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Samstag, 2. Januar 2010

Von poetischen Zuständen

Die technizistisch-funktionalistische Auffassung von Welt und Wirklichkeit - fälschlich und unbeholfen auch häufig als "Realismus" bezeichnet - führt ausnahmslos in mehr oder weniger verzweigte Sackgassen, in denen das Leben erstorben ist.

Erst das Begreifen der Welt und Wirklichkeit als Poesie, auf geheimnisvolle Weise losgelöst von Utilitarismen, aber umso umfassender gebunden in Ursache und Wirkung, aber auf der Grundlage menschlicher Freiheit, und göttlicher Fügung, liefert jene Umfänglichkeit, die alles in sich birgt.

Allerdings ist der Zugang zu dieser Wahrheit nur in sittlichem Zustand möglich. Weshalb so viele Menschen an ihr vorbeigehen, und außer Sehnsucht keine weitere Ahnung von einer viel größeren Welt haben, als sie noch zu ergreifen vermögen.

Die Höhe einer Kultur also läßt sich zweifellos an ihrem Vermögen zur Poesie ermessen. Sie ist zugleich Gradmesser der sittlichen Weltwirklichung der Menschen, deren Teilhabe an der Schönheit der Welt, in der Darstellung, zu der Leben im Vollzug gerinnt.

Jeder Ästhetizismus, jede Romantik (der Zweitwirklichkeit, des Voluntarismus), jeder Moralismus, jeder Faschismus, ist nur der Versuch, solche Schönheit, solche Gesamtwelt zu simulieren, vorzutäuschen.

Die Poetische Haltung, eine sittliche Haltung, setzt Welt nicht im ontologischen Sinn, sondern stellt in einem weit ausgreifenden Realismus die Welt umfassend dar, um in ihr zu leben. Denn der realistischeste Zustand der Welt ist der des Poetischen.



*020110*