese Legitimität beanspruchen, das zu tun entspricht einem "als ob", um den Zerfall nicht offensichtlich werden zu lassen. Es ist eine Autorität, die nur im positivistischer Moral zu halten ist - und damit gar nicht IST, sondern sogar das tiefste innere Fühlen der ontologischen Verhältnisse in der Wahrnehmung korrumpiert. Demokratie in unseren Gestalten ist deshalb immer nur ein "als ob".

Weshalb der VdZ immer der Ansicht war, daß die Demokratie unseres Zuschnitts, die Parteiendemokratie, nur eine Übergangslösung sein kann, weil sie kein Fundament "in sich" (das heßt: im Sein des Seins des Seienden) hat, sondern in historisch-faktischer Relativität verschwimmen muß. Denn sie ist ihrem Wesen nach "reflexivistisch", das heißt: Sie tendiert dazu, auf das als Maßhalte zu blicken, was sie nur als Festlegung definieren könnte. Damit muß sie - wie der reflexive Mensch - ins Leere fallen und das auflösen, was sie eigentlich stabil halten soll. Und zwar in einem immer höheren Tempo.*

Spätestens zu diesem Zeitpunkt drückt gewissermaßen aus dem Untergrund die ontologische Struktur nach oben und wird immer gegenständlicher - die demokratischen Institutionen beginnen mehr und mehr, sich um ihre vorgeblichen Prinzipien nicht mehr zu kümmern, weil das nicht  mehr tragen würde. Ab diesem Zeitpunkt wird die unbedingte Forderung, eben diese demokratischen Prinzipien auf jeden Fall zu schützen, zur Festnagelung auf den bereits eingeschlagenen Weg zum endgültigen Zerfall eines Staates.**


***

Als der VdZ vor einiger Zeit einen Film über die Ereignisse am 9. November 1989 in Berlin am Grenzübergang DDR-BRD an der Bornholmer Straße sah, war er über die Parallelen zu heute verblüfft. Denn der Gewissenskonflikt der Grenzer, den der Film nicht unklug darstellt, ist der Grundkonflikt eines Staates überhaupt. In dem Moment, wo der Staat seine Grenzen aufgibt, hört er zu existieren auf. Das ist auch in diesem Fall eindrücklich passiert. 

Wo Recht sich nicht mehr auf ein Territorium bezieht - unabhängig von der Frage, ob Territorium dem Menschen zubehört, also formal zuerst auf Menschen geht, aber dann und in gleichem Zug auf das ihnen gehörige Territorium (Eigentum), oder NUR auf Territorium und den zufällig darauf befindlichen Menschen - hört es auf zu existieren. Wer die Grenzen eines Landes also beliebig öffnet, zerstört seine Rechtsordnung, weil er das Eigentum der Rechtsgemeinschaft auflöst. Ab hier wird Recht willkürlich, zerfällt ein Staat in Gewaltverhältnisse. 

Wenn das in Deutschland und Österreich noch nicht gleich spürbar ist so nur deshalb, weil der Großteil der angestammten Bevölkerung aus reiner Gewohnheit von Verhältnissen ausgeht, die aber gar nicht mehr bestehen. Der Bürger geht hier von einem Staat aus, der gar nicht mehr existiert. Erst langsam begreifen das die Bürger. Und sei es, daß sie sich Schußwaffen kaufen, weil sie wissen, daß der Staat sein Gewaltmonopol (zum Schutze des Rechts) nicht mehr auszuüben bereit oder fähig ist. Der nächste Schritt ist nur zu logisch. Nach und nach diffundiert die Staatlichkeit auch im Bewußtsein, und die Rechtsgemeinschaft wird immer kleiner, regionaler, bis sie bei persönlichsten Sozialgemeinschaften endet. Dorthin, wo wir vor 1.500 Jahren waren.





*Das zeigt sich etwa in der Frage, WER denn nun der Demos ist, der ausschlaggebend wäre, weil er auseinandergefallen ist. Das Establishment spricht es heute z. B. AfD- oder FPÖ-Wählern ab. Und sämtliche Argumente vermeiden eine nächste Auseinandersetzung: Die um den mittlerweile enorm großen muslimischen Bevölkerungsanteil. Das oft zu hörende, aber substanzlose Argument, daß der Islam "nicht demokratisch" wäre, ist Ausweis der Hilflosigkeit, mit der man diesen Fragen gegenübersteht, weil man die Begriffe nicht akzeptiert, mit denen sie nur zu lösen wären.

**Die letzten 150 Jahre der römischen Republik zeigen es. Sie mündeten nicht zufällig in einem Rückgriff auf göttliche Legitimität eimer neu eingerichteten monarchischen Herrschaft, die freilich diesmal nur noch mit positivistischen, zentralistischen Strukturen möglich war. Besonders interessant deshalb der Rückgriff auf neue/alte Legitimitäts- und damit Ordnungsprinzipien im 4. Jhd. durch Konstantin (mit dem neuen Christengott) und bald darauf Julian (im versuchten Rückgriff auf die ursprünglichsten Heidengötter). Aber auch bei den Griechen ist immer dieses Pendeln zwischen Autokratie und Demokratie zu beobachten, weil keines der beiden Prinzipien ontologisch ausreichend sondern nur pragmatisch legitimierbar ist.





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