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Freitag, 2. September 2016

Totalitarismus geht immer erst auf die Familie (1)

Recht zufällig bekam der VdZ dieser Tage den Film "Colonial Dignidad" zu sehen. (Ein Trailer ist unten angefügt.) Anhand des Schicksals eines jungen Liebespaares, wo der Mann im Chile der Putschereignisse des Jahres 1973 verhaftet und gefoltert wird, und sich seine Freundin dazu entschließt, freiwillig in diese "Colonial Dignidad" einzutreten, um ihn herauszuholen.

Aus einer Sekte, die von einem Deutschen namens Paul Schäfer gegründet und jahrzehntelang sogar als vielgerühmte "pädagogische Vorzeigeinstitution" betrieben wurde. Der sogar die deutsche Regierung ihre Anerkennung aussprach! Was ihr horrorfilmartiges Treiben 40 Jahre mit quasi offiziellem Segen (und von General Pinochet gerne genutzten praktischen Seiten) umso leichter möglich machte.

Die Geschichte der Entwicklung solcher so gut wie immer ursprünglich protestantischen Sekten ähnelt sich überall, und ihr Hintergrund, ihre Genese, ihre psychogenen Wurzeln wird in Literatur wie "When Men become Gods" (die spektakuläre Geschichte von Warren Jeffs in den USA; auch dazu gibt es einen Film, auch er hat ähnliche Schwächen wie "Colonial Dignidad") und vor allem "Emanuel Quint" von Gerhart Hauptmann gut angerissen. Will man sich nicht von der theoretischen Seite nähern. Was zumindest in gewissem Rahmen notwendig sein könnte, denn der VdZ ist nicht sicher, ob sich die tatsächliche Problematik aus diesen Filmen und Büchern ausreichend erschließt, wenn man die Sache nicht schon theoretisch kennt.

Aber dazu ist hier ja auch schon einiges geschrieben worden. Aus erwähntem Film (mit guten Daniel Brühl und Emma Watson in den Hauptrollen als erwähntes Paar) soll nur ein Aspekt herausgegriffen werden, der der Schlüssel zu solchen Vorgängen ist. Er wird im Film zumindest erwähnt, dargestellt leider zu wenig, daran scheitert er und beschränkt sich auf einen sehr spannenden, technisch geschickt zugespitzten Plot, der einen phasenweise mitzittern macht.

Aber eine solche Terrorherrschaft ist nur möglich, wenn bis aus Einzelfiguren alle auch mittun. Das ist hier nicht zu übersehen. Nun kann man fragen, wie es denn kommen kann, daß Menschen sich so weit verlieren, daß sie so einen Wahnsinn freiwillig (!) mitmachen? Im Film sagt es Schäfer: Es geht nur, wenn man die Menschen aus ihren familiären Bindungen herauslöst. Denn dann stehen sie im Nichts. Vor allem Männer und Frauen, die nicht in ehelichen Gemeinschaften gebunden sind, sind in dieser Unvollständigkeit leichte Beute. 

Nur im Zueinander als Ehepaar erhält der (einzelne!) Mensch jene Ganzheit, in der er auch der Welt in Freiheit gegenüberstehen kann. Fehlt diese Gebundenheit, fehlt die Integrität und Intimität dieser Ganzheit, kippt der Mensch in eine Richtung, die man als "Extrem" der jeweiligen Mann-Frau-Polarität bezeichnen könnte. Der Mann wird autoritatistisch (nicht: autoritär; Autorität hat er ja gerade nicht!), er wird brutal und grenzenlos in seiner Gewalt. Während die Frau extrem unterwürfig und wesenlos wird. Beiden fehlt also das, was überhaupt "Personsein" ausmacht. Das eben die Ehelichkeit überhaupt erst bringt - der Mensch wird als Ehepaar erst (Einzel-)Person! 

Das zeigt sich auch in übergreifenden seelischen Strömungen, die das jeweils Fehlende eben ersetzen. Dann wird die Frau zur voluntaristisch-brutalen Sadistin, genau so wie der Mann (in seiner Weichheit) in die Homosexualität zurückfällt, sich darin auflöst. Die Frau braucht eben das Wort des Mannes, der Mann die bergende, aufgelöste Seite der Frau. Nur in dieser vertrauenden Ergänzung werden sie jeweils zum Menschen, wenn auch je mit anderer Gewichtung, und darin zur ersten und realistischen weil realen Welt- und Gotteserfahrung eines ihnen allfällig geborenen Kindes. 

Was die Nebenfigur der Stationsschwester "Ursula" als Figur fast noch interessanter macht. Denn sie ist bereist als Kind mit ihren Eltern dieser Kolonie beigetreten, von diesen damit im Stich gelassen und der Sekte ausgeliefert worden. Ihre Wende, ihre "Rückbesinnung" auf sie selbst wird dadurch plausibel, weil sie sich mit einem Folteropfer einließ, das sie zu retten versuchte, und von diesem schwanger wurde. Damit wurden ihre Selbstkräfte neu aktiviert - in der Liebe und Sorge UM jemanden.

Der Mensch wird damit aber eben kein vereinheitlichendes oder vereinheitlichtes Gemisch, sodaß beide "gleich" würden (diese bedauerliche Fehlentwicklung ist leider heute auch und gerade bei gutmeinenden Polaritätsdenkeren häufig zu finden), sondern von je einer anderen Spitze her gehalten und durchdrungen, also mit je anderem Geschmack, und mit je anderer Gesamtgestalt. 

Erst im ontologischen Verhältnis (als Beziehungsfeld) dieser Spitzen ist dann auch das begründet, was man "Hierarchie der Geschlechter" nennt. Denn der Mann ist logos-zentriert, die Frau materia-zentriert, und nur insoweit bzw. darin sind sie aufeinander ausgerichtet. Denn diese jeweiligen Pole können nicht für sich bleiben, sie müssen in der Vereinigung zusammenschmelzen, ohne aber das jeweilige Eigensein aufzugeben. Als Organismus ist es damit der Mann, der der Welt - als Gestaltpanorama und Realisat des logos - begegnet, und von der Intimität der Familie fernhält, diese tatsächlich beschützt.

Deshalb hat Schäfer auch klar die Geschlechter separiert und einander ferngehalten. Männer und Frauen durften nicht frei und nach subjektiven Urteilen und Gefühlen miteinander verkehren. Subjektive Gefühle waren ohnehin ein Hauptgegner, und die in dieser Gemeinschaft erlebten Realität ohne Relevanz, außer daß sie dem Gesollten hinderlich sein konnten.


 Morgen Teil 2) So wird der Mensch hilflos, 
so wird Sexualität zur Perversion
 - Der Trailer




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