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Sonntag, 9. Februar 2020

Handeln hat immer seine Zeit (2)

Teil 2) Es ist vor allem ein Problem der Medien



Form und Inhalt sind nicht trennbar. Deshalb ist der Anspruch, übers Internet "Wahrheit" zu verbreiten, schlichtweg dumm, in den meisten Fällen einfach bequem, vor allem aber kreuzscheu. Denn die Acedia hat mit Kreuzscheu zu tun. 

Heute, nach sechs oder sieben Jahren Bergoglio mit "Kritik" zu kommen ist hingegen zu spät. Denn die Zeit ist ein wichtiger Faktor. Am Anfang hätte man ihm begegnen müssen, sofort und knallhart. Aber zu warten, bis sich der Argentinier und alles, was er mit sich geschleppt hat, ein breites Fundament schafft, und damit eine eigene Wirklichkeit annimmt, war falsch. Nun haben wir es mit einem neuen Phänomen zu tun. Und dieses verlangt ein neues Vorgehen, eine neue Verhaltensweise. Die in diesem Fall in den Augen des VdZ nur so aussehen kann, daß man sich zurückzieht. Auf das zurückzieht, was das Wesen des Katholischen eigentlich ausmacht: Die Hingabe ans konkrete, partielle Leben in den Pfarren und Diözesen, in die man hineingeboren wurde.  

Dort ist der Ort, wo man sein Leben in Christo zu vollziehen hat. Was immer an social media-Geräusch den Äther erfüllen mag. Diese Schlacht ist nie zu gewinnen. Sie ist aber gefährlich verführerisch, sein christliches Leben, das Kreuz, in Twitter-Schlachten, Stellungnahmen und Richtigstellungen erfüllt zu sehen. 

Deshalb hält der VdZ das, was sich an Wortgefechten und "Kämpfen" im Internet abspielt, die Szene der Kritik an Bergoglio, heute außerhalb des Kairos. Sie ist irrelevant und langweilig. Und nutzlos. Aber nach wie vor gefährlich, weil sie die Ebene des Kreuztragens auf die Ebene von Propaganda (s. u. a. J. Ellul "Propaganda"), also auf eine zweitwirkliche Ebene verschiebt. Die eine neue Schichte des zweitwirklichen "Katholikentums" hervorbringt. Zu der auch Steve Skojec mit "OnePeterFive" gehört.*

Die nicht zuletzt in allen ihren Disputen und Diskussionen einen (sehr amerikanischen) Fehler machen: Die Fehlbeurteilung dessen, was die seit zwanzig, dreißig Jahren durch Internet und social media völlig veränderte Medienlandschaft bietet. Die nicht der Wahrheit eine neue Ebene vermittelt hat, die ansonsten unberührt bleiben könne, sondern die eine virtuelle Welt der Versuchung aufgestellt hat, nicht mehr zu sehen, was Handeln überhaupt bedeutet. Wo aber das Wort nicht zum Handeln wird, analog zu Gott, von dem kein Wort ausgeht, das nicht wirklich ist und damit real wird, da sollte es besser in der Brust bleiben. Ohne diese Dimension der Reflexion der Medien ist jede Diskussion über Bergoglio sinnlos, weil die Art seines Wirkens gar nicht begriffen wird. Über was sonst aber sollte man sich den Kopf zerbrechen? 

Ob der Querschluß zulässig ist, daß die neuen Medien vor allem von jenen als so relevant bezeichnet werden, die freudig diese neue Art der Kreuzesvermeidung aufgreifen, um sich so vorzumachen, daß sie doch am Seinstrom der Welt angeknüpft geblieben wären, also am Puls des Blutes der Wirklichkeit Christi wären, das mag der Leser selbst beurteilen. Der Schizoide jedenfalls, das kann immer gesagt werden, darf gar nicht nach seinen Worten, sondern muß nach seinem Handeln, muß nach seiner wirklichen Wirklichkeit - als Gestalt - beurteilt werden. Und nur darauf darf reagiert werden. 

Das Erkennen des Schizoiden ist nicht einfach eine Sache der Richtigkeit von Aussagen, sondern der inneren Festigkeit, die Wahrheit nicht im Gerede, sondern in der Gestalt WEIL IM WESEN zu erkennen. Und da ist das erste Kreuz, dieses Urteil durchzutragen, auch wenn die Worte und Aussagen es scheinbar nicht stützen. Das Problem mit dem gegenwärtigen Papst aber ist in vielem ein Problem, das man sehr durch Reflexion der aktuellen Medien begreifen lernt. Die an sich ein Problem des Schizoiden sind.**

Die genau das nicht getan haben, was ihnen fast durch die Bank zugeschoben wird: Die Welt verändert. Genau das haben sie nicht. Sie haben nur die Art verändert, wie wir der Welt begegnen, und das hat katastrophische Ausmaße angenommen. Denn die Neuen Medien haben uns von der Welt und Wirklichkeit ... abgezogen. Dazu verführt, in eine Scheinwelt eines Scheintheaters abzudriften, anstatt uns mit der wirklichen Wirklichkeit zu konfrontieren, ja diese noch zu sehen. Sie haben uns also auf ein unfruchtbares Abstellgleis geschoben. Umso mehr wird alles getan, daß wir auch fest an ihre Relevanz zur Wirklichkeitsbewältigung und zum Verstehen der Gegenwart glauben.



Nachsatz: Zum Wesen von Twitter (bzw. der Neuen Medien) hat der VdZ schon vor Jahren zahlreiche Artikel ins Netz gestellt, die der Leser gerne noch abrufen kann. Im Speziellen sei auf die Verbindung mit Papst (damals Benedict XVI.) hingewiesen.



*Warum das sehr typisch "amerikanisch" ist (auch wenn es uns in Europa, ja die halbe Welt längst erfaßt hat)? Spannen wir einen kleinen Bogen, damit der Zusammenhang leichter nachvollziehbar wird: Zweitwirklichkeit (=Pseudologie) als rationalisiertes Schein- und Ersatztheater von Wirklichkeit - Amerikanismus als zweitwirkliche, positivistische Idee von Identität (statt Verwurzelung) - die Rolle der Medien in dieser Art von Demokratie - die Art, überhaupt Welt wahrzunehmen: Als und in Zweitwirklichkeit, was wiederum die Rolle der Medien verstärkt, einerseits, und anderseits diese immer irrelevanter weil wirklichkeitsferner macht.

**Bergoglio hat nicht, wie in Verkennung behauptet wird, die Rolle der Medien "begriffen", sondern lebt - als Mensch der Zweitwirklichkeit, also des Schizoiden! - selbst in dieser Scheinwelt. Und kommt deren Erwartungshaltungen voll entgegen, hat sie mit beiden Armen umgriffen. Gegenfrage: Was bliebe von seinem Pontifikat ohne Neue Medien wahrnehmbar und relevant?