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Donnerstag, 22. September 2016

Peak Oil - ein nützlicher Mythos

Einen sehr interessanten Artikel eines australischen Ölfachmannes fand der VdZ in diesen Tagen. Darin beschreibt Jo Vialls Umstände, die sogar geopolitische Vorgänge beleuchtet. Es geht darin um drei Fragen: Die um den berüchtigten "peak oil" - jenen Punkt, an dem die Menschheit mehr Öl verbraucht, als es zu fördern vermag, es geht um die Fördermethode, und es geht schlicht und ergreifend darum, wie Erdöl überhaupt entsteht. In allen diesen drei Fragen hat Rußland einen Vorteil errungen, der dramatische Auswirkungen hat. 

Vialls schreibt, daß die Russen schon zu Anfang der 2000er Jahre kapiert haben, daß Erdöl NICHT aus fossilen Rückständen entsteht, wie weithin immer noch geglaubt wird. Und sie haben es bewiesen: Sie bohren seither nämlich viel tiefer (8-10.000 Meter und mehr), und hören vor allem nicht auf zu bohren, wenn sie auf für Öl undurchlässige Schiefer- und Granitschichten stoßen. Diese wurden bis dorthin als "Ende" der Förderstange gesehen. Aber das sind sie nicht. Im Gegenteil - DARUNTER geht es erst los. Denn Öl entsteht im Erdmantel, durch geologische Prozesse, nicht durch Preßvorgänge bei biologischem Material. Es ist deshalb unendlich vorhanden. So lange, als man nicht mehr verbraucht, als man fördert und als nachfließt bzw. nachgebildet wird (was allerdings in derartigen Mengen geschieht, daß es irrelevant ist.)

Der Grund, warum bisherige Ölbohrungen "versiegen" liegt nicht darin, daß das Öl sich erschöpft. Wenn das der Fall ist, wird oder wurde bisher einfach ein nächstes Loch gebohrt. Der Grund liegt darin, daß sich Ölbohrlöcher mit der Zeit durch Sedimente etc. verlegen. Das ist der einzige Grund, warum ein Bohrloch nach zehn Jahren aufhört, Öl zu liefern. Was, so nebenbei vermerkt, ein riesen Geschäft ist. 

Doch weiß man aus den bisherigen, konventionellen Förderquellen, daß sie sich auf wundersame Weise nachfüllen. Das ist auch kein Wunder, schreibt Vialls. Denn es stammt eben aus dem Erdmantel, und wird von dorther nach oben gedrückt. Bis es eben auf undurchlässige Schichten stößt. Die Rückseite jener Schichten, an denen man bisher von oben her stehengeblieben ist. Immerhin ist es ja schon bisher bekannt, daß Öl immer dort vorkommt, wo tektonische Platten aufeinanderstoßen. Und das hat mit deren geologischer Formation zu tun, denn an diesen Stoßstellen dringt Öl meist von selber nach oben. Mit der Tiefbohrtechnik wird man davon fast unabhängig.

Anders als die Amerikaner, haben nun die Russen eine Technik entwickelt, diese Bohrlöcher wieder zu säubern. Eine Technik, die aber die Amerikaner nicht haben! Mit der aber Rußland sogar alte, nach vormaliger Auffassung "versiegte" Bohrlöcher nach und nach wieder aktiviert haben. Zusammen mit einer Förderbeschränkung, die verhindern soll, daß mehr entnommen wird als nachfließt, und dazu noch mit der Tiefenbohrweise, hat Rußland das Tor zu einer defacto unbeschränkten Ölproduktion aufgestoßen. Und sie haben eine Technik, die sie weiterverkaufen können. Mit ihrer "maßvollen Tiefbohrtechnik" betreiben die Russen schon derzeit 300 Ölquellen, die unerschöpflich sind.

Und sie haben sogar schon anderen Ländern damit geholfen. Das erste mal dem völlig ruinierten Vietnam. Dort hatten amerikanische Ölfachleute den Vietnamesen erst jede Hoffnung genommen - unter dem Land gäbe es kein Öl, war die Expertise nach den amerikanischen Kriterien. Bis die Russen kamen. Und auf 10.000 Meter bohrten. Und sieh da: Vietnam kann heute einen guten Teil seines verbrauchten Öls selbst fördern! Dasselbe ist in Bangladesh passiert. Und schließlich hätte es auch im Irak passieren sollen. Aber da begann Amerika endgültig, dies als Bedrohung zu begreifen, noch dazu wo Saddam Hussein einen Umstieg der Ölverrechnung auf Euro plante - das wäre für die amerikanische Währung aber höchst bedrohlich gewesen. Über Zusammenhänge mit der Invasion des Irak wurde ja hinlänglich bereits diskutiert. 

Man erkennt aber in jedem Fall noch deutlicher, welche Rolle der Ölpreis spielt. Denn Rußland hat mit seiner Lösung technisch maßvoller Förderung, in der es nicht mehr fördert als nachfließt, gewissermaßen einen "sensibleren Mindestpreis" riskiert, den es durch Mengensteigerung (womit die Fixkosten - Bohrung, Anlagen etc. - anteilig sinken) nicht so einfach unterlaufen kann.

Denn das Öl ist für Amerika in zweifacher Hinsicht entscheidend: Einmal weil es in Dollar verrechnet wird. Weltweit. Damit ist Amerika zum weltgrößten Schuldner geworden, weil alle Volkswirtschaften Dollar kaufen müssen. (Weshalb der Öl-Deal der letzten Jahre zwischen China und Rußland für die USA von enormer Bedeutung ist - er wird in den Landesswährungen abgerechnet.) Die Menge der umlaufenden Dollars weltweit muß also stabil bleiben. Und dann aber muß Amerika die Ölversorgung der Welt überhaupt beherrschen. Das ist ihr eigentlicher Schlüssel zur Weltmacht, und das läßt sich als Ziel ihrer Strategie auf jeden Fall aus ihrem Handeln rückfolgern. Nur wenn die USA den gesamten Handel mit diesem Rohstoff beherrscht, der nach wie vor und auf überhaupt nicht absehbare Zeit 85 % des weltweiten Energienachschubs stellt, kann sie ihre Macht und damit ihre beherrschende Stellung auf der Welt, der sie ihre Existenz verdankt (Dollar!), bewahren.*

Amerika braucht also den "Mythos peak oil". Es braucht das Festhalten daran, daß Öl in begrenzten, beherrschbaren Förderstätten an die Erdoberfläche kommt. Denn es hat keine Alternative - es kann den russischen Weg schon aus technischen Gründen (noch immer) nicht gehen. Man denke aber auch alleine daran, welch gigantische Investitionen mit einem Schlag unrentabel, sinnlos würden! Dafür würde sich amerikanisches Öl im Vergleich drastisch verteuern, denn die russische Lösung hat noch einen weiteren enormen Vorteil: sie ist im Verhältnis zu einer Neubohrung spottbillig. Um 1-2 Millionen Dollar läßt sich ein "versiegtes" Bohrloch wieder klarbekommen! Daneben aber würde sich die gesamte Geostrategie der Amerikaner in Luft auflösen. Niemand ist an einer "knappen Ressource Erdöl" also mehr interessiert als die USA. Diese Tatsache ist auch heute in jedem Fall gültig.

Und sie ist der gefährlichste Hintergrund in der immer konsequenter vorangetriebenen Auseinandersetzung mit Rußland. Wenn Jo Vialls davon schreibt, daß DAS auch der eigentliche Hintergrund um den "Fall Chodorkowsky" war - dieser habe nämlich die Ölgesellschaft Yukon an die Amerikaner verkaufen wollen (was im übrigen ja der Fall war), und damit vor allem aber auch die Technik ausgeliefert - so wäre das zumindest gut erfunden, weil höchst plausibel und faktengestützt.

An den Fakten zum Öl selbst hat der VdZ ohnehin recht wenig Zweifel, auch wenn er sich fachlich nicht kompetent sieht. Aber immerhin ist dieser Gedanke, wie Öl entsteht, keineswegs eine neue Idee ist. Schon der Exil-Österreicher Thomas Gold hat in den 1950er-Jahren (empf. Lektüre: "The Hot Biosphere") darüber höchst überzeugend gearbeitet. Zeitgleich mit russischen Wissenschaftlern, die zum selben Ergebnis gekommen sind. Daß es ein Land wie Rußland brauchte, das nach 1990 völlig am Boden lag, also nichts zu verlieren hatte, um darauf auch zu setzen, ist alles andere als verwunderlich.




*Würde die Welt aus dem Dollar als Verrechnungswährung für Öl aussteigen, würden mit einem Schlag unfaßbare Summen (die die Welt heute als Devisenreserven führt) in die USA zufließen und die amerikanische Wirtschaft über eine Hyperinflation in Grund und Boden stampfen. Die Amerikaner sind definitiv und seit vielen Jahrzehnten der bei weitem größte Schuldner der Welt! Was aber haben wir lange schon erkannt? Es ist nicht ein erlittenes Unrecht. Es ist die Schuld die um Vergebung (Nachlaß) schreit, die Verhalten am meisten korrumpiert und aggressiv macht, und in der Entwertung der Mitwelt, ihrer Abwertung zum Nicht-Menschen, diesen Nachlaß herstellen möchte. Gibt es etwas, wie sich amerikanische Wirtschaft, ja alles aus den USA - von der political correctness bis hin zum Klimawahn, ja bis in die Eigenart amerikanischer Produkte (die Rolle der Simulation darin; das Internet, Facebook ... alles: Entstaltungen, Hebel zur Korrumpierung des Kunden) - besser charakterisieren ließe?





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